Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
Vom Netzwerk:
ich mich, nicht ohne innere Beklemmung, im fürstlichen Vorsaal. –
    Mein ziemlich langer Aufenthalt in jener Reichs-und Handelsstadt hatte mir dazu gedient, all das Ungelenke, Steife, Eckichte meines Betragens, das mir sonst noch vom Klosterleben anklebte, ganz abzuschleifen. Mein von Natur geschmeidiger, vorzüglich wohlgebauter Körper gewöhnte sich leicht an die ungezwungene freie Bewegung, die dem Weltmann eigen. Die Blässe, die den jungen Mönch auch bei schönem Gesicht entstellt, war aus meinem Gesicht verschwunden, ich befand mich in den Jahren der höchsten Kraft, die meine Wangen rötete und aus meinen Augen blitzte; meine dunkelbraunen Locken verbargen jedes Überbleibsel der Tonsur. Zu dem allen kam, daß ich eine feine, zierliche schwarze Kleidung im neuesten Geschmack trug, die ich aus der Handelsstadt mitgebracht, und so konnte es nicht fehlen, daß meine Erscheinung angenehm auf die schon Versammelten wirken mußte, wie sie es durch ihr zuvorkommendes Betragen, das, sich in den Schranken der höchsten Feinheit haltend, nicht zudringlich wurde, bewiesen. So wie nach meiner aus Romanen und Komödien gezogenen Theorie der Fürst, als er mit mir im Parke sprach, bei den Worten: »Ich bin der Fürst«, eigentlich den Oberrock rasch aufknöpfen und mir einen großen Stern entgegenblitzen lassen mußte, so sollten auch all die Herren, die den Fürsten umgaben, in gestickten Röcken, steifen Frisuren u.s.w. einhergehen, und ich war nicht wenig verwundert, nur einfache geschmackvolle Anzüge zu bemerken. Ich nahm wahr, daß mein Begriff vom Leben am Hofe wohl überhaupt ein kindisches Vorurteil sein könne, meine Befangenheit verlor sich, und ganz ermutigte mich der Fürst, der mit den Worten auf mich zutrat: »Sieh da, Herr Leonard!« und dann über meinen strengen kunstrichterlichen Blick scherzte, mit dem ich seinen Park gemustert. – Die Flügeltüren öffneten sich, und die Fürstin trat in den Konversationssaal, nur von zwei Hofdamen begleitet. Wie erbebte ich bei ihrem Anblick im Innersten, wie war sie nun beim Schein der Lichter meiner Pflegemutter noch ähnlicher als sonst. – Die Damen umringten sie, man stellte mich vor, sie sah mich an mit einem Blick, der Erstaunen, eine innere Bewegung verriet; sie lispelte einige Worte, die ich nicht verstand, und kehrte sich dann zu einer alten Dame, der sie etwas leise sagte, worüber diese unruhig wurde und mich scharf anblickte. Alles dieses geschah in einem Moment. – Jetzt teilte sich die Gesellschaft in kleinere und größere Gruppen, lebhafte Gespräche begannen, es herrschte ein freier ungezwungener Ton, und doch fühlte man es, daß man sich im Zirkel des Hofes, in der Nähe des Fürsten befand, ohne daß dies Gefühl nur im mindesten gedrückt hätte. Kaum eine einzige Figur fand ich, die in das Bild des Hofes, wie ich ihn mir sonst dachte, gepaßt haben sollte. Der Hofmarschall war ein alter lebenslustiger, aufgeweckter Mann, die Kammerjunker muntre Jünglinge, die nicht im mindesten darnach aussahen, als führten sie Böses im Schilde. Die beiden Hofdamen schienen Schwestern, sie waren sehr jung und ebenso unbedeutend, zum Glück aber sehr anspruchslos geputzt. Vorzüglich war es ein kleiner Mann mit aufgestützter Nase und lebhaft funkelnden Augen, schwarz gekleidet, den langen Stahldegen an der Seite, der, indem er sich mit unglaublicher Schnelle durch die Gesellschaft wand und schlängelte und bald hier, bald dort war, nirgends weilend, keinem Rede stehend, hundert witzige, sarkastische Einfälle wie Feuerfunken umhersprühte, überall reges Leben entzündete. Es war des Fürsten Leibarzt. – Die alte Dame, mit der die Fürstin gesprochen, hatte unbemerkt mich so geschickt zu umkreisen gewußt, daß ich, ehe ich mir’s versah, mit ihr allein im Fenster stand. Sie ließ sich alsbald in ein Gespräch mit mir ein, das, so schlau sie es anfing, bald den einzigen Zweck verriet, mich über meine Lebensverhältnisse auszufragen. – Ich war auf dergleichen vorbereitet, und überzeugt, daß die einfachste, anspruchloseste Erzählung in solchen Fällen die unschädlichste und gefahrloseste ist, schränkte ich mich darauf ein, ihr zu sagen, daß ich ehemals Theologie studiert, jetzt aber, nachdem ich den reichen Vater beerbt, aus Lust und Liebe reise. Meinen Geburtsort verlegte ich nach dem polnischen Preußen und gab ihm einen solchen barbarischen, Zähne und Zunge zerbrechenden Namen, der der alten Dame das Ohr verletzte und ihr jede Lust

Weitere Kostenlose Bücher