Werke
abzubüßender Sünde, entflohen – um ihn zur Reue zu wenden. Von Gram und Krankheit gebeugt, kam er auf der Flucht zu einem Landmann, der ihn freundlich aufnahm. Des Landmanns Tochter, eine fromme, stille Jungfrau, faßte wunderbare Liebe zu dem Fremden und pflegte ihn sorglich. So geschah es, daß, als Francesko genesen, er der Jungfrau Liebe erwiderte, und sie wurden durch das heilige Sakrament der Ehe vereinigt. Es gelang ihm, durch seine Klugheit und Wissenschaft sich aufzuschwingen und des Vaters nicht geringen Nachlaß reichlich zu vermehren, so daß er viel irdischen Wohlstand genoß. Aber unsicher und eitel ist das Glück des mit Gott nicht versöhnten Sünders. Franz sank zurück in die bitterste Armut, und tötend war sein Elend, denn er fühlte, wie Geist und Körper hinschwanden in kränkelnder Siechheit. Sein Leben wurde eine fortwährende Bußübung. Endlich sandte ihm der Himmel einen Strahl des Trostes. – Er soll pilgern nach der heiligen Linde, und dort wird ihm die Geburt eines Sohnes die Gnade des Herrn verkünden.
In dem Walde, der das Kloster zur heiligen Linde umschließt, trat ich zu der bedrängten Mutter, als sie über dem neugebornen vaterlosen Knäblein weinte, und erquickte sie mit Worten des Trostes. –
Wunderbar geht die Gnade des Herrn auf dem Kinde, das geboren wird in dem segensreichen Heiligtum der Gebenedeiten! Oftmals begibt es sich, daß das Jesuskindlein sichtbarlich zu ihm tritt und früh in dem kindischen Gemüt den Funken der Liebe entzündet. –
Die Mutter hat in heiliger Taufe dem Knaben des Vaters Namen, Franz, geben lassen! – Wirst du es denn sein, Franziskus, der, an heiliger Stätte geboren, durch frommen Wandel den verbrecherischen Ahnherrn entsündigt und ihm Ruhe schafft im Grabe? Fern von der Welt und ihren verführerischen Lockungen, soll der Knabe sich ganz dem Himmlischen zuwenden. Er soll geistlich werden. So hat es der heilige Mann, der wunderbaren Trost in meine Seele goß, der Mutter verkündet, und es mag wohl die Prophezeiung der Gnade sein, die mich mit wundervoller Klarheit erleuchtet, so daß ich in meinem Innern das lebendige Bild der Zukunft zu erschauen vermeine.
Ich sehe den Jüngling den Todeskampf streiten mit der finstern Macht, die auf ihn eindringt mit furchtbarer Waffe! – Er fällt, doch ein göttlich Weib erhebt über sein Haupt die Siegeskrone! – Es ist die heilige Rosalia selbst, die ihn errettet! – So oft es mir die ewige Macht des Himmels vergönnt, will ich dem Knaben, dem Jünglinge, dem Manne nahe sein und ihn schützen, wie es die mir verliehene Kraft vermag. – Er wird sein wie –
Anmerkung des Herausgebers
Hier wird, günstiger Leser, die halb erloschene Schrift des alten Malers so undeutlich, daß weiter etwas zu entziffern ganz unmöglich ist. Wir kehren zu dem Manuskript des merkwürdigen Kapuziners Medardus zurück.
[ Δ ]
Dritter Abschnitt
Die Rückkehr in das Kloster
Es war so weit gekommen, daß überall, wo ich mich in den Straßen von Rom blicken ließ, einzelne aus dem Volk still standen und in gebeugter, demütiger Stellung um meinen Segen baten. Mocht’ es sein, daß meine strenge Bußübungen, die ich fortsetzte, schon Aufsehen erregten, aber gewiß war es, daß meine fremdartige, wunderliche Erscheinung den lebhaften phantastischen Römern bald zu einer Legende werden mußte, und daß sie mich vielleicht, ohne daß ich es ahnte, zu dem Helden irgend eines frommen Märchens erhoben hatten. Oft weckten mich bange Seufzer und das Gemurmel leiser Gebete aus tiefer Betrachtung, in die ich, auf den Stufen des Altars liegend, versunken, und ich bemerkte dann, wie rings um mich her Andächtige knieten und meine Fürbitte zu erflehen schienen. So wie in jenem Kapuzinerkloster hörte ich hinter mir rufen: il Santo! – und schmerzhafte Dolchstiche fuhren durch meine Brust. Ich wollte Rom verlassen, doch wie erschrak ich, als der Prior des Klosters, in dem ich mich aufhielt, mir ankündigte, daß der Papst mich hätte zu sich gebieten lassen. Düstre Ahnungen stiegen in mir auf, daß vielleicht aufs neue die böse Macht in feindlichen Verkettungen mich festzubannen trachte, indessen faßte ich Mut und ging zur bestimmten Stunde nach dem Vatikan. Der Papst, ein wohlgebildeter Mann, noch in den Jahren der vollen Kraft, empfing mich, auf einem reich verzierten Lehnstuhl sitzend. Zwei wunderschöne, geistlich gekleidete Knaben bedienten ihn mit Eiswasser und durchfächelten das Zimmer mit Reiherbüschen, um,
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