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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Käfichts bewegte, in den ich rettungslos gesperrt worden. – Die guten Lehren des frommen Cyrillus, die ich unbeachtet ließ, die Erscheinung des Grafen und seines leichtsinnigen Hofmeisters, alles kam mir in den Sinn. – Ich wußte nun, woher die plötzliche Gärung im Innern, die Änderung meines Gemüts entstanden; ich schämte mich meines freveligen Beginnens, und diese Scham galt mir in dem Augenblick für die tiefe Reue und Zerknirschung, die ich in wahrhafter Buße hätte empfinden sollen. So war ich in tiefes Nachdenken versunken und hörte kaum auf den Alten, der nun, wieder auf die Jägerei gekommen, mir manchen Strauß schilderte, den er mit den bösen Freischützen gehabt. Die Dämmerung war eingebrochen, und wir standen vor dem Gebüsch, in dem die Hühner liegen sollten; der Förster stellte mich auf meinen Platz, schärfte mir ein, weder zu sprechen noch sonst mich viel zu regen und mit gespanntem Hahn recht sorglich zu lauschen. Die Jäger schlichen leise auf ihre Plätze, und ich stand einsam in der Dunkelheit, die immer mehr zunahm. – Da traten Gestalten aus meinem Leben hervor im düstern Walde. Ich sah meine Mutter, die Äbtissin, sie schauten mich an mit strafenden Blicken. – Euphemie rauschte auf mich zu mit totenbleichem Gesicht und starrte mich an mit ihren schwarzen glühenden Augen, sie erhob ihre blutigen Hände, mir drohend, ach, es waren Blutstropfen, Hermogens Todeswunde entquollen, ich schrie auf! – Da schwirrte es über mir in starkem Flügelschlag, ich schoß blindlings in die Luft, und zwei Hühner stürzten getroffen herab. »Bravo!« rief der unfern von mir stehende Jägerbursche, indem er das dritte herabschoß. – Schüsse knallten jetzt ringsumher, und die Jäger versammelten sich, jeder seine Beute herbeitragend. Der Jägerbursche erzählte, nicht ohne listige Seitenblicke auf mich, wie ich ganz laut aufgeschrien, da die Hühner dicht über meinem Kopf weggestrichen, als hätte ich großen Schreck, und dann, ohne einmal recht anzulegen, blindlings drunter geschossen und doch zwei Hühner getroffen; ja, es sei in der Finsternis ihm vorgekommen, als hätte ich das Gewehr ganz nach anderer Richtung hingehalten, und doch wären die Hühner gestürzt. Der alte Förster lachte laut auf, daß ich so über die Hühner erschrocken sei und mich nur gewehrt habe mit Drunterschießen. – »Übrigens, mein Herr,« fuhr er fort, »will ich hoffen, daß Sie ein ehrlicher frommer Weidmann und kein Freijäger sind, der es mit dem Bösen hält und hinschießen kann, wo er will, ohne das zu fehlen, was er zu treffen willens.« – Dieser gewiß unbefangene Scherz des Alten traf mein Innerstes, und selbst mein glücklicher Schuß in jener aufgeregten entsetzlichen Stimmung, den doch nur der Zufall herbeigeführt, erfüllte mich mit Grauen. Mit meinem Selbst mehr als jemals entzweit, wurde ich mir selbst zweideutig, und ein inneres Grausen umfing mein eignes Wesen mit zerstörender Kraft.
    Als wir ins Haus zurückkamen, berichtete Christian, daß der Mönch sich im Turm ganz ruhig verhalten, kein einziges Wort gesprochen und auch keine Nahrung zu sich genommen habe. »Ich kann ihn nun nicht länger bei mir behalten,« sprach der Förster, »denn wer steht mir dafür, daß sein, wie es scheint, unheilbarer Wahnsinn nach langer Zeit nicht aufs neue ausbricht und er irgend ein entsetzliches Unheil hier im Hause anrichtet; er muß morgen in aller Frühe mit Christian und Franz nach der Stadt; mein Bericht über den ganzen Vorgang ist längst fertig, und da mag er denn in die Irrenanstalt gebracht werden.«
    Als ich in meinem Gemach allein war, stand mir Hermogens Gestalt vor Augen, und wenn ich sie fassen wollte mit schärferem Blick, wandelte sie sich um in den wahnsinnigen Mönch. Beide flossen in meinem Gemüt in eins zusammen und bildeten so die Warnung der höhern Macht, die ich wie dicht vor dem Abgrunde vernahm. Ich stieß an die Korbflasche, die noch auf dem Boden lag; der Mönch hatte sie bis auf den letzten Tropfen ausgeleert, und so war ich jeder neuen Versuchung, davon zu genießen, enthoben; aber auch selbst die Flasche, aus der noch ein starker berauschender Duft strömte, schleuderte ich fort durch das offne Fenster über die Hofmauer weg, um so jede mögliche Wirkung des verhängnisvollen Elixiers zu vernichten. – Nach und nach wurde ich ruhiger, ja der Gedanke ermutigte mich, daß ich auf jeden Fall in geistiger Hinsicht erhaben sein müsse über jenen Mönch, den das dem

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