Whisky: Mord im schottischen Schloss (German Edition)
Vielleicht hat sie einen Auftrag verpatzt oder sie wusste zuviel, was auch immer. Das werde ich aus den beiden schon herausquetschen. Übrigens, warum gehst du mir aus dem Weg?“ fragte er.
„Ich? Du hast dich doch seit zwei Tagen in deinem Zimmer verschanzt. Und das ist auch besser so, oder?“
Er nickte traurig, küsste sie noch einmal, sagte gute Nacht und verließ sie.
Ihre Gedanken rasten. Ausgerechnet Thompson! Purer Zufall, dass er, wenn überhaupt, auch etwas mit der IRA zu tun hatte. Das würde ihm Schwierigkeiten machen…
Sie dachte noch einen Moment krampfhaft nach. Wie sollte sie Russell nur davon überzeugen, dass Thompson rein gar nichts mit der Affäre zu tun hatte? Sie fasste einen Entschluss.
Er hatte sich in den Sessel gesetzt, sich einen Drink genehmigt und wartete. Als er schon dachte, seine Nachtwache sei umsonst, klopfte es. Camilla.
Er tat so, als sei er überrascht.
„Nanu? So spät noch auf?“
„Sehr scheinst du dich ja nicht zu freuen über meinen Besuch“, sagte sie schmollend.
„Und ob ich mich freue“, antwortete er strahlend und ließ sie ein. Du ahnst nicht, wie sehr, fügte er im Stillen hinzu, nahm sie in den Arm und küsste sie. Sie machte sich halbherzig los und setzte sich auf das Sofa. Sie sah phantastisch aus – zum Anbeißen. Die Blässe war gewichen, sie sah nicht mehr so übernächtigt und durchscheinend wie am Anfang aus. Dazu dieses lange, blaue Wollkleid, das er ihr am liebsten auf der Stelle vom Leib gerissen hätte.
„Warum so offiziell? Ich habe auch ein Bett und die Auswahl meines breit gefächerten Angebotes kennst du noch nicht einmal andeutungsweise.“
„Lass das. Ich muss ernsthaft mit dir reden.“
„Ja, können wir das nicht unter einer kuscheligen Decke?“
„Ich glaube nicht, dass du noch mit mir unter einer Decke stecken willst, wenn ich fertig bin.“
Er zündete sich eine Zigarette an. „Ich wette, doch.“
Sie sahen sich einen Moment lang schweigend, abschätzend und verlangend an. Dann setzte er sich zu ihr und zog sie an sich. „Erzähle.“
Sie fing an, stockend erst und etwas verworren, aber er hütete sich, sie zu unterbrechen. Sie berichtete von allem, was sich seit ihrem ersten Besuch bei McLeish ereignet hatte, ließ nichts aus.
Als sie geendet hatte, schwieg er einen Moment beeindruckt.
„Warum hast du mir das nicht von Anfang an erzählt?“ fragte er leise.
„Na, hör mal! Das hätte mich doch zur Hauptverdächtigen gemacht.“
„Und warum kommst du jetzt damit heraus?“
„Weil ich nicht zulassen kann, dass du diesem Thompson etwas anhängst.“
Bingo. So hatten seine Menschenkenntnis und angewandte Psychologie wieder einmal ins Schwarze getroffen.
„Aber wer von den dreien es definitiv war, weißt du nicht? Oder magst du es nicht zugeben?“
„Ich weiß es wirklich nicht. Warum sollte ich damit noch hinterm Berg halten?“
„Denkst du, es war Robert?“
„Oder McLeish. Isabelle halte ich höchstens für fähig, die Maskerade an der Leiche veranstaltet zu habe.“
„Das, die Beseitigung ihrer Sachen und ihres Autos sind jetzt unwichtig. Wer hat den entscheidenden Schlag ausgeführt?“
Sie zuckte die Schultern. „Darüber habe ich mir auch schon das Gehirn zermartert. Ich glaube an ein Komplott.“
„Nein. Einer hat sie erledigt, die anderen waren vielleicht dabei und halfen, aber einer von ihnen ist der wahre Mörder.“
„Ist das nicht egal?“
„Gesetzlich nicht.“
Russell stand auf und holte Nachschub aus der Minibar.
„Ich möchte wissen, wen die drei Frauen morgens im Auto gesehen haben“, sagte Russell nachdenklich.
„Welche Frauen?“
Er zählte ihre Namen auf und was sie ausgesagt hatten.
„Das sind allesamt Ehefrauen der Destille-Mitarbeiter. Ich denke, dass sie sich verschworen haben, um McLeish zu decken. Schließlich steht und fällt ihr Job und ihre Existenz mit seiner Freiheit.“
Er nickte.
„Sag, hast du etwas von Robert gehört? Er wollte doch in Abständen von sich hören lassen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Noch nichts gehört. Er ist sehr vorsichtig, also wird er denken, dass die Telefone hier angezapft sind und sich erst bei mir melden, wenn ich wieder in Deutschland bin.“
„Was denkst du, wo er ist?“
„Das weiß der Himmel. Wie weit kann man mit einem Pferd durch die Weltgeschichte fahren, ohne es ernsthaft zu strapazieren?“
„Und ohne Mittel. Seine Quelle ist ja nun versiegt.“
„Ja.“
Nach einer Weile fragte sie: „Was
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