Werke
hertrieb?
Berganza . Sachte – sachte – mein Freund! – Laß mich erzählen, wie es mir in den Sinn kommt. Ist es nicht wohltätig für mich, bei manchem frohen Augenblick meines neuesten Lebens länger zu verweilen? – und dann gehört das alles, was ich über den Eintritt in das Haus, das ich jetzt zur Hölle wünsche, erzählt habe, eben zu der unglücklichen Katastrophe, die ich nachher so geschwind wie möglich mit ein paar Worten abfertigen will; es sei denn, daß mein verdammter Hang, alles so hell und farbicht mit Worten auszumalen, wie es vor meines Geistes Augen steht, mich wieder hineinführt, wohin ich nicht wollte!
Ich . Nun so erzähle, lieber Berganza, – nach deiner Art weiter fort.
Berganza . Die Cannizares hatte doch wohl am Ende recht.
Ich . Was soll das jetzt?
Berganza. Man sagt wohl: der Teufel mag das erraten; der Teufel errät aber manches doch nicht, und darum sagt man auch wieder: das ist ein dummer Teufel! – Eine besondere Bewandtnis hat es immer mit mir und mit meinem Freunde Szipio gehabt. – Am Ende bin ich wirklich der Montiel, der aus der Art geschlagen, und dem die Hundemaske, die ihn strafen sollte, nun zur Freude und zum Ergötzen dient. –
Ich . Berganza, ich verstehe dich nicht.
Berganza . Hätt’ ich denn mit meinem treuen Gemüt für alles Gute und Wahre, mit meiner tiefen Verachtung alles oberflächlichen, allem Heiligen entarteten Weltsinnes, der die Menschen jetzt mehrenteils befängt, all die köstlichen Erfahrungen, einen Schatz sogenannter Lebensphilosophie, sammeln können, träte ich auf in stattlicher Menschengestalt! – Dank dir, Teufel, der du das Hexenöl unwirksam auf meinem Rücken braten ließest! Nun liege ich unbeachtet als Hund unter dem Ofen, und eure innerste Natur, ihr Menschlein, die ihr ohne Scham und Scheu vor mir entblößt, durchschaue ich mit dem Hohn, mit dem tiefen Spott, den eure ekle leere Aufgedunsenheit verdient.
Ich . Haben dir die Menschen nie Gutes erzeigt, daß du so mit Bitterkeit über das ganze Geschlecht herfällst?
Berganza . Mein lieber Freund, in meinem ziemlich langen Leben habe ich wohl manche, vielleicht unverdiente Wohltat empfangen, und dankbar gedenke ich jedes frohen genußreichen Augenblicks, den mir dieser oder jener absichtslos verschaffte. Merke auf! – Absichtslos habe ich gesagt. Mit dem Gutes tun, meine ich, ist es eine eigne Sache. Wenn mir einer den Rücken kratzt oder sanft die Ohren kitzelt, welches mich gleich in einen behaglichen träumerischen Zustand versetzt, oder mir das schönste Stück Braten gibt, damit ich mich willig finden lasse, zu seiner Lust den Stock, den er weit weggeschleudert oder gar in das Wasser geworfen, wiederzuholen oder, auf den Hinterpfoten sitzend, aufzuwarten (ein mir in den Tod verhaßtes Manöver), so hat er mir durchaus nichts Gutes getan; es war ein Geben und Empfangen, Kauf und Verkauf, wobei von Gutes tun und Pflichten der Dankbarkeit nicht die Rede sein kann. Aber der krasse Egoismus der Menschen bewirkt es, daß jeder nur mit Prahlerei das Gegebene rühmt und sich des Empfangenen wohl gar schämt, und so kommt es denn oft, daß zwei zugleich wechselseitig über Undankbarkeit für genossene Wohltaten klagen. Mein Freund Szipio, dem es auch manchmal schlecht ging, diente zur Zeit auf dem Dorfe bei einem reichen Bauer, der ein harter Mann war und ihm beinahe nichts zu fressen, oftmals aber eine tüchtige Tracht Prügel gab. Einmal hatte Szipio, dessen Fehler Näschigkeit sonst nicht war, aus reinem Hunger einen Topf Milch ausgesoffen, und der Bauer, der es bemerkt, ihn bis aufs Blut geschlagen; Szipio sprang schnell zum Hause hinaus, um dem gewissen Tode zu entgehen, denn der rachsüchtige Bauer ergriff eben die eiserne Hacke; er rannte durch das Dorf, als er aber bei dem Mühlenteiche vorbeikam, sah er, daß des Bauers dreijähriger Sohn, der eben am Ufer gespielt, in die Wellen stürzte. Szipio war mit einem tüchtigen Sprunge im Wasser, faßte das Kind mit den Zähnen bei den Kleidern und schleppte es glücklich bis auf die grüne Wiese, wo es sich alsbald erholte und seinen Retter anlächelte und liebkoste; nun rannte aber Szipio, so schnell als er konnte, davon, um nie wieder in das Dorf zurückzukehren. Siehst du, mein Freund, das war ein reiner Liebesdienst. – Verzeih mir, daß ein ähnliches Beispiel von einem Menschen mir nicht eben gleich einfallen wollte.
Ich . Mit all deiner Bitterkeit gegen uns Menschen, die in gar schlechtem Kredit bei dir stehen,
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