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Wie Die Iren Die Zivilisation Retteten

Wie Die Iren Die Zivilisation Retteten

Titel: Wie Die Iren Die Zivilisation Retteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Cahill
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einer Vision: Victorius, der »zahllose Briefe« in der Hand hält; einen davon übergibt er Patricius, der die Überschrift liest – VOX HIBERIONACUM, die
    Stimme der Iren. Im selben Moment hört er die Stimmen einer Men-
    schenmenge (bei einem Wald, der, wie Patricius sich erinnert, in der
    »Nähe des westlichen Meeres liegt*); sie rufen: »Wir bitten dich, komm und geh noch einmal mit uns.«
    »Mitten ins Herz getroffen«, kann er nicht weiterlesen – und wacht auf. So sehr er es auch versucht, er kann die Iren nicht vergessen. Die Visionen häufen sich, und Christus beginnt in ihm zu sprechen: »Er, der sein Leben für dich gegeben hat, er ist es, der in dir spricht.«
    Patricius, der geflohene Sklave, wird noch einmal berufen – als Sankt Patrick, Apostel der Iren.

    Patrick holt, was ihm als Schafhirte in Antrim an Bildung entgangen ist, nie auf. Sein ganzes Leben wird von seiner Unkenntnis des Latei-

    * Ich nehme an, gemeint ist das Irische Meer – »westlich« für die Briten, die da Publikum für P.s Bekenntnis sind. Andere, die an der Legende um Miliucc (eine König in Antrim) zweifeln, siedeln den Wald in Mayo und glauben, daß P. im Westen Irlands gedient hat. Eingedenks des Gebietes, in das er zurückkehrte, ist das unwahrscheinlich. Das Material zu P. ist voller solcher Schwierigkeiten:
    Die Matrosen, die P. retteten, hatten vielleicht auch keine Hunde geladen (je nach Manuskript) – obwohl sie mit Sicherheit irgendeine Fracht transportierten. Viele denken auch, daß die »Wüste« in Britannien war und daß P.s Gruppe achtundzwanzig Tage in dieselbe Richtung reiste! Auch die Daten bezüglich P.s Leben und Reisen sind umstritten. Für weitere Informationen vgl. die bibliographischen Quellen.

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    nischen und der darausfolgenden Unfähigkeit, mit gebildeten Män-
    nern auf deren Niveau zu kommunizieren, überschattet. Man fragt
    sich manchmal, wenn man sein Bekenntnis liest (Singular, im Gegensatz zum Plural bei Augustinus), ob der arme Mann überhaupt eine
    eigene Sprache besitzt. Seine Muttersprache war wahrscheinlich eine frühe Form des Walisischen, aber es ist ebenso wahrscheinlich, daß –
    wie in Augustinus’ Heim – nur die Diener in der Landessprache
    redeten und die Familie Latein sprach. Er kannte nur die elementaren Grundlagen des Latein – und wurde dann in eine neue Sprache hi-neingestoßen: Irisch, in mancher Hinsicht zwar dem Walisischen
    ähnlich, aber auch in dieser Periode bereits deutlich verschieden davon.
    Als er es nicht mehr länger erträgt, verläßt er seine Familie noch einmal und folgt seinen Stimmen nach Gallien – wahrscheinlich in das Inselkloster von Lérins vor der Küste des heutigen Cannes, wo er um eine theologische Ausbildung als Vorbereitung für die Ordination
    bittet. Patrick ist nicht der Typ, der viel klagt, daher können wir uns nur ausmalen, wie schwer ihm diese Ausbildung gefallen sein muß
    und wie oft er sich an die Stelle der quälenden Lernerei, auf die er so schlecht vorbereitet war, die Kälte und den Hunger von Antrim
    zurückgewünscht haben mag. In der Nacht vor seiner Ordination als Diakon beichtet er einem Freund eine bohrende Sünde, die er mit
    fünfzehn Jahren begangen hat, und erlangt Vergebung. Zu dieser Zeit und noch lange danach in der christlichen Geschichte bedeutete
    »Beichte« die Offenbarung seines Seelenzustandes vor der Öffentlichkeit – oder, wie es üblicher wurde, vor einem Freund, der dann die göttliche Vergebung bestätigen konnte. Diese private Beichte sollte Patrick im Alter wieder heimsuchen.
    Schließlich ist er ordinierter Priester und Bischof und damit praktisch der erste Missionsbischof der Geschichte. Wir glauben, daß die Apostel Jesu die Frohe Botschaft – Gospel, um den altenglischen
    Begriff zu verwenden – nach der Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten in Jerusalem predigten und daß sie vorhatten, sie »bis ans Ende der Welt« zu tragen. Bei den meisten wissen wir nicht genau, wie weit sie wirklich kamen, wenngleich wir meinen, daß Petrus in 94
    Rom mit dem Kopf nach unten ans Kreuz genagelt wurde. Thomas
    kam – zumindest der Legende nach – bis Indien. Der erste christliche Missionar aber, von dem wir ausführliche Zeugnisse besitzen, ist
    Paulus, keiner der ursprünglichen Apostel, aber einer, der, wie er sagt, »nicht von Menschen berufen wurde« – das heißt, berufen von einer Vision. Patrick könnte der zweite sein, der so berufen wurde.
    Bemerkenswert daran ist nicht, daß

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