Wie Feuer im Regen
davon zu laufen. Er war der letzte, mit dem sie sich jetzt auseinandersetzen wollte.
Aber James saß mitten im Zuschauerraum und bevor sie die Stufen auch nur halb geschafft hatte, stand er vor ihr.
"Ich habe nicht für dich gespielt."
"Chopins Nocturne. Mein Lieblingsstück."
Sie sagte ihm nicht, dass es eigentlich auch eines ihrer Lieblingsstücke war. "Etwas sehr Mainstream, sehr populär, findest du nicht?"
"Das macht die Harmonie der Töne nicht weniger perfekt."
"Ich dachte, du unterhältst dich noch mit dem Ersatzteillager für Körperteile?"
Er lachte auf. "Savannah? Welch treffender Vergleich!" Sofort wurde er wieder ernst. "Was hat Cheryl zu dir gesagt?"
"Was hat 'Savannah' zu dir gesagt?"
"Du zuerst."
"Cheryl meinte, ich hätte mich wohl für den falschen Mann entschieden."
Im Halbdunkel sah sie, wie er die Augen verdrehte. "Das sind Dinge, die sie gar nichts angehen. Sie hatte kein Recht, dir ihre Meinung aufzudrängen."
"Das sehe ich genauso."
"Nur interessehalber - hast du? Dich für den Falschen entschieden, meine ich."
Bevor sie antworten konnte, hörten sie Schritte auf dem Gang. Schnell nahm er ihren Arm und schob sie zwischen zwei Sitzreihen, wo sie sich hinkauerten wie unartige Kinder.
Die Tür wurde geöffnet und beide erkannten Marc in der sich scharf abgrenzenden Silhouette. Er sah sich kurz um und ging dann wieder weg.
"So ein Mist!", flüsterte Anne. "Er sucht mich. Ich muss zurück."
"Das beantwortet meine Frage dann wohl." Seine Stimme klang bitter. "Du kannst durch diese Tür nicht hinaus, das würde auffallen. Wir gehen durch den Geheimgang und ich bringe dich zu den Toiletten, dann tauchst du wenigstens aus der richtigen Richtung wieder auf."
Ohne ein weiteres Wort führte er sie nach oben in die Loge und durch den Gang in sein kleines Zimmer.
Sofort wollte er weitergehen, weil er es keine Sekunde mit Anne in einem Raum aushielt. Sie demütigte ihn unentwegt! Immer wenn er dachte, sie hätte doch Gefühle für ihn, führte sie ihm wieder vor Augen, dass Marc die Nummer eins war.
Aber sie hielt ihn zurück. "Warte! Du hast mir meine Frage nicht beantwortet."
"Du willst es wirklich wissen?" boshaft sah er sie an. "Savannah hat mir ins Ohr geflüstert, dass sie heute Nacht unbedingt bei mir bleiben möchte und mir jeden Wunsch von den Augen ablesen wird. Wirklich jeden. Das hat sie natürlich etwas eindeutiger formuliert, als ich gerade."
"Das kann unmöglich dein Ernst sein! Du ziehst doch nicht in Erwägung, mit dieser Person ins Bett zu gehen!"
"Ich glaube nicht, dass du in der Position bist, mir diesbezüglich Vorschriften zu machen."
"Aber das geht nicht Jamie! Ich bitte dich, es nicht zu tun."
Überrascht sah er sie an. In ihren Augen lag ein verdächtiges Glitzern. Weinte sie? Mit etwas weicherer Stimme fuhr er fort.
"Anne. Überlege dir bitte, was du da sagst. Du bist diejenige, die seit Monaten mit Harper ins Bett geht, obwohl du weißt, dass allein der Gedanke daran Folter für mich ist. Du hältst mich hin und spielst mit mir. DAS geht nicht. Entweder du verlässt ihn, oder du mischst dich nie wieder in mein Leben ein. Triff endlich eine Entscheidung! Marc ist nicht dumm, er wird wissen, dass zwischen uns etwas ist. Alle merken es."
Sie ließ die Schultern sinken.
"Geh nach Hause, Anne. Alleine. Und werde dir klar darüber, was du willst. Aber lass mich nicht zu lange warten."
"Und du gehst auch alleine heim?"
Er nickte. "Wir beide verlassen dieses Fest alleine."
Sie machte einen kleinen Schritt auf ihn zu. "Halt mich fest, Jamie."
Beinahe hätte er die Arme nach ihr ausgestreckt, aber dann wich er doch zurück. "Nein. Auf keinen Fall. Verlang nicht zu viel von mir, Anne. Regle deine Angelegenheiten, dann sehen wir weiter."
Nachdem Marc weder Anne noch James irgendwo in Thornhill Hall gefunden hatte, kehrte er wütend in den Ballsaal zurück.
"Wo ist sie?", fragte er Cheryl mit dem letzten Rest Beherrschung, den er aufbringen konnte. "Du hast zuletzt mit ihr gesprochen, danach ist sie hinaus gelaufen. Also - wo ist Anne?"
Zwei perfekt gezupfte Augenbrauen hoben sich. "Woher soll ich das wissen, Marc, Darling? Du musst schon selbst auf deine Freundin aufpassen, damit sie nicht davon flattert. Aber da ich deine bösen Gedanken kenne - falls du James suchst, der steht da drüben." Mit einem manikürten Fingernagel deutete sie nach links, wo die Blondine mit den großen Brüsten sich mit einem hasserfüllten Blick gerade von Jamie wegdrehte und in
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