Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie man leben soll: Roman (German Edition)

Wie man leben soll: Roman (German Edition)

Titel: Wie man leben soll: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
Vom Netzwerk:
vorstellen, wie infantil man dabei aussieht, und statt dessen Conny auf die Wangen küssen.
    – Ich höre aber heute noch
Talk Radio
, flüstert man ihr zu.
    Dass sie irritiert wirkt, darf einen nicht davon abhalten, sich die Zähne zu putzen und mit wahrer Grandezza in sein Zimmer zu stiefeln.
     
    Merke: Wenn man es eilig hat, soll man einen Umweg machen.
     
    Wenn man feststellt, dass das Katzenklo den Odeur von Pest und Schwefel verbreitet, sollte man Ascuas um Verzeihung bitten und die fälligen sanitären Maßnahmen auf den kommenden Tag verschieben, da ein Mann, der gerade mit großer Geste eine Runde verlassen hat, erheblich an Ansehen verliert, wenn er mit einer duftenden Katzenkiste zurückkehrt.
     
    Im Bett liegend, vernimmt man gedämpft die Stimmen aus der Küche. Man ist viel zu aufgeregt, um einzuschlafen.
    Um halb zwölf hört man, dass sich jemand im Flur verabschiedet. Fünf Minuten später fällt die Wohnungstür nochmals ins Schloss.
    Um zwölf sollte man leise das Radio einschalten und zur Sicherheit die Tür versperren.
    Es wird halb eins. Es wird eins. Man fragt sich, ob man nicht etwas überspannt ist. Man sollte schlafen. Kann es nicht. Draußen hört man die Freunde, die sich um das Telefon streiten.
    Man schaltet Licht an und blättert in
Der Schatz im Silbersee
. Ascuas legt sich auf das Buch. Sie schnurrt schon, ehe man sie streichelt. Das Luder. Man ärgert sich, dass man nichts zu trinken mitgenommen hat. Laura ist noch draußen. Ab und zu hört man ihr Lachen.
    Wieder wird ein Anrufer von Dieter Moor rausgeschmissen. Der nächste ist eine Frau, sie sagt:
    – Montag acht Uhr abends Café Paradox.
    Und legt auf.
    Dieter Moor ist außerordentlich verwundert über das, was ihm da mitgeteilt wurde. Man legt das Buch weg und knipst das Licht aus.
     
    Auch wenn man sehr müde ist, kann man nicht einschlafen, wenn man sich Wunschträumen hingibt.
    Man stellt sich vor, man steht mit dem Taxi am Standplatz. Ein Kerl steigt mit Conny ein. Er hat sie entführt und bedroht sie mit einer Pistole. Man wird gezwungen, loszufahren. Er reißt Conny an den Haaren. Man macht ihm einen Strich durch die Rechnung, man gibt Vollgas. Wie ein Irrer rast man durch die Stadt. Conny und der Entführer schreien vor Panik. Man befiehlt dem Kidnapper, die Pistole aus dem Fenster zu werfen. Er weigert sich. Schießen kann er aber bei diesem Tempo nicht. Erschreit. Man gibt noch mehr Gas. Weil man ein so brillanter Autofahrer ist, kann man das Fahrzeug am Limit beherrschen. Der Entführer jedoch bekommt immer mehr Angst. Er schleudert die Waffe auf die Straße. Man hält an, zerrt den verschüchterten Mann aus dem Wagen, verdreht ihm den Arm, er wimmert. In dieser Haltung wartet man auf das Eintreffen der Polizei. Conny windet sich nach draußen. Bewundernd starrt sie einen an, dankt. Paoletta ist auch plötzlich da.
    Diese Phantasie spielt man wieder und wieder durch. Man sagt sich, man müsse endlich schlafen, aber gleich kehrt der Traum zurück. Das letzte Mal wälzt man sich herum, als es draußen dämmert.

 
    Der Katzenfresser Eberhart
    hat altes Fleisch in seinem Bart
    er riecht und beißt den ganzen Tag
    ob deshalb ihn keiner leiden mag?
    Der Katzenfresser Eberhart
    Im Herzen alte Wespen hat
    Sie nagen ihn, sie nagen fein
    Das wird ein großes Glück nicht sein
    Der Katzenfresser Eberhart…
     
    – So geht das nicht, sagt die Frau im Fond. Das höre ich jetzt seit zehn Minuten.
    – Entschuldigen Sie bitte, sagt man und spürt, wie einem die Hitze in die Wangen steigt.
    Nachdem man die Frau abgesetzt hat, fährt man einen abgelegenen Standplatz an, kurbelt den Sitz nach hinten und schließt die Augen.
     
    Als Taxifahrer hat man viel Zeit, um nachzudenken.
    Die schwierigste Frage in einer Beziehung ist, ob man den anderen noch liebt oder ob man schon die Gewohnheit liebt. Das Bild von dem, was einmal war, das Bild dessen, was nicht ausgeblendet wird. Denn wenn man sich die Frage stellt, ob man noch liebt, blendet man alles, was in der Beziehung der Harmonie zuwiderläuft, aus, und sieht nur die guten Momente. Zumindest wenn man ein Sitzer ist. Laut
Die Persönlichkeit
ist ein Sitzer jemand,der in einer Beziehung sitzenbleibt, bis alles rund um ihn zusammenbricht.
    Wenn man ein siebenundachtzigprozentiger Sitzer ist, erschrickt man vor dem Gedanken, Laura zu verlassen, und freundet sich mit dem Gedanken an, zu Conny eine vom Geschlechtlichen unbeeinflusste Freundschaft aufzubauen.
    Wenn man ein nur

Weitere Kostenlose Bücher