Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
Vom Netzwerk:
drei gewaltigen Sprüngen war ich hinab, nur noch wenige Schritte vom Portal entfernt. Da gellte ein durchdringender Schrei durch die Gänge, dem ähnlich, den ich in voriger Nacht gehört. – »Sie ist tot, gemordet durch das Gift, das sie mir bereitet«, sprach ich dumpf in mich hinein. Aber nun strömte es wieder hell aus Euphemiens Zimmern. Aurelie schrie angstvoll um Hilfe. Aufs neue erscholl es gräßlich: »Mord, Mord!« – Sie brachten Hermogens Leichnam! – »Eilt nach dem Mörder«, hört’ ich Reinhold rufen. Da lachte ich grimmig auf, daß es durch den Saal, durch die Gänge dröhnte, und rief mit schrecklicher Stimme: »Wahnwitzige, wollt ihr das Verhängnis fahen, das die frevelnden Sünder gerichtet?« – Sie horchten auf, der Zug blieb wie festgebannt auf der Treppe stehen. – Nicht fliehen wollt’ ich mehr, – ja ihnen entgegenschreiten, die Rache Gottes an den Frevlern in donnernden Worten verkündend. Aber – des gräßlichen Anblicks! – vor mir! – vor mir stand Viktorins blutige Gestalt, nicht ich, er hatte die Worte gesprochen. – Das Entsetzen sträubte mein Haar, ich stürzte in wahnsinniger Angst heraus, durch den Park! – Bald war ich im Freien, da hörte ich Pferdegetrappel hinter mir, und indem ich meine letzte Kraft zusammennahm, um der Verfolgung zu entgehen, fiel ich, über eine Baumwurzel strauchelnd, zu Boden. Bald standen die Pferde bei mir. Es war Viktorins Jäger. »Um Jesus willen, gnädiger Herr,« fing er an, »was ist im Schlosse vorgefallen, man schreit Mord! Schon ist das Dorf im Aufruhr. – Nun, was es auch sein mag, ein guter Geist hat es mir eingegeben, aufzupacken und aus dem Städtchen hieher zu reiten; es ist alles im Felleisen auf Ihrem Pferde, gnädiger Herr, denn wir werden uns doch wohl trennen müssen vorderhand, es ist gewiß recht was Gefährliches geschehen, nicht wahr?« – Ich raffte mich auf, und mich aufs Pferd schwingend, bedeutete ich den Jäger, in das Städtchen zurückzureiten und dort meine Befehle zu erwarten. Sobald er sich in der Finsternis entfernt hatte, stieg ich wieder vom Pferde und leitete es behutsam in den dicken Tannenwald hinein, der sich vor mir ausbreitete.
    [ Δ ]

Dritter Abschnitt
    Die Abenteuer der Reise
    Als die ersten Strahlen der Sonne durch den finstern Tannenwald brachen, befand ich mich an einem frisch und hell über glatte Kieselsteine dahinströmenden Bach. Das Pferd, welches ich mühsam durch das Dickicht geleitet, stand ruhig neben mir, und ich hatte nichts Angelegentlicheres zu tun, als das Felleisen, womit es bepackt war, zu untersuchen. – Wäsche, Kleidungsstücke, ein mit Gold wohlgefüllter Beutel fielen mir in die Hände. – Ich beschloß, mich sogleich umzukleiden; mit Hilfe der kleinen Schere und des Kamms, den ich in einem Besteck gefunden, verschnitt ich den Bart und brachte die Haare, so gut es gehen wollte, in Ordnung. Ich warf die Kutte ab, in welcher ich noch das kleine verhängnisvolle Messer, Viktorins Portefeuille, sowie die Korbflasche mit dem Rest des Teufelselixiers vorfand, und bald stand ich da, in weltlicher Kleidung mit der Reisemütze auf dem Kopf, so daß ich mich selbst, als mir der Bach mein Bild heraufspiegelte, kaum wieder erkannte. Bald war ich am Ausgange des Waldes, und der in der Ferne aufsteigende Dampf, sowie das helle Glockengeläute, das zu mir herübertönte, ließen mich ein Dorf in der Nähe vermuten. Kaum hatte ich die Anhöhe vor mir erreicht, als ein freundliches schönes Tal sich öffnete, in dem ein großes Dorf lag. Ich schlug den breiten Weg ein, der sich hinabschlängelte, und sobald der Abhang weniger steil wurde, schwang ich mich aufs Pferd, um soviel möglich mich an das mir ganz fremde Reiten zu gewöhnen. – Die Kutte hatte ich in einen hohlen Baum verborgen und mit ihr all die feindseligen Erscheinungen auf dem Schlosse in dem finstern Wald gebannt; denn ich fühlte mich froh und mutig, und es war mir, als habe nur meine überreizte Phantasie mir Viktorins blutige gräßliche Gestalt gezeigt und als wären die letzten Worte, die ich den mich Verfolgenden entgegenrief, wie in hoher Begeisterung unbewußt aus meinem Innern hervorgegangen und hätten die wahre geheime Beziehung des Zufalls, der mich auf das Schloß brachte und das, was ich dort begann, herbeiführte, deutlich ausgesprochen. – Wie das waltende Verhängnis selbst trat ich ein, den boshaften Frevel strafend und den Sünder in dem ihm bereiteten Untergange entsündigend. Nur Aureliens

Weitere Kostenlose Bücher