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Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Titel: Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James N. Frey
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Verhältnisse, einzig und allein vom Standpunkt des Autors aus gesehen.« John Gardner sagt in The Art of Fiction so ziemlich das gleiche: »Mit Thema ist hier nicht >Botschaft< gemeint - ein Wort, das kein guter Autor gern auf sein Werk

angewandt sieht - sondern das allgemeine Thema, wie das Thema einer abendlichen Debatte die weltweite Inflation sein könnte.«
    Okay? Ein Thema ist also eine m der Literatur immer wiederkehrende Idee. So könnte sich ein Roman mit folgenden Ideen befassen: die Unterschiede zwischen elterlicher Liebe und fleischlicher Lust; was wahrer Mut bedeutet; die Verpflichtung einer geisteskranken Mutter oder einem kriminellen Bruder gegenüber; wie man sich dem nahen Tod oder einer furchtbaren Krankheit stellt. Solche in der Literatur immer wiederkehrende Ideen sind Themen.
    Innerhalb dieser Darstellung wollen wir Themen als in der Literatur immer wiederkehrende Ideen definieren, als Aspekte der menschlichen Existenz, die im Laufe des Romans erforscht oder auf die Probe gestellt werden. Eine Prämisse, also die Festlegung dessen, was mit den Fi - guren als Ergebnis der Handlung einer Geschichte passiert, hat weder etwas mit Moral zu tun, noch ist sie das Thema.
    Nachdem wir nun die terminologischen Fragen geklärt haben, können wir uns den Einzelheiten zuwenden.
    WIE PRÄMISSEN FUNKTIONIEREN
    Wir wollen uns jetzt einige Prämissen ansehen und untersuchen, wie sie funktionieren. Beginnen wir mit einer Geschichte, die uns allen vertraut ist:
    Mama Schwein hat drei kleine Schweinchen. Eines Tages beschließt Mama Schwein, daß sie groß genug sind, um allein klarzukommen. Also schickt sie sie mit ein bißchen Geld in die Welt hinaus, damit sie sich ihre eigenen Häuser bauen können. Um Geld für aufregendere Dinge als solides Baumaterial zu sparen, baut das erste Schweinchen sein Haus aus Stroh und das zweite seins aus Stöcken. Das dritte Schweinchen baut sein Haus aus Steinen. Als der böse Wolf kommt, hat er die ersten beiden Häuser rasch umgeschmissen und ihre Bewohner verschlungen, doch als er zum dritten kommt, gelingt ihm das nicht. Also versucht er, durch den Kamin nach unten zu klettern, aber das Schweinchen hat einen Topf mit kochendem Wasser bereit, erwischt den Wolf und ißt Wolfseintopf zum Dinner.
    Was wäre hier die Prämisse? Ganz einfach: Dummheit führt zum Tod, Klugheit führt zum Glück.
    Mit anderen Worten, Gegenstand dieser Geschichte (also das, worum es geht) ist Dummheit und Klugheit. Es geht in dieser Geschichte nicht um den Bau von Häusern. Häuserbau ist das Umfeld, in dem die eigentliche Geschichte erzählt wird. Das Bauen von Häusern, die Handlung der Geschichte, machen den Text der Geschichte aus. Klugheit und Dummheit sind der Subtext der Geschichte, und der Subtext ist der eigentliche Gegenstand einer Geschichte. Die Handlung der Geschichte (der Text) beweist die Prämisse der Geschichte (den Subtext).
    Statt der Häuser hätten die Schweinchen auch Boote oder Flugzeuge oder sonstwas bauen können - der Subtext wäre derselbe geblieben. Die Handlung beweist, daß die ersten beiden Schweinchen dumm sind und das dritte klug.
    Nachdem der Autor die Prämisse formuliert hat, muß er sich fragen, ob es in der Geschichte Handlungen gibt, die nichts dazu beitragen, die Prämisse zu erfüllen. Gibt es irgendwelche irrelevanten Handlungen in »Drei kleine Schweinchen«? Sieht nicht so aus. Als nächstes sollte der Autor sich fragen, ob die Ereignisse der Geschichte die Prämisse adäquat erfüllen. Die dummen Schweinchen sterben und das kluge darf einen leckeren gekochten Wolf zum Abendessen verspeisen. Also gut, die Prämisse ist erfüllt.
    Einmal angenommen, es gäbe eine Episode, in der die Schweinchen zur Kirmes gehen und dort einige Schweinchendamen treffen, bei denen sie aber nicht landen können. Also gehen

sie nach Hause und betrinken sich. Würde das irgend etwas dazu beitragen, die Prämisse zu erfüllen? Nein. Also müßte es rausfliegen.
    Was wäre, wenn es eine Szene gäbe, in der das Schweinchen, das das Strohhaus gebaut hat, entkommt und den Wolf mit einem 44er Magnum erschießt? Das hätte doch wohl nichts mit Klugheit und Dummheit zu tun. Oder wenn gezeigt würde, wie das erste Schweinchen sein Haus bei einem Hurrikan verliert und ein zweites aus Lehm baut? Das wäre überflüssig, um die Prämisse zu erfüllen, also unnötig.
    Anfänger haben oft das Gefühl, daß das Formulieren einer Prämisse ihre Kreativität irgendwie einengt. Nichts könnte

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