Werke
angetroffen. Wie er sie mir beschreibt, haben sie Spitzbuben ähnlicher, als ehrlichen Leuten, gesehen. Und warum sollte ich auch daran zweifeln? Ein Volk, das auf den Gewinst so erpicht ist, fragt wenig darnach, ob es ihn mit Recht oder Unrecht, mit List oder Gewaltsamkeit erhält – – Es scheinet auch zur Handelschaft, oder deutsch zu reden, zur Betrügerei gemacht zu sein. Höflich, frei, unternehmend, verschwiegen, sind Eigenschaften die es schätzbar machen würden, wenn es sie nicht allzusehr zu unserm Unglück anwendete. – Er hält etwas inne. – – Die Juden haben mir sonst schon nicht wenig Schaden und Verdruß gemacht. Als ich noch in Kriegsdiensten war, ließ ich mich bereden, einen Wechsel für einen meiner Bekannten mit zu unterschreiben; und der Jude, an den er ausgestellet war, brachte mich nicht allein dahin, daß ich ihn bezahlen, sondern, daß ich ihn so gar zweimal bezahlen mußte – – O! es sind die allerboshaftesten, niederträchtigsten Leute – Was sagen Sie dazu? Sie scheinen ganz niedergeschlagen.
Der Reisende
. Was soll ich sagen? Ich muß sagen, daß ich diese Klage sehr oft gehört habe – –
Der Baron
. Und ist es nicht wahr, ihre Gesichtsbildung hat gleich etwas, das uns wider sie einnimmt? Das Tückische, das Ungewissenhafte, das Eigennützige, Betrug und Meineid, sollte man sehr deutlich aus ihren Augen zu lesen glauben – Aber, warum kehren Sie sich von mir?
Der Reisende
. Wie ich höre, mein Herr, so sind Sie ein großer Kenner der Physiognomie; und ich besorge, daß die meinige – –
Der Baron
. O! Sie kränken mich. Wie können Sie auf dergleichen Verdacht kommen? Ohne ein Kenner der Physiognomie zu sein, muß ich Ihnen sagen, daß ich nie eine so aufrichtige, großmütige und gefällige Miene gefunden habe, als die Ihrige.
Der Reisende
. Ihnen die Wahrheit zu gestehn: ich bin kein Freund allgemeiner Urteile über ganze Völker – – Sie werden meine Freiheit nicht übel nehmen. – Ich sollte glauben, daß es unter allen Nationen gute und böse Seelen geben könne. Und unter den Juden – –
{ ‡ }
Siebenter Auftritt
Das Fräulein. Der Reisende. Der Baron.
Das Fräulein
. Ach! Papa – –
Der Baron
. Nu, nu! fein wild, fein wild! Vorhin liefst du vor mir: was sollte das bedeuten? – –
Das Fräulein
. Vor Ihnen bin ich nicht gelaufen, Papa; sondern nur vor Ihrem Verweise.
Der Baron
. Der Unterscheid ist sehr subtil. Aber was war es denn, das meinen Verweis verdiente?
Das Fräulein
. O! Sie werden es schon wissen. Sie sahen es ja! Ich war bei dem Herrn –
Der Baron
. Nun? und –
Das Fräulein
. Und der Herr ist eine Mannsperson, und mit den Mannspersonen, haben Sie befohlen, mir nicht allzuviel zu tun zu machen. –
Der Baron
. Daß dieser Herr eine Ausnahme sei, hättest du wohl merken sollen. Ich wollte wünschen, daß er dich leiden könnte – – Ich werde es mit Vergnügen sehen, wenn du auch beständig um ihn bist.
Das Fräulein
. Ach! – es wird wohl das erste und letztemal gewesen sein. Sein Diener packt schon auf – – Und das wollte ich Ihnen eben sagen.
Der Baron
. Was? wer? sein Diener?
Der Reisende
. Ja, mein Herr, ich hab es ihm befohlen. Meine Verrichtungen und die Besorgnis, Ihnen beschwerlich zu fallen – –
Der Baron
. Was soll ich ewig davon denken? Soll ich das Glück nicht haben, Ihnen näher zu zeigen, daß Sie sich ein erkenntliches Herz verbindlich gemacht haben? O! ich bitte Sie, fügen Sie zu Ihrer Wohltat noch die andre hinzu, die mir eben so schätzbar, als die Erhaltung meines Lebens sein wird; bleiben Sie einige Zeit – wenigstens einige Tage bei mir; ich würde mir es ewig vorzuwerfen haben, daß ich einen Mann, wie Sie, ungekannt, ungeehrt, unbelohnt, wenn es anders in meinem Vermögen steht, von mir gelassen hätte. Ich habe einige meiner Anverwandten auf heute einladen lassen, mein Vergnügen mit ihnen zu teilen, und ihnen das Glück zu verschaffen, meinen Schutzengel kennen zu lernen.
Der Reisende
. Mein Herr, ich muß notwendig –
Das Fräulein
. Da bleiben, mein Herr, da bleiben! Ich laufe, Ihrem Bedienten zu sagen, daß er wieder abpacken soll. Doch da ist er schon.
{ ‡ }
Achter Auftritt
Christoph in Stiefeln und Sporen, und zwei Mantelsäcke unter den Armen. Die Vorigen.
Christoph
. Nun! mein Herr, es ist alles fertig. Fort! kürzen Sie Ihre Abschiedsformeln ein wenig ab. Was soll das viele Reden, wenn wir nicht da bleiben können?
Der Baron
. Was hindert Euch denn, hier zu
Weitere Kostenlose Bücher