Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
Vom Netzwerk:
Einsam lief ich durch Flur und Wald, nur sie denkend, nur sie schauend. Fester und fester wurde meine Überzeugung, daß ein dunkles Verhängnis ihr Geschick in das meinige verschlungen habe und daß das, was mir manchmal als sündhafter Frevel erschienen, nur die Erfüllung eines ewigen unabänderlichen Ratschlusses sei. So mich ermutigend, lachte ich der Gefahr, die mir dann drohen könnte, wenn Aurelie in mir Hermogens Mörder erkennen sollte. Dies dünkte mir jedoch überdem höchst unwahrscheinlich. – Wie erbärmlich erschienen mir nun jene Jünglinge, die in eitlem Wahn sich um die bemühten, die so ganz und gar mein eigen worden, daß ihr leisester Lebenshauch nur durch das Sein in mir bedingt schien. – Was sind mir diese Grafen, diese Freiherren, diese Kammerherren, diese Offiziere in ihren bunten Röcken – in ihrem blinkenden Golde, ihren schimmernden Orden anders als ohnmächtige, geschmückte Insektlein, die ich, wird mir das Volk lästig, mit kräftiger Faust zermalme. – In der Kutte will ich unter sie treten, Aurelien bräutlich geschmückt in meinen Armen, und diese stolze feindliche Fürstin soll selbst das Hochzeitslager bereiten dem siegenden Mönch, den sie verachtet. – In solchen Gedanken arbeitend, rief ich oft laut Aureliens Namen und lachte und heulte wie ein Wahnsinniger. Aber bald legte sich der Sturm. Ich wurde ruhiger und fähig, darüber Entschlüsse zu fassen, wie ich nun mich Aurelien nähern wollte. – Eben schlich ich eines Tages durch den Park, nachsinnend, ob es ratsam sei, die Abendgesellschaft zu besuchen, die der Fürst ansagen lassen, als man von hinten her auf meine Schulter klopfte. Ich wandte mich um, der Leibarzt stand vor mir. »Erlauben Sie mir Ihren werten Puls!« fing er sogleich an und griff, starr mir ins Auge blickend, nach meinem Arm. »Was bedeutet das?« frug ich erstaunt. »Nicht viel,« fuhr er fort, »es soll hier still und heimlich einige Tollheit umherschleichen, die die Menschen recht banditenmäßig überfällt und ihnen eins versetzt, daß sie leicht aufkreischen müssen, klingt das auch zuweilen nur wie ein unsinnig Lachen. Indessen kann alles auch nur ein Phantasma oder jener tolle Teufel nur ein gelindes Fieber mit steigender Hitze sein, darum erlauben Sie Ihren werten Puls, Liebster!« – »Ich versichre Sie, mein Herr, daß ich von dem allen kein Wort verstehe!« So fiel ich ein, aber der Leibarzt hatte meinen Arm gefaßt und zählte den Puls mit zum Himmel gerichtetem Blick – eins – zwei, drei. – Mir war sein wunderliches Betragen rätselhaft, ich drang in ihn, mir doch nur zu sagen, was er eigentlich wolle. »Sie wissen also nicht, werter Herr Leonard, daß Sie neulich den ganzen Hof in Schrecken und Bestürzung gesetzt haben? – Die Oberhofmeisterin leidet bis dato an Krämpfen, und der Konsistorial-Präsident versäumt die wichtigsten Sessionen, weil es Ihnen beliebt hat, über seine podagrischen Füße wegzurennen, so daß er, im Lehnstuhl sitzend, noch über mannigfache Stiche beträchtlich brüllt! – Das geschah nämlich, als Sie, wie von einiger Tollheit heimgesucht, aus dem Saale stürzten, nachdem sie ohne merkliche Ursache so aufgelacht hatten, daß allen ein Grausen ankam und sich die Haare sträubten!« – In dem Augenblick dachte ich an den Hofmarschall und meinte, daß ich mich nun wohl erinnere, in Gedanken laut aufgelacht zu haben, um so weniger könne das aber von solch wunderlicher Wirkung gewesen sein, als der Hofmarschall mich ja ganz sanft gefragt hätte, worüber ich mich so erfreue. »Ei, Ei!« – fuhr der Leibarzt fort, »das will nichts bedeuten, der Hofmarschall ist solch ein homo impavidus, der sich aus dem Teufel selbst nichts macht. Er blieb in seiner ruhigen Dolcezza, obgleich erwähnter Konsistorial-Präsident wirklich meinte, der Teufel habe aus Ihnen, mein Teurer, auf seine Weise gelächelt, und unsere schöne Aurelie von solchem Grausen und Entsetzen ergriffen wurde, daß alle Bemühungen der Herrschaft, sie zu beruhigen, vergebens blieben und sie bald die Gesellschaft verlassen mußte, zur Verzweiflung sämtlicher Herren, denen sichtlich das Liebesfeuer aus den exaltierten Toupets dampfte! In dem Augenblick, als Sie, werter Herr Leonard, so lieblich lachten, soll Aurelie mit schneidendem, in das Herz dringenden Ton: ›Hermogen!‹ gerufen haben. Ei, Ei! was mag das bedeuten? – Das könnten Sie vielleicht wissen – Sie sind überhaupt ein lieber, lustiger, kluger Mann, Herr Leonard, und es ist

Weitere Kostenlose Bücher