Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
Balsaminen, nun, das ginge noch an, aber wozu nun noch Geranium? Es braucht einem nur ein unbedachtes Wort zu entschlüpfen, wie zum Beispiel meine Bemerkungüber Geranium, da müssen Sie auch schon sofort Geranium kaufen. So etwas ist doch bestimmt teuer? Wie wundervoll die Blüten sind! So leuchtend rot, und Stern steht an Stern. Wo haben Sie nur ein so schönes Exemplar aufgetrieben? Ich habe den Blumentopf auf das Fensterbrett gestellt, an die sichtbarste Stelle. Auf das Bänkchen vor dem Fenster werde ich noch andere Blumen stellen, lassen Sie mich nur erst reich werden! Fedora kann sich nicht genug freuen – unser Zimmer ist jetzt ein richtiges Paradies, so sauber und hell und freundlich. Aber wozu war denn das Konfekt nötig? Uebrigens: ich erriet es sogleich aus Ihrem Brief, daß irgend etwas nicht richtig ist: Frühling und Wohlgerüche und Vogelgezwitscher – nein, dachte ich, sollte nicht gar noch ein Gedicht folgen? Denn wirklich, es fehlen nur noch Verse in Ihrem Brief, Makar Alexejewitsch. Und die Gefühle sind zärtlich und die Gedanken rosafarben – alles, wie es sich gehört! An den Vorhang habe ich überhaupt nicht gedacht. Der Zipfel muß an einem Zweige hängen geblieben sein, als ich die Blumentöpfe umstellte. Da haben Sie es!
Ach, Makar Alexejewitsch, was reden Sie da und rechnen mir Ihre Einnahmen und Ausgaben vor, um mich zu beruhigen und glauben zu machen, daß Sie alles nur für sich allein ausgeben! Mich können Sie damit doch nicht betrügen. Ich weiß doch, daß Sie sich des Notwendigsten um meinetwillen berauben. Was ist Ihnen denn eingefallen, daß Sie sich ein solches Zimmer gemietet haben, sagen Sie doch, bitte! Man beunruhigt Sie doch, man belästigt Sie dort, das Zimmerwird gewiß eng und unbequem und ungemütlich sein. Sie lieben Stille und Einsamkeit, hier aber – was wird denn das für ein Leben sein? Und bei Ihrem Gehalt könnten Sie doch viel besser wohnen. Fedora sagt, daß Sie früher unvergleichlich besser gelebt hätten als jetzt. Haben Sie wirklich Ihr ganzes Leben so verbracht, immer einsam, immer mit Entbehrungen, ohne Freude, ohne ein gutes, liebes Wort zu hören, immer in einem bei fremden Menschen gemieteten Winkel? Ach Sie, mein guter Freund, wie Sie mir leid tun! So schonen Sie doch wenigstens Ihre Gesundheit, Makar Alexejewitsch! Sie erwähnen, daß Ihre Augen angegriffen seien, – so schreiben Sie doch nicht bei Kerzenlicht! Was und wozu schreiben Sie denn noch? Ihr Diensteifer wird Ihren Vorgesetzten doch wohl ohnehin schon bekannt sein.
Ich bitte Sie nochmals inständig, verschwenden Sie nicht soviel Geld für mich. Ich weiß, daß Sie mich lieben, aber Sie sind doch selbst nicht reich … Heute war ich ebenso froh, wie Sie, als ich erwachte. Es war mir so leicht zumut. Fedora war schon lange an der Arbeit und hatte auch mir Arbeit verschafft. Darüber freute ich mich sehr. Ich ging nur noch aus, um Seide zu kaufen, und dann setzte ich mich gleichfalls an die Arbeit. Und den ganzen Morgen und Vormittag war ich so heiter! Jetzt aber – wieder trübe Gedanken, alles so traurig, das Herz tut mir weh.
Mein Gott, was wird aus mir werden, was wird mein Schicksal sein! Das Schwerste ist, daß man so nichts, nichts davon weiß, was einem bevorsteht, daß man so gar keine Zukunft hat, und daß man nicht einmalerraten kann, was aus einem werden wird. Und zurückzuschauen, davor graut mir einfach! Dort liegt soviel Leid und Qual, daß das Herz mir schon bei der bloßen Erinnerung brechen will. Mein Leben lang werde ich unter Tränen die Menschen anklagen, die mich zugrunde gerichtet haben. Diese schrecklichen Menschen!
Es dunkelt schon. Es ist Zeit, daß ich mich wieder an die Arbeit mache. Ich würde Ihnen gern noch vieles schreiben, doch diesmal geht es nicht: die Arbeit muß zu einem bestimmten Tage fertig werden. Da muß ich mich beeilen. Briefe zu erhalten ist natürlich immer angenehm: es ist dann doch nicht so langweilig. Aber weshalb kommen Sie nicht selbst zu uns? Wirklich, warum nicht, Makar Alexejewitsch? Wir wohnen ja jetzt so nahe, und soviel freie Zeit werden Sie doch wohl haben. Also bitte, besuchen Sie uns! Ich sah heute Ihre Theresa. Sie sieht ganz krank aus. Sie hat mir so leid getan, daß ich ihr zwanzig Kopeken gab.
Ja, fast hätte ich es vergessen: schreiben Sie mir unbedingt alles möglichst ausführlichst – wie Sie leben, was um Sie herum vorgeht – alles! – Was es für Leute sind, die dort wohnen, und ob Sie auch in Frieden mit
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