Wie Sommerregen in der Wueste
für diesen Widerspruch herauszufinden. Jammerschade, dass er nur auf der beruflichen Schiene in ihre Nähe kam. Wir könnten Spaß zusammen haben, dachte Craig und fuhr sich erneut durchs feuchte Haar. Das Problem war nur, sie war viel zu nervös, um sich einfach müßig zurücklehnen zu können. Aber gerechterweise sollte man auch sagen, dass sie zu ehrlich war, um sich auf ein unverbindliches Abenteuer einzulassen. Und da er ihr das nicht vorhalten konnte, sollte er ihre Beziehung wirklich auf der beruflichen Schiene belassen.
Aber es gab zu viel Anziehungskraft. Anziehungskraft löste normalerweise Funken aus, und Funken entzündeten sich zu einem Brand. Und so viel war sicher: Im Augenblick hatte er nicht die Zeit, um sich auf ein Großfeuer einzulassen.
Schulterzuckend griff Craig zum Telefon, um beim Zimmerservice Essen zu bestellen, als der Summer an seiner Tür ertönte.
Wenn es einen Menschen gab, den Craig nicht erwartet hatte, dann Amy.
Sie stand vor der Tür und balancierte auf der Hüfte eine große braune Lebensmitteltüte. Ihr Haar war offen – was er zum ersten Mal an ihr sah – und lockte sich auf ihre Schultern hinunter. Sie trug immer noch Jeans und T-Shirt, doch ihre Arbeitsstiefel hatte sie mit Turnschuhen getauscht. Die nächste Überraschung war, dass sie beinahe lächelte.
»Hi«, brachte sie heraus. Es war lächerlich, aber sie war noch nie so nervös gewesen.
»Hi.« Er lehnte sich an den Türrahmen. »Zufällig in der Nähe gewesen?«
»Nicht ganz.« Sie umfasste die Papiertüte fester, was ein verräterisches Geklapper auslöste. »Kann ich hereinkommen?«
»Sicher.« Er trat zurück und schloss hinter ihr die Tür.
»Schön hier.« Der Wohnraum war in Erdtönen gehalten, in Malven-, Umbra- und Sandfarben. An den Wänden hingen Radierungen, und vor den Fenstern waren Jalousien angebracht. Der Raum roch nach Seife genau wie Craig, frisch und sauber. Am liebsten hätte Amy auf dem Absatz kehrtgemacht. »Ich wollte mich entschuldigen.«
Unwillkürlich zog er eine Braue in die Höhe, während er sie musterte. Sie gibt ihr Möglichstes, erkannte Craig, und sie hasst jede Sekunde davon. Amüsiert entschied er sich, sie etwas zappeln zu lassen. »Wofür?«
Amy kämpfte um Selbstbeherrschung. Auf der Fahrt hierher hatte sie sich auf die Wahrscheinlichkeit eingestellt, dass Craig es ihr nicht leicht machen würde. »Dafür, dass ich heute Nachmittag so grob und undankbar war.«
»Nur heute Nachmittag?«
Es fiel ihr schwer, eine giftige Bemerkung hinunterzuschlucken. Die Entschuldigung war fällig, und sie wollte sie endlich hinter sich bringen. »Ja. Du hast mich heute tatsächlich im letzten Moment gerettet, und ich war undankbar und unfreundlich. Das war falsch von mir.« Ohne zu fragen, ging sie zu der Anrichte, die den Wohnraum von der Kochnische abtrennte. »Ich habe dir Bier mitgebracht.«
»Zum Trinken oder um es auf der Haut zu tragen?«
»Deine Entscheidung.« Sie brachte ein kleines Lächeln zustande. Auf magische Weise leuchteten ihre Augen, und der Zug um ihre Lippen wurde mit einem Mal ganz weich. Sie packte einen Sechserpack aus. »Und da ich nicht wusste, ob du schon gegessen hast, habe ich etwas mitgebracht.«
»Du hast mir Essen mitgebracht?«
»Nichts Besonderes. Nur ein Sandwich.« Sie packte eine etwa dreißig Zentimeter große, in weißes Papier eingewickelte Box aus.
»Nur ein Sandwich.«
»Ja.« Es folgte ein Styroporbehälter mit Pommes frites. Und wenn es mich umbringt, sprach sie sich im Stillen Mut zu, ich kriege die Wörter heraus. Warum sieht er mich bloß so an, als hätte er mehr Appetit auf mich als auf das Sandwich! »Ich wollte dir danken, dass du heute Nachmittag so schnell reagiert hast. Ich weiß nicht, ob ich noch rechtzeitig hätte zur Seite springen können, aber darum geht es auch nicht. Tatsache ist, du hast mich vor ernsten Verletzungen bewahrt, und ich habe dir anschließend nicht dafür gedankt. Offensichtlich hat es mich doch mehr mitgenommen, als ich wahrhaben wollte.«
So wie mich auch, dachte Craig. Er kam herüber und stellte sich neben sie. Sie hielt die leere Tüte, faltete sie zusammen und entfaltete sie wieder. Die Bewegung verriet ihm mehr, als es Worte vermocht hätten, welche Überwindung es sie gekostet hatte zu kommen. Er nahm ihr die Tüte ab und warf sie auf die Anrichte.
»Du hättest es ganz nett aufschreiben und den Zettel unter der Tür durchschieben können. Aber ich glaube nicht, dass das dein Stil ist.« Er
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