Werke
Nebenzimmer, dessen Türe geöffnet war, jenen verfänglichen Auftritt des Prinzen mit dem Maler bemerkt hatte; den erzählte sie nun mit allen Umständen. Niemand zweifelte, daß der Maler sich auf unbegreifliche Weise in den Palast zu schleichen gewußt und den Prinzen ermordet habe. Der Maler sollte im Augenblick verhaftet werden, schon seit zwei Tagen war er aber aus dem Hause verschwunden, niemand wußte wohin, und alle Nachforschungen blieben vergebens. Der Hof war in die tiefste Trauer versenkt, die die ganze Residenz mit ihm teilte, und es war nur Francesko, der, wieder unausgesetzt bei Hofe erscheinend, in dem kleinen Familienzirkel manchen Sonnenblick aus den trüben Wolken hervorzuzaubern wußte.
Die Prinzessin fühlte sich schwanger, und da es klar zu sein schien, daß der Mörder des Gemahls die ähnliche Gestalt zum verruchten Betruge gemißbraucht, begab sie sich auf ein entferntes Schloß des Fürsten, damit die Niederkunft verschwiegen bliebe, und so die Frucht eines höllischen Frevels wenigstens nicht vor der Welt, der der Leichtsinn der Diener die Ereignisse der Brautnacht verraten, den unglücklichen Gemahl schände. –
Franceskos Verhältnis mit der Schwester der Fürstin wurde in dieser Trauerzeit immer fester und inniger, und ebensosehr verstärkte sich die Freundschaft des fürstlichen Paars für ihn. Der Fürst war längst in Franceskos Geheimnis eingeweiht, er konnte bald nicht länger dem Andringen der Fürstin und der Prinzessin widerstehen und willigte in Franceskos heimliche Vermählung mit der Prinzessin. Francesko sollte sich im Dienst eines fremden Hofes zu einem hohen militärischen Grad aufschwingen und dann die öffentliche Kundmachung seiner Ehe mit der Prinzessin erfolgen. An jenem Hofe war das damals, bei den Verbindungen des Fürsten mit ihm, möglich.
Der Tag der Verbindung erschien, der Fürst mit seiner Gemahlin sowie zwei vertraute Männer des Hofes (mein Vorgänger war einer von ihnen) waren die einzigen, die der Trauung in der kleinen Kapelle im fürstlichen Palast beiwohnen sollten. Ein einziger Page, in das Geheimnis eingeweiht, bewachte die Türe.
Das Paar stand vor dem Altar, der Beichtiger des Fürsten, ein alter ehrwürdiger Priester, begann das Formular, nachdem er ein stilles Amt gehalten. – Da erblaßte Francesko, und mit stieren, auf den Eckpfeiler beim Hochaltar gerichteten Augen rief er mit dumpfer Stimme: ›Was willst du von mir?‹ – An den Eckpfeiler gelehnt, stand der Maler, in fremder seltsamer Tracht, den violetten Mantel um die Schulter geschlagen, und durchbohrte Francesko mit dem gespenstischen Blick seiner hohlen schwarzen Augen. Die Prinzessin war der Ohnmacht nahe, alles erbebte, vom Entsetzen ergriffen, nur der Priester blieb ruhig und sprach zu Francesko: ›Warum erschreckt dich die Gestalt dieses Mannes, wenn dein Gewissen rein ist?‹ Da raffte sich Francesko auf, der noch gekniet, und stürzte mit einem kleinen Messer in der Hand auf den Maler, aber noch ehe er ihn erreicht, sank er mit einem dumpfen Geheul ohnmächtig nieder, und der Maler verschwand hinter dem Pfeiler. Da erwachten alle wie aus einer Betäubung, man eilte Francesko zu Hilfe, er lag totenähnlich da. Um alles Aufsehen zu vermeiden, wurde er von den beiden vertrauten Männern in die Zimmer des Fürsten getragen. Als er aus der Ohnmacht erwachte, verlangte er heftig, daß man ihn entlasse in seine Wohnung, ohne eine einzige Frage des Fürsten über den geheimnisvollen Vorgang in der Kirche zu beantworten. Den andern Morgen war Francesko aus der Residenz mit den Kostbarkeiten, die ihm die Gunst des Prinzen und des Fürsten zugewendet, entflohen. Der Fürst unterließ nichts, um dem Geheimnisse, dem gespenstischen Erscheinen des Malers auf die Spur zu kommen. Die Kapelle hatte nur zwei Eingänge, von denen einer aus den inneren Zimmern des Palastes nach den Logen neben dem Hochaltar, der andere hingegen aus dem breiten Hauptkorridor in das Schiff der Kapelle führte. Diesen Eingang hatte der Page bewacht, damit kein Neugieriger sich nahe, der andere war verschlossen, unbegreiflich blieb es daher, wie der Maler in der Kapelle erscheinen und wieder verschwinden können. – Das Messer, welches Francesko gegen den Maler gezückt, behielt er, ohnmächtig werdend, wie im Starrkrampf in der Hand, und der Page (derselbe, der an dem unglücklichen Vermählungsabende den Prinzen entkleidete und der nun die Türe der Kapelle bewachte) behauptete, es sei dasselbe gewesen, was
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