Werke
sagte er endlich und warf den Knieriemen wieder auf den Tisch, »up so ’n Maaltied, as du von Dag holen hest, schallso ’n Motschion di wull gut dohn.« Dann schloß er die Tür auf, und Fru Naversch schlich wie ’ne Katze aus der Stube. »Nu nehm Se sick in acht«, rief der Meister hinterdrein, »dat ick mi nich ock ’n mal bi Är to Gaste laad.«
Seit der Zeit haben Frau Naversch und Frau Marthe sich niemals etwas wieder zugute getan; denn Frau Marthe hatte allen Appetit auf ihre Nebenmenschen verloren; und – Schnipp, schnapp, schnuut, min Stück is uut! –
»Das ist ein sonderbares Stück, Claas«, sagte ich und putzte mit meinem Taschenmesser unser Lichtendchen; »das hast du wohl selbst gemacht.«
»Nein«, versetzte Claas, »das hat mein Vater immer meiner Mutter erzählt, wenn sie den Mund nicht darüber halten konnte, daß die Frau Muhme so breite Knüppels auf der Dormeuse trage.«
»Aber hat denn dein Vater seine Frau auch mitunter mit dem Knieriemen gegerbt?« fragte ich.
»So alle Festtage einmal«, erwiderte Claas, »er sagte dann immer, das sei nach dem jütschen Lov. – Aber nun sollst du auch etwas erzählen; denn mir wird der Mund trocken, und es ist hier auch gewaltig heiß in der Tonne.«
»Ich kann besser hören, lieber Claas«, sagte ich, »erzähle nur noch ein einziges kleines Stück; dein Vater hat dir ja soviel Schönes erzählt. Ich will das Brett etwas von der Tonne schieben. – Siehst du, nun ist’s wieder ganz kühl und luftig!«
Und Claas ließ sich noch einmal bewegen und erzählte:
»Dree to beed«
Es wohnte einmal in einem Dorfe eine alte Frau, die hatte viel Geld und Gut. Nun hätte wohl mancher langfingrige Bursche sich gern sein Teil davon genommen; aber die Frau stand in dem Ruf, als könne ihr nichts verborgen bleiben. Trotzdem fanden sich jedoch drei Bursche, die nicht für voll dran glaubten und sich berieten, wie sie abends der Alten ein gut Stück Geld abholen möchten. Nun aber pflegte die Frau, wenn sie abends beim Spinnen das erstemal gähnte, zu sagen: »Dat wer een to Bedd«, wenn sie zum zweitenmal gähnte: »Dat weren twee«, und wenn sie beim drittenmal gesagt hatte: »Dat weren dree!«, so setzte sie hinzu: »Nu kaam ick!« und ging zu Bette.
Als nun Abend geworden war, so kam der erste von den drei Dieben und guckte ins Fenster, da saß die Alte noch bei ihrer Lampe und spann. »Oha!« sagte sie und gähnte, »dat wer een!« Der Bursche aber glaubte, die kluge Frau habe ihn gemeint und wisse um ihr ganzes Vorhaben. Da machte er lange Beine und lief zu den andern zurück und erzählte ihnen, wie es ihm ergangen. Darauf kam der zweite dran; der guckte auch ins Fenster, da gähnte die Frau zum zweitenmal und rief: »Oha, dat weren twee!« Da glaubte auch er, die Frau meine ihn damit, weil er der zweite war, und lief zurück wie der erste. – »Jüm sind man all dumme Jungens«, rief der dritte und machte sich ebenfalls auf den Weg. Als er aber ans Fenster kam, da gähnte die Alte zum drittenmal und rief: »Oha, dat weren dree!« Dann stieß sie das Spinnrad von sich, stand auf und setzte hinzu: »Nu kaam ick!« Da lief der dritte auch weg; die Frau aber ging ruhig in ihr Bett.
»Denn«, pflegte mein Vater zu sagen, »wer ein bös Gewissen hat, den kann ein altes Weib mit der Nachtmütze durchs Schlüsselloch jagen.«
Als Claas diese Geschichte auserzählt hatte, hörten wir die Turmuhr neun schlagen, und von der Hoftür aus rief die Magd zum Abendessen. Da nun auch unsre Lichtendchen allmählich eins nach dem andern verbrannt waren, so hatten für diesen Abend die Geschichten in der Tonne ein Ende.
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Märchen und Spukgeschichten
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Der kleine Häwelmann
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Es war einmal ein kleiner Junge, der hieß Häwelmann. Des Nachts schlief er in einem Rollenbett und auch des nachmittags, wenn er müde war; wenn er aber nicht müde war, so mußte seine Mutter ihn darin in der Stube umherfahren, und davon konnte er nie genug bekommen.
Nun lag der kleine Häwelmann eines Nachts in seinem Rollenbett und konnte nicht einschlafen; die Mutter aber schlief schon lange neben ihm in ihrem großen Himmelbett. »Mutter«, rief der kleine Häwelmann, »ich will fahren!« Und die Mutter langte im Schlaf mit dem Arm aus dem Bett und rollte die kleine Bettstelle hin und her, und wenn ihr der Arm müde werden wollte, so rief der kleine Häwelmann: »Mehr, mehr!«, und dann ging das Rollen wieder von vorne an. Endlich aber schlief sie gänzlich ein; und soviel
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