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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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einer Hecke dieses Tuch gefunden, und Hanna, meine Magd, habe ihr gesagt, daß es ein meiniges sei. Sie bringe es daher, und habe es in ihr Schultertuch eingewickelt, daß es nicht schmutzig werde.
    Ich hatte nur ein wenig hin geschaut, und erkannte, daß es mein buntes Tuch sei, das ich auf dem Birkenplatze im Kirmwalde weggeworfen hatte.
    Ich gab dem Weibe ein kleines Geschenk, weil sie arm ist – das Tuch aber ließ ich ihr auch.
    Dann, als ich alles hergerichtet hatte, was zu dem heutigen Tage notwendig war, wurden die Rappen eingespannt und die Rundfahrt zu den Kranken angetreten.
    Ich dachte über mein Amt, das mir die Gottheit gegeben hatte, nach. Es kann nicht recht sein, daß man dasjenige, was andere getan und gefunden haben, in mehrere Bücher zusammen trägt, dasselbe sich sehr gut in das Gedächtnis prägt, und es dann in der gleichen Gestalt immer ausübt – es kann nicht recht sein. Man muß die Gebote der Naturdinge lernen, was sie verlangen und was sie verweigern, man muß in der steten Anschauung der kleinsten Sachen erkennen, wie sie sind, und ihnen zu Willen sein. Dann wird man das Wachsen und Entstehen erleichtern. Es wissen auch die großen Bücher, welche ich auf meinen Tisch und auf mein jetziges Schreibgerüste lege, und in denen ich lese, nicht viel. Wer erkennt es genau, ob die Arcana, und die Sympathien und die Zeitverbindungen die Hilfe bringen, die in ihnen liegt? Und ist es nicht klar abzumerken, daß Gott in die großen Zusammensetzungen der Stoffe unser Heil gelegt hat, weil wir es nicht finden würden, wenn wir die Zusammensetzungen noch nicht kennten? Es liegt gewiß irgend wo sehr nahe bei uns. Womit würde sich denn der Hirsch heilen, und der Hund, und die Schlange des Waldes, wenn die Arznei, die ihnen hilft, in meinem Schragen stünde, weil sie ja nie zu ihm kommen? Es wird ein Ding in dem kühlenden fließenden Wasser sein, es wird eins in der wehenden Luft sein, und es werden Zustimmungen zu unserem Körper aus der Eintracht aller Dinge jede Stunde, jede Minute in unser Wesen zittern und es erhalten. – – Ich will sehr eifrig in den Büchern lesen und das lernen, was sie enthalten – und ich will hinter dem Hirsche, hinter dem Hunde her gehen und zusehen, wie sie es machen, daß sie genesen. Die Kräuter der Berge kenne ich; jetzt will ich auch die anderen Dinge ansehen, und will die Krankheiten betrachten, was sie sprechen, was sie zu uns sagen und was sie heischen. –
    So dachte ich, und so hatte ich vor.
    Als ich mit meinem Wagen zurück gekommen war, ging ich noch einmal zu dem untern Aschacher hinab. Sein Übel, wie es ihn auch ergriff, war doch in sehr gutem Stande. Ich ging von nun an täglich zweimal zu ihm.
    Nach einiger Zeit kam dieses Buch, wie ich es in Tunberg bestellt hatte. Große Blätter von Pergament, in Korduanleder gebunden und mit guten messingenen Spangen zu verschließen. Ich wollte es auch so machen wie der Obrist, wie er es in Westphalen von einem alten Krieger gelernt hatte. Aber ich nahm mir vor, das Geschriebene nicht in Päcke einzusiegeln, wie er, weil ich nicht immer herum reisen muß, und das große Buch recht gut in seiner Truhe von schönem schwarzen Holze ruhen kann. Aber die Blätter mit dem Eingetragenen wollte ich doch vor dem Lesen versperren. Ich tue mit den guten Messern, die sie in Rohren verfertigen, einen Schnitt in dieselben, ziehe seidene Bänder durch und siegle dieselben zusammen. Zu den seidenen Bändern habe ich die rosenrote und blaue Farbe gewählt, weil Margarita, wenn sie an Festtagen oder an Sonntagen in großem, vorzüglich in seidenem Putze war und die weiten, bauschigen Falten des Schoßes recht schön an ihr niedergingen, vorzüglich diese Farben an den Schmuckbändern des Kleides liebte. Ich sah das Buch an, als es mir gebracht wurde, und es gefiel mir wohl. Ich versuchte die Spangen, und sie flogen bei dem Drucke gut auf und zeigten das reinliche Weiß der Pergamente. Ich zeichnete mit meiner roten Tinte die Zahlen der Seiten ein bis auf die letzte. Dann schrieb ich nach und nach dasjenige ein, was ich in den ersten Tagen, weil ich nicht warten konnte, unterdessen auf Papier aufgeschrieben hatte. Ich verwendete alle jene Zeit zum Schreiben, in der ich sonst in den Feldern gegangen bin, die Gewächse, die Bäume, das Gras angeschaut und betrachtet habe – und dann in das Haghaus hinauf gegangen bin. Es blieb mir, außer daß ich viel lernte und beobachtete, nun doch noch viele Zeit übrig. Wenn ich von dem

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