Werke
damals neben dem Prinzen gelegen, da es seiner silbernen blinkenden Schale wegen sehr ins Auge falle. – Nicht lange nach diesen geheimnisvollen Begebenheiten kamen Nachrichten von der Prinzessin; an eben dem Tage, da Franceskos Vermählung vor sich gehen sollte, hatte sie einen Sohn geboren und war bald nach der Entbindung gestorben. – Der Fürst betrauerte ihren Verlust, wiewohl das Geheimnis der Brautnacht schwer auf ihr lag und in gewisser Art einen vielleicht ungerechten Verdacht gegen sie selbst erweckte. Der Sohn, die Frucht einer freveligen verruchten Tat, wurde in entfernten Landen unter dem Namen des Grafen Viktorin erzogen. Die Prinzessin (ich meine die Schwester der Fürstin), im Innersten zerrissen von den schrecklichen Begebenheiten, die in so kurzer Zeit auf sie eindrangen, wählte das Kloster. Sie ist, wie es Ihnen bekannt sein wird, Äbtissin des Zisterzienser-Klosters in ***. – Ganz wunderbar und geheimnisvoll sich beziehend auf jene Begebenheiten an unserm Hofe, ist nun aber ein Ereignis, das sich unlängst auf dem Schlosse des Barons F. zutrug und diese Familie so wie damals unsern Hof auseinander warf. – Die Äbtissin hatte nämlich, gerührt von dem Elende einer armen Frau, die mit einem kleinen Kinde auf der Pilgerfahrt von der heiligen Linde ins Kloster einkehrte, ihren-«
Hier unterbrach ein Besuch die Erzählung des Leibarztes, und es gelang mir, den Sturm, der in mir wogte, zu verbergen. Klar stand es vor meiner Seele, Francesko war mein Vater, er hatte den Prinzen mit demselben Messer ermordet, mit dem ich Hermogen tötete! – Ich beschloß, in einigen Tagen nach Italien abzureisen und so endlich aus dem Kreise zu treten, in den mich die böse feindliche Macht gebannt hatte. Denselben Abend erschien ich im Zirkel des Hofes; man erzählte viel von einem herrlichen bildschönen Fräulein, die als Hofdame in der Umgebung der Fürstin heute zum erstenmal erscheinen werde, da sie erst gestern angekommen.
Die Flügeltüren öffneten sich, die Fürstin trat herein, mit ihr die Fremde. – Ich erkannte Aurelien.
[ Δ ]
Zweiter Teil
Erster Abschnitt
Der Wendepunkt
In wessen Leben ging nicht einmal das wunderbare, in tiefster Brust bewahrte Geheimnis der Liebe auf! – Wer du auch sein magst, der du künftig diese Blätter liesest, rufe dir jene höchste Sonnenzeit zurück, schaue noch einmal das holde Frauenbild, das, der Geist der Liebe selbst, dir entgegentrat. Da glaubtest du ja nur in ihr dich, dein höheres Sein zu erkennen. Weißt du noch, wie die rauschenden Quellen, die flüsternden Büsche, wie der kosende Abendwind von ihr, von deiner Liebe so vernehmlich zu dir sprachen? Siehst du es noch, wie die Blumen dich mit hellen freundlichen Augen anblickten, Gruß und Kuß von ihr bringend? – Und sie kam, sie wollte dein sein ganz und gar. Du umfingst sie voll glühenden Verlangens und wolltest, losgelöset von der Erde, auflodern in inbrünstiger Sehnsucht! – Aber das Mysterium blieb unerfüllt, eine finstre Macht zog stark und gewaltig dich zur Erde nieder, als du dich aufschwingen wolltest mit ihr zu dem fernen Jenseits, das dir verheißen. Noch ehe du zu hoffen wagtest, hattest du sie verloren, alle Stimmen, alle Töne waren verklungen, und nur die hoffnungslose Klage des Einsamen ächzte grauenvoll durch die düstre Einöde. – Du, Fremder! Unbekannter! Hat dich je solch namenloser Schmerz zermalmt, so stimme ein in den trostlosen Jammer des ergrauten Mönchs, der in finstrer Zelle der Sonnenzeit seiner Liebe gedenkend, das harte Lager mit blutigen Tränen netzt, dessen bange Todesseufzer in stiller Nacht durch die düstren Klostergänge hallen. Aber auch du, du mir im Innern Verwandter, auch du glaubst es, daß der Liebe höchste Seligkeit, die Erfüllung des Geheimnisses, im Tode aufgeht. – So verkünden es uns die dunklen weissagenden Stimmen, die aus jener, keinem irdischen Maßstab meßlichen Urzeit zu uns herübertönen, und wie in den Mysterien, die die Säuglinge der Natur feierten, ist uns ja auch der Tod das Weihfest der Liebe! – –
Ein Blitz fuhr durch mein Innres, mein Atem stockte, die Pulse schlugen, krampfhaft zuckte das Herz, zerspringen wollte die Brust! – Hin zu ihr – hin zu ihr – sie an mich reißen in toller Liebeswut! – »Was widerstrebst du, Unselige, der Macht, die dich unauflöslich an mich gekettet? Bist du nicht mein! – mein immerdar?« Doch besser wie damals, als ich Aurelien zum erstenmal im Schlosse des Barons erblickte, hemmte
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