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Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam

Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam

Titel: Wie ich nach Santiago de Compostela ging und ganz woanders ankam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: HanneLore Hallek
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können wir uns das Lachen verkneifen, doch Tön nimmt es mit Humor, sitzt mit uns in der Sonne und erzählt und erzählt. Von ihrer ersten Wanderung nach Santiago. Bis nach Südfrankreich ist sie von Holland gegangen, um zufällig einer alten Freundin zu begegnen, der an diesem Tag eine Tragödie widerfuhr. Da ist sie dort geblieben, als Beistand. Santiago musste warten. Beim zweiten Camino ist sie mit dem Rad gefahren. „Das hat mir Spaß gemacht, aber ich habe die Wanderer beneidet und mir gewünscht, den Weg noch einmal zu Fuß zu gehen. Jetzt will ich es versuchen. Seid ihr beiden richtige Pilger?“
    Die Frage ist seltsam. „Was meinst Du damit, was ist ein ,richtiger Pilger’?“
    „Ein Mensch, der sich aufmacht, um sich selbst kennen zu lernen, der zu Hause alle seine Angelegenheiten geregelt hat, um keine Verwicklung mit sich zu nehmen, ein Mensch, der Gott sucht und sich auf ihn einlässt.“
    Puh, darüber muss ich erst nachdenken.
    Wie lauteten noch die Worte, die ein gläubiger Mann vor einigen Monaten zu mir gesagt hat? „Sie sind ihr Leben lang auf der Suche nach ihrem Vater. — Sie werden ihn nur in Gott finden.“

    Kannst du dich erinnern, wie aufgewühlt ich damals war? Als hätte sich etwas in mir geöffnet und eine Verbindung zu meinem vertrauensvollen Kinderglauben wiederhergestellt.
    Nach Töns Frage kam ein ähnliches Gefühl in mir auf. Vielleicht bin ich wirklich eine ‚richtige Pilgerin’?

Ängste
Viscarret — Larrasoaña — Trinidad de Arre > 16,3 + 9 km

    Welch schaurige Nacht, trotz meines gemütlichen Bettes: Wo finde ich Maja wieder, wenn wir uns verlieren? — So viel Geld gebe ich für mich aus, das darf ich doch gar nicht...
    Von bisher nie gekannten Ängsten geplagt, lag ich wach, rechnete und überlegte, plante und suchte nach Sicherheit und Selbstwert.

    Und dann das süße Frühstück, noch schlimmer als in Huntto, so kann der Morgen für mich nicht gut werden. „Es gibt hier einen Laden, kauf Dir Obst.“ Tön macht mir Hoffnung, nachdem unsere Wirtin auf Fragen nach anderen Speisen nur mit Schulterzucken reagiert hat. Stempel in unsere Credenciale bekommen wir hier auch nicht. Dafür müssen wir noch einmal in die unfreundliche Bar von gestern und uns auf dem Weg dorthin von der grauenvollen Dorfköterhorde ankläffen lassen. Schon vor ruhigen Hunden habe ich Angst, diese sind Horror! Aber ich stelle mich tapfer, bin froh, dass sie mich nicht beißen, bloß weg hier. Nur noch schnell in den grandios rumpeligen Gemischtwarenladen am Ortsausgang, mich mit einem spanischen Wortschwall überschütten lassen, Äpfel kaufen, Käse probieren, Nüsse geschenkt bekommen und dann weiter. Aber nicht gleich. Am Brunnen auf dem Dorfplatz sitzt ein ganz junges deutsches Mädchen mit einem ratlosen Gesicht und zerrissenen Wanderschuhen in der Hand.
    „Können wir Dir helfen?“ „Mir ist eine Sohle abgefallen und mit meinen Reservesandalen kann ich auf diesen Wegen nicht gehen.“ Da ist guter Rat teuer. „Und ich bin extra um 6 Uhr in Roncesvalles losgegangen, damit ich heute weit komme. Ich hab doch nur drei Wochen Zeit.“ So früh? Sie hat es wohl wirklich eilig, aber wir können ihr nicht helfen. „Welche Schuhgröße hast Du?“ Ein alter spanischer Wanderer bietet ihr ein Paar Stoffturnschuhe an, sie zögert nicht lange, probiert sie an und macht sich mit dem freundlichen Herrn auf den Weg. Langsam, in seinem Tempo. Jetzt geht es nicht mehr nach ihrem Wollen...
    Kühl ist es auch heute, aber trocken. Gutes Wanderwetter. Vielleicht kommen wir weiter als gestern, doch es ist nicht leicht, wieder Tritt zu fassen. Der Rhythmus des Gehens muss sich einstellen, und wir müssen ein gemeinsames Tempo finden. Gut, dass der Weg auf einer geraden Piste neben der Straße beginnt und ich Ruhe habe, mich auf den neuen Tag einzulassen. Erst hinter dem nächsten Dorf geht es wieder bergauf, in einen herrlichen Forst aus Kiefern, Zypressen und Buchsbaum, in dessen Stille und Waldbodenduft sich meine Sinne beruhigen und Maja ihre schmerzenden Füße vergisst. Wir gehen langsam, plaudern, singen und freuen uns über die Blüten der blasslila Herbstzeitlosen zwischen meterhohem Heidekraut und Stieleichen. So könnte es gern bleiben, aber der Pfad wird steinig, steil und glitschig. Doch noch sind wir guter Dinge, rasten auf den Pasos de Roldan, flachen Riesensteinen, die so lang sind, wie der Schritt des Helden Roland gewesen sein soll. Wir legen uns ein Weilchen dort hin und haben es

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