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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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    »Genau der«, sagte ich kurz angebunden.
    Helvi hatte im Lauf des Winters gelernt, dass Polizisten der Schweigepflicht unterliegen. Zum Glück gehörte sie ohnehin nicht zu dem Menschenschlag, der sich daran ergötzte, über die grausigen Einzelheiten von Gewaltverbrechen zu reden. Ich fuhr in Richtung Pasila, wo die HEV-Sitzung stattfinden sollte, benannt nach den Anfangsbuchstaben der Städte Helsinki, Espoo und Vantaa, die zusammen die Hauptstadtregion bildeten. Die Polizeikräfte der drei Städte hatten eine gemeinsame Arbeitsgruppe zur Prävention von Drogenkriminalität gebildet, an der auch Vertreter der Gewaltdezernate teilnahmen, da Drogen bei einem Großteil der Gewaltverbrechen in der Hauptstadtregion eine Rolle spielten.
    Als ich an Laajalahti vorbeifuhr, bewunderte ich die Eisfläche auf der Meeresbucht, die an einen Baiserboden erinnerte. Das Eis war schon so brüchig, dass man die Wellenbewegung darunter deutlich erkennen konnte. Bald würde es ganz verschwunden sein. Nach einem langen, schneereichen Winter war es in der Osterwoche unvermutet Frühling geworden. Plötzlich war es zehn Grad wärmer, und die Schneefläche schmolz täglich um einige Zentimeter zusammen. Auf den Feldern sangen die Lerchen, und ich wartete ebenso sehnsüchtig auf die Ankunft der Bachstelzen wie unser Kater Einstein. Am Karfreitag hatte ich an einem sonnigen Wegrand den ersten Huflattich entdeckt. Danach hatte es jedoch einen Rückschlag gegeben. Erst jetzt, in der letzten Aprilwoche, hatte man allmählich wieder das Gefühl, es könnte in diesem Jahr doch noch Sommer werden.
    Als ich vor dem Polizeigebäude in Pasila hielt, klingelte mein Handy. Die angezeigte Nummer sagte mir nichts, doch den Namen der Anruferin kannte ich. Johanna Rasi war die Chefin der Grünen in Espoo. Sie erkundigte sich nach den Ermittlungen im Fall Petri Ilveskivi. Ich konnte ihr nicht viel sagen und zog mich mit der Behauptung aus der Affäre, die Sitzung fange gleich an.
    Im Polizeigebäude roch es genau wie damals, als ich vertretungsweise dort gearbeitet hatte. Die Spuren des zwei Jahre zurückliegenden Bombenanschlags waren beseitigt. Der Fußboden war frisch gebohnert, ich schlitterte auf meinen hohen Absätzen zum Konferenzraum.
    Wir einigten uns auf eine striktere Vorgehensweise, die eine verschärfte Kontrolle der Haftanstalten einschloss. Die unbegreifliche Leichtigkeit, im Gefängnis an Drogen zu kommen, war sowohl für die Polizei als auch für die Leiter der Gefängnisse ein heikles Thema, denn man musste davon ausgehen, dass es unter den eigenen Leuten Kuriere gab. Anders war die Situation kaum zu erklären.
    Im Herbst hatte ich einen Drogenkönig aus Espoo geschnappt, nachdem er versucht hatte, einen seiner Dealer, der in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte, in einem Waldsee zu ertränken. Pfadfinder hatten den bewusstlosen Mann gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Als er wieder zu Bewusstsein gekommen war, hatte er um Polizeischutz gebeten und nach langem Zureden ausgepackt. Das Ergebnis war eine ganze Serie langer Haftstrafen gewesen. Der Drogenkönig Salo hatte nach der Urteilsverkündung gedroht, den Staatsanwalt und mich umzubringen. Seitdem war unser Haus mit einer teuren Alarmanlage ausgerüstet.
    Salo war zu acht Jahren verurteilt worden, aber er hatte Verbindungen nach draußen. Deshalb fürchtete ich mich manchmal. Ich wählte meine Joggingstrecke sorgfältiger als früher und hatte unser Bett umgestellt, sodass man es nicht ins Visier nehmen konnte, ohne in den Bereich der Alarmanlage zu geraten. Vor allem für Drogenfahnder gehörten Morddrohungen mittlerweile zum Alltag. Kaum einer fühlte sich als Held, doch alle taten weiterhin ihre Arbeit.
    Auf typische Espooer Art fuhren der Kommissar des Rauschgiftdezernats und ich in getrennten Wagen zurück zum Präsidium. Mein Dienstzimmer lag im fünften Stock. Die Fenster gingen nach Süden, zur Autobahn Helsinki-Turku. Im Sommer war es dementsprechend heiß und laut. Ich zog die Jacke aus und wischte mir den Lippenstift ab.
    Aulikki Heinonen, die Vorsitzende der Stadtverwaltung, hatte eine Bitte um Rückruf hinterlassen. Ich wollte gerade nach dem Hörer greifen, als das Telefon klingelte.
    »Kallio«, meldete ich mich und erwartete, Koivus hellen Bass zu hören.
    »Spreche ich mit der Kriminalhauptkommissarin? «, fragte eine Männerstimme.
    »Ja, Kriminalhauptkommissarin Maria Kallio am Apparat .  «
    »Reijo Rahnasto, Stadtverordneter, guten Tag. Sie

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