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Wie im Film

Wie im Film

Titel: Wie im Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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noch im Sand lag.
    Eric schüttelte entschieden den Kopf und schien es sofort zu bereuen, denn seine Hand wanderte nun zu seiner Stirn, als sei ihm schwindlig.
    „Soll er mir ruhig alle Knochen brechen. Alles, was er mir antun kann, ist ein Witz gegen das hier.“
    Daniel kam langsam auf die Füße. Der Sand bot nicht gerade einen guten Untergrund, wenn man ohnehin wackelig auf den Beinen stand, aber er spürte immerhin, wie der Schmerz im Magen langsam erträglicher wurde.
    „Was geschieht denn gerade so Schreckliches mit dir, Eric? Ist es so furchtbar, wenn dir jemand freiwillig das gibt, was du eigentlich stehlen wolltest?“
    Erics Lippen bebten, die gerade ansatzweise getrocknete Wunde begann wieder zu bluten. Auch seine Stimme zitterte. „Du verstehst das nicht.“
    „Dann erkläre es mir!“, schrie Daniel, und seine Wut ging in ein Husten über, als sein Magen ihm mitteilte, dass er sich dringend mäßigen sollte.
    Während Daniel sich krümmte, trat Eric auf ihn zu, blieb dann direkt vor ihm stehen und streckte vorsichtig die Hände aus. Er stützte Daniel, gab ihm Halt, bis dieser seinen Hustenanfall im Griff hatte. Sofort zog Eric die Hände wieder weg und murmelte: „Ich hätte es nicht getan. Ich hätte dich nicht bestohlen.“
    „Ach, und warum nicht?“, krächzte Daniel.
    „Weil ich dich liebe.“
    Die Worte verhallten im Abendwind. Die Wellen spülten heftig gegen den Strand, weil kurz zuvor ein Schnellboot auf dem Weg zum Hafen vorbeigerauscht war und den Rhein auf diese Art in Aufruhr versetzt hatte. Und ebenso versetzten nun Erics Worte Daniel in Aufruhr. Ein paar Worte ... ein wenig Zeit, die vergeht, nur um dann zu offenbaren, wie viel Auswirkung sie haben. Sie brachten alles in Bewegung und brandeten wohl gleichsam bei beiden jungen Männern erst richtig ins Bewusstsein.
    Eric lachte freudlos auf, als er als einzige Antwort Daniels Schweigen empfing. „Vergiss es einfach“, murmelte er, „Es war nur ... ein dummer Trick, um an dein Geld zu kommen. Du weißt schon, ich mache die Kerle in mich verliebt und dann ... nehme ich sie aus. Geht ganz leicht. Man muss sich nur früh genug wieder aus dem Staub machen. Und wenn man ihnen noch mal über den Weg läuft, dann weiß man von nichts. Der Trick ist, nicht zu gierig zu sein, sodass die Wut des Geprellten sich in Grenzen hält und er irgendwann vergisst.“
    „Eric.“
    Eric unterbrach seinen gehetzten Redeschwall.
    „Ich liebe dich auch.“
    „Das kann nicht sein. Nicht nach dem, was du über mich weißt“, widersprach Eric.
    „Doch, das kann es. Und es ist so. Du verdammter, dickköpfiger Dieb!“
    Eric ging ein paar Schritte rückwärts, dann blieb er stehen und die heraufziehende Dunkelheit machte seine Gesichtszüge schwer erkennbar. Der Rhein zog ungerührt dahin; ruhiger nun, da der nächtliche Schiffsverkehr eingesetzt hatte und die Schnellboote und Ausflugsschiffe geankert hatten, oder in die Häfen verschwunden waren.
    „Du kannst mir nicht trauen. Du solltest mir nicht trauen!“
    Nun war es Daniel, der freudlos lachte. „Wenn du mir sagst, dass du mich nicht bestohlen hättest, dann glaube ich dir. Du hattest mehr als eine Gelegenheit dazu. Du hättest heute meine Wohnung ausräumen können und dich aus dem Staub machen. Aber das hast du nicht getan. Du hast meine Sachen durchwühlt. Du hast vermutlich alles gefunden, aber du hast nichts davon genommen. Stattdessen hast du dich über mein wertloses Fotoalbum hergemacht.“ Daniel lachte leise bei der Erinnerung an den kurzen Dialog, nachdem er die Wohnung betreten hatte. Dann sagte er mit überzeugter Stimme: „Du wolltest um keinen Preis einen Schlüssel zu meiner Wohnung annehmen. Ganz im Gegenteil — der Gedanke, dass Rocco bei dir einen Schlüssel zu meiner Wohnung finden könnte, hat dich regelrecht in Panik versetzt, so sehr, dass du lieber wieder einmal geflüchtet bist. Ich hatte nicht verstanden, warum dich das so aufgewühlt hat, aber jetzt verstehe ich es. Du brauchst nichts mehr vor mir zu verbergen. Ich kenne deine Pläne und ich weiß, dass du sie zu Roccos Ärger noch nicht erfolgreich umgesetzt hast.“
    Daniel ließ diese Wahrheit ein wenig wirken, bevor er fortfuhr. „Das einzige Materielle, was du mir je gestohlen hast, war mein Bildband, und den hast du mir zurückgebracht. Es gibt für mich keinen Grund, dir nicht zu trauen — wenn man mal davon absieht, dass du mir nie erzählt hast, dass du in einer Beziehung lebst ... welcher Art auch immer.

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