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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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schaffen, er stopfte Mäntel und Schuhe in einen schwarzen Müllsack. Wieso räumt er ausgerechnet jetzt die Wintersachen weg?, dachte ich, doch dann ging mir auf, dass er die Sachen seines Lebensgefährten ausmusterte. Ich ging zu ihm.
    »Wollen Sie damit nicht lieber warten? Womöglich tut es Ihnen später Leid, alles weggeworfen zu haben .  «
    »Ich kann es nicht ertragen, Petris Sachen zu sehen«, antwortete er, hörte aber folgsam auf.
    Ich nahm ihm den Müllsack aus der Hand und stellte ihn beiseite. Im Flur war es schon fast dunkel, doch ich machte kein Licht. Vielleicht brauchte Laitinen das Halbdunkel, das die Konturen weicher machte und die traurige Wahrheit verhüllte. In der Stille, die uns umgab, hörte ich seinen Magen knurren. Dann klingelte Koivus Handy, er meldete sich und antwortete einsilbig. Offenbar hatten Lahde und Mela etwas herausgefunden.
    Wir standen noch eine Weile im Flur, dann hörte man draußen Motorengeräusch. Ein Wagen hielt und fuhr wieder weg, auf dem Gartenweg waren Schritte zu hören, und im nächsten Moment klingelte es. Tommi öffnete die Tür, und als er die Frau, die draußen stand, ansah, brachen beide in Tränen aus und fielen sich um den Hals. Ich zog mich ins Wohnzimmer zurück.
    »Mela hat angerufen. Er hat schon drei Zeugen, die einen Motorradfahrer gesehen haben. Da haben wir morgen viel zu tun«, seufzte Koivu.
    »Können wir jetzt gehen? «
    »Klar. Ich spreche nur noch kurz mit der Frau .  «
    Eila Honkavuori war eine der stattlichsten Frauen, die ich je gesehen hatte. Sie war groß, fast einsachtzig, und wog sicher hundert Kilo. Die langen schwarzen Locken reichten bis auf den Rücken, an Hals, Armen und Ohren klirrte Schmuck, das geblümte Batikkleid hatte einen weit schwingenden Rock. Ihr schönes rundes Gesicht war vom Weinen gerötet, die langen Wimpern schimmerten feucht. Ich stellte uns vor, hinterließ meine Karte und gab beiden zum Abschied die Hand. Die Frühlingsnacht roch intensiv nach frischer Erde, die Vögel sangen um die Wette.
    »Übernimm du bei der Morgenbesprechung die Aufgabenverteilung, ich muss nach Pasila zu einer HEV-Sitzung. Sucht weiter nach Augenzeugen und schaut euch an Ilveskivis Arbeitsplatz um. Am Nachmittag werden wir wohl eine Pressekonferenz abhalten müssen«, sagte ich, als ich Koivu vor dem Präsidium absetzte. »Ich bin gegen Mittag aus Pasila zurück, dann können wir den aktuellen Stand besprechen .  «
    Eigentlich glaube ich nicht an Vorahnungen, aber als mir auf der Vähän-Henttaantie eine schwarze Katze vor den Wagen lief, fuhr mir der Schreck in die Glieder. Zum Glück konnte ich rechtzeitig bremsen und hatte niemanden hinter mir. Trotzdem brauchte ich eine große Tasse Kamillentee und musste lange in dem Kinky-Friedman-Buch lesen, das Puupponen mir geliehen hatte, bevor ich endlich Schlaf fand.

DREI
    Ich wurde wach, als Iida ins Schlafzimmer tapste. Morgens schien die Sonne direkt auf ihr Bett, wir mussten unbedingt einen Vorhang besorgen. Sie krabbelte über Antti hinweg in die Mitte und fing an, mit meinen Haaren zu spielen. Das hatte sie schon als Baby gern getan. Später frühstückten wir in aller Ruhe. Die lakritzschwarzen Wintermorgen, an denen keiner so recht aus dem Bett fand und immer irgendein Handschuh verschwunden war, schienen in weiter Ferne zu liegen. Ich zog mein hellgraues Kostüm an und kämmte und schminkte mich sorgfältig, denn ich legte Wert darauf, bei der bevorstehenden Besprechung kompetent zu wirken. Ich würde nämlich wieder einmal die einzige Frau in der Runde sein.
    Iida grapschte nach meinem Lippenstift und schaffte es bei der Gelegenheit, den Inhalt meines Schmuckkästchens auf dem Boden zu verstreuen. Ich zählte dreimal nacheinander bis zehn, um sie nicht anzuschreien. Mit Geduld war ich noch nie gesegnet gewesen, da hatte ich im Umgang mit meinem Kind viel lernen müssen. Diesmal schafften wir es jedoch ohne Katastrophe zum Haus der Tagesmutter. Da Antti im Herbst mit der Arbeit an einem Emissionsmessungsprojekt des Meteorologischen Instituts begonnen hatte, hatten wir für Iida eine Betreuung suchen müssen. Wir hatten Glück gehabt, denn ihre Tagesmutter Helvi war eine humorvolle, vernünftige Frau. Wenn ich Iida abholte, redeten wir oft noch miteinander und verbesserten die Welt.
    »Heute Nachmittag holt Antti die Kleine ab, ich habe heute wieder einen entsetzlichen Tag«, seufzte ich, als ich Iida ablieferte.
    »Der Mord an dem Radfahrer? Ich hab in der Zeitung davon gelesen

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