Wie Feuer im Regen
da konnte er doch etwas mehr Gefühl zeigen!
"Seit wann weißt du es?"
Er wagte es nicht, sie anzusehen. "Was spielt das denn für eine Rolle? Seit zwei Tagen. Der alte Herr machte nie Anstalten, den Thron zu räumen. Aber kürzlich hat sein Arzt Herzprobleme festgestellt und anscheinend ist er doch so schlau, dass er seine restliche Zeit auf dem Golfplatz und nicht hinter dem Schreibtisch verbringen möchte."
"Was ist mit uns?" In dem Moment, als die Worte ihren Mund verließen, hätte Anne sich am liebsten die Zunge abgebissen.
Jetzt blickte er sie endlich an. "Darüber sollten wir nachdenken."
Darüber sollten wir nachdenken? Das war alles? Kein ´bitte komm mit mir`oder ein ´wir werden einen Weg finden, um zusammen zu sein`?
Sie atmete tief durch. Er hatte ihr nie gesagt, dass er sie liebte. Das hatte sie einfach nur angenommen. Wegen der Art, wie er sie ansah, sie berührte. Wegen seiner Küsse. Aber gesagt hatte er es nie. Auch hatte er ihr nie eine gemeinsame Zukunft versprochen. Aber sie kannten sich auch noch nicht so lange, dass derartige Pläne ein Thema gewesen wären.
Da sie nichts sagte, sprach er weiter. "Ich hatte dir von Anfang an gesagt, dass ich nicht für immer hier sein würde. Du wusstest, dass meine Heimat Australien ist und dass ich irgendwann dorthin zurückkehren würde."
"Irgendwann, ja! Aber doch nicht so schnell!"
"Für mich kam das Ganze auch überraschend, aber was soll ich machen? Ich wäre gerne noch eine Weile hier geblieben. Besonders, seit ich dich kennengelernt habe..." Er brach ab.
Wieder schossen ihr Jamies Worte in den Kopf. `Für Marc wirst du nie an erster Stelle stehen.`
Langsam erhob sie sich. "Ich werde jetzt nach Hause gehen."
"Anne, bitte", er griff nach ihrer Hand, "Bleib hier."
Auch viele Jahre später noch konnte Anne die Faszination nicht erklären, die von Marc ausging. Es war, als wäre er ein unwiderstehlicher Magnet für sie. Alles, was sie sich vorgenommen hatte, ihm zu sagen - sie konnte es nicht.
Die Souveränität, die ihr Leben beherrschte, war wie weggeblasen sobald er sie berührte.
Das Schönste, was Anne sich vorstellen konnte, war in seinen Armen zu liegen, am Strand in Cornwall, und ins Feuer zu blicken, das mit dem Regen kämpfte.
Aber in Wirklichkeit waren sie nicht viel mehr, als zwei Fremde.
Weder wußte sie, was er dachte und fühlte, noch würde sie ihn jemals so nahe an sich heran lassen, dass er in ihre Abgründe blicken könnte.
Es war ein schöner Traum gewesen, bestimmt von körperlicher Anziehung und Leidenschaft. Doch jetzt galt es, den Kopf wieder einzuschalten.
Dennoch fiel es ihr unendlich schwer, ihre Hand aus der seinen zu lösen. Nur der Gedanke an James machte es möglich.
Sie würde das Richtige tun und ihn nicht noch einmal enttäuschen.
Innerlich hasste sie sich dafür, dass sie es überhaupt in Erwägung gezogen hatte, die Nacht mit Marc zu verbringen. Nachdem er ihr weder seine Liebe gestanden, noch sie zum Mitgehen aufgefordert hatte.
Wie demütigend, dass sie die Tiefe seiner Gefühle überschätzt hatte.
Aber vielleicht war das ganz gut so.
Sie hatte sich ohnehin schon vor dieser Eröffnung für Jamie entschieden.
"Ich kann nicht. "
"Aber wir müssen über so vieles reden."
"Das denke ich nicht, Marc. Du hast doch schon alles gesagt."
Nachdem Anne gegangen war, setzte Marc sich unten ans Feuer.
Das hatte er wirklich vermasselt. Wieso konnte er ihr nicht sagen, was er wirklich dachte? Dass er gerne wieder nach Australien ging, weil diese oberflächliche Londoner Gesellschaft ihn anwiderte? Dass er es kaum erwarten konnte, mit nackten Füßen über den Strand zu laufen, unter Menschen zu leben, die waren wie er, deren Mentalität er teilte? Und vor allem, dass er sie liebte und sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen konnte? Er aber Angst hatte, sie würde ihn zurückweisen, wenn er sie bat, mitzukommen?
Immerhin hatte sie sich in London ein Leben aufgebaut, das man wahrscheinlich nicht so einfach zurück ließ. In Australien kannte sie niemanden. Hier hatte sie sich innerhalb kurzer Zeit in den Inner Circle integriert, nutzte ihn für private und geschäftliche Verbindungen und sie schien sich wohl zu fühlen.
Und dann gab es auch immer noch James Harkdale.
Marc wußte nicht, wie groß die Rolle war, die Jamie in Annes Leben spielte. Wenn er nachts nicht schlafen konnte, malte er sich aus, wie sich heimlich trafen. Dann versuchte er wieder, diese hässlichen Gedanken zu verdrängen. Anne war
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