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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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Gewinnsucht allein ... Ich riskierte weiter und verlor. Ich verlor nicht nur das Gewonnene, sondern auch das eigene Geld bis zum letzten Pfennig; ich war in fieberhafter Erregung und verlor alles. Dann begann ich meine Kleidungsstücke zu versetzen. Anna Grigorjewna versetzte ihr Letztes. (Dieser Engel! wie tröstete sie mich ...)« Es folgen Bitten um Geld, die selbst, wenn man die intime Freundschaft zwischen Dostojewski und Maikow kennt, erniedrigend erscheinen: »Ich weiß es ja, Apollon Nikolajewitsch, daß Sie selbst kein überflüssiges Geld haben. Niemals hätte ich mich an Sie mit einer Bitte um Unterstützung gewandt. Doch ich ertrinke, bin schon ertrunken. In zwei, drei Wochen werde ich keinen Pfennig mehr besitzen, der Ertrinkende streckt aber seine Hand aus, ohne seine Vernunft zu fragen ... Außer Ihnen habe ich niemand, und wenn Sie mir nicht helfen, gehe ich zugrunde, gehe gänzlich zugrunde!... Mein Teurer, retten Sie mich! Ich werde es Ihnen mit lebenslänglicher Freundschaft und Anhänglichkeit bezahlen. Wenn Sie selbst nichts haben, borgen Sie doch bei jemand für mich. Verzeihen Sie, daß ich Ihnen so schreibe ... Lassen Sie mich nicht im Stich! Gott wird es Ihnen vergelten. Erlaben Sie mit einem Tropfen Wasser meine Seele, die in der Wüste verschmachtet! Um Gottes willen!« Bemerkenswert ist in der letzten Wendung vom »Tropfen Wasser« und der »Seele, die in der Wüste verschmachtet« die niedere Geziertheit der Sprache. Es ist derselbe Stil, in dem seine komischen Helden, die jede Selbstachtung verloren haben, wie der versoffene Marmeladow oder der abgefeimte Hauptmann Lebjadkin, ihre Armut schildern. Dostojewski weiß wohl selbst nicht, was er spricht.
    Das sind ja nur Kleinigkeiten. Wir wissen aber, daß Dostojewski sich auch in wichtigeren Dingen oft »hinreißen« ließ. So bildete er sich in einem Anfalle jugendlicher Selbstüberschätzung ein, daß er mit seinem »Doppelgänger« Gogols »Tote Seelen« übertroffen habe. So warf er in seinem blinden Haß gegen Bjelinski diesem vielleicht nicht genügend scharfblickenden, doch unbedingt anständigen Mann »gemeine Bosheit« und »stinkenden Stumpfsinn« vor. In demselben Brief, in dem er Maikow von seinen Verlusten im Spiele erzählt, gibt er auch die bedeutungsvolle Verallgemeinerung seiner sittlichen Persönlichkeit: »In allen Dingen gehe ich bis an die äußersten Grenzen; mein Leben lang habe ich nie Maß halten können.« Wir müssen hinzufügen, daß er die »Grenzen« nicht nur aus Überfluß an Kraft, sondern oft aus Schwäche und aus Mangel an Selbstzucht überschritt.
    Wenn das Leben Tolstois dem jungfräulichen reinen Wasser einer unterirdischen Quelle gleicht, so gleicht das Leben Dostojewskis dem Feuer, das aus denselben Urtiefen emporlodert, doch mit Lava, Asche und erstickendem Qualm vermengt ist. Das Feuer der Liebe, welches das ganze Leben Dostojewskis durchdringt und läutert, leuchtet sogar in den alltäglichsten Einzelheiten seines Lebens. In einem Briefe an Maikow empfiehlt er diesem seinen Stiefsohn, der seine Mutter verloren hat: »Sascha ist ein guter Junge, ein lieber Junge, der niemanden hat, der ihn lieben kann ... Ich will mit ihm mein letztes Hemd teilen und werde es immer tun!« Jeder, der selbst geliebt hat, wird fühlen, daß es keine leeren Worte sind und daß Dostojewski wirklich bereit ist, mit seinem Jungen das »letzte Hemd« zu teilen, ohne dabei wie Tolstoi abstrakte Betrachtungen anzustellen, ob er das Recht habe, Arme zu unterstützen.
    »Nach den begeisterten Rufen, Händeklatschen und Kränzen, mit denen man ihn bei seinen öffentlichen Vorträgen ehrte,« berichtet Strachow, »pflegte er zu sagen: ›Ja, ja, das ist ja sehr schön, doch die Hauptsache verstehen sie alle nicht !‹«
    »In jedermanns Kopf,« sagt Dostojewski selbst, »bleibt immer etwas zurück, was man unmöglich den andern Menschen mitteilen kann, auch wenn man ganze Bände darüber schreiben und es fünfunddreißig Jahre lang vorkauen wollte; es bleibt in dir immer etwas zurück, was sich aus deinem Gehirnkasten nicht hinausdrängen läßt und ewig bei dir bleibt; du wirst damit auch zu Grabe getragen werden, ohne deinen vielleicht wichtigsten Gedanken jemand mitgeteilt zu haben.« –
    Betrachten wir das Gesicht Dostojewskis, das selbst in seiner Jugend »nie jugendlich erschienen ist«, mit den Schatten und Falten des Leidens auf den eingefallenen Wangen, mit der großen kahlen Stirne, die die ganze Klarheit und Größe

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