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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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hat sich seither geändert.

Erster Teil

Vom Traum globalisierter Märkte zum großen Albtraum?
    Über 30 Jahre galt als Leitmotiv: je freier und größer, desto besser – bis 2007 die große Krise ausbrach und mit ihr das Zweifeln. Seit sechs Jahren folgt nun ein Nachbeben dem anderen. Und die Frage drängt sich auf: War die Idee von der grenzenlosen Globalisierung der Finanzmärkte doch ein Fehler? Um das zu beantworten, ist es nötig, genauer hinzusehen – nicht nur über Bösewichte in Bankenetagen zu schimpfen. Und da lohnt es, in die Zeit der Anfänge dieser Welle zurückzublicken, als die Finanzströme zu explodieren begannen, Hedgefonds allmählich zu Geldriesen und Banker allmählich zu Hauptakteuren wurden. In eine Zeit, die ziemlich weit weg zu sein scheint – und doch plötzlich wieder ganz nah.

1.  Von der Illusion des Stabilitätsgaranten
    Als Margaret Thatcher im Mai 1979 in Großbritannien und Ronald Reagan im Januar 1981 in den USA an die Macht kamen, wurde noch kontrolliert, ob jemand Geld in einem anderen Land anlegen will, was bestenfalls nach Genehmigung und bis zu bestimmten Beträgen ging. Da durften Banken nur unter strengen Auflagen Kredite vergeben und keine Zinsen auf Girokonten geben, was das Geschäft schwer machte. Da war es Geschäftsbanken nur erlaubt, Einlagen einzuholen und Kredite zu vergeben – nicht, mit Wertpapieren zu spekulieren, was nur Investmentbanken durften, die aber kaum eine Rolle spielten.
    Da war es auch noch nicht so lange her, dass Wechselkurse an Devisenmärkten so gut wie gar nicht schwanken durften – wie es im Juli 1944 in Bretton Woods beschlossen worden war: ein Festkurssystem, das fast drei Jahrzehnte hielt. Damals gab es keine Zinsderivate und anderen Spekulationskonstrukte. Der virtuelle Handel mit Öl auf Termin machte weit weniger als die Hälfte des tatsächlichen Ölhandels aus.
    Dreißig Jahre schneller, höher, weiter
    All das sollte sich binnen weniger Jahre dramatisch ändern – und zu drei Jahrzehnten einer spektakulären Finanzglobalisierung führen, in der Boni hochschossen, Laien zu staunen begannen und in den Schalterhallen edler Teppich ausgelegt wurde. Den ersten Schub hatte es mit dem Auseinanderbrechen des Bretton-Woods-Systems schon 1973 gegeben. Das plötzliche Auf und Ab der Wechselkurse bot enormes Potenzialfür Spekulationswellen. Die Mark wertete gegenüber dem Dollar erst atemberaubend auf, um später drastisch abzuwerten.
    Bonjour, Casino. Noch Ende der 70er Jahre wurden an den globalen Devisenmärkten täglich 100 Milliarden Dollar gehandelt; zehn Jahre später waren es schon 590 Milliarden. Und auch das war nur der Anfang. Heute sind es fast 4 000 Milliarden Dollar – trotz des zwischenzeitlich verschwundenen Marktes für die früheren Euro-Währungen.
    In den USA folgten ab 1980 die nächsten Coups zugunsten globaler Finanzfreiheit, teils noch unter Ronald Reagans Vorgänger Jimmy Carter, der eine große Reform mit dem schönen Namen Monetary Control Act lancieren ließ, was im Nachhinein ein bisschen wie Hohn klingt. Jetzt konnten die Banken Zinsen auf Einlagen bezahlen, was nach der Diagnose von Nobelpreisträger Paul Krugman für sie ein enormer Anreiz war, möglichst hohe Risiken einzugehen, um den Kunden möglichst viel bieten zu können. Anno 1982 folgte unter Reagan der Garn-St. Germain Act, nach dem es für die Banken auch viel einfacher wurde, Kredite zu vergeben. Das Jahr sollte sich als eine Art Initialjahr für die Explosion der Finanzmärkte erweisen. In Großbritannien war es Margaret Thatchers »Big Bang« vom Oktober 1986, der dort den großen Startschuss zum Bankenboom gab. Zu dem Bang trug auch bei, dass nunmehr per Computer gehandelt wurde und die armen Händler am Parkett nicht mehr so furchtbar schreien mussten (open-cryout).
    Ein paar Jahre später folgte in der EU die Aufgabe jeglicher Kapitalkontrolle. In den USA schaffte Bill Clinton 1999 die Trennung zwischen Geschäfts- und Investmentbanken ab, womit auch normale Banken ordentlich spekulieren konnten. Die Schattenbanken erhielten da Auftrieb ebenso wie Finanzderivate, also jene sagenhaften Wetten auf künftige Kursentwicklungen von Aktien, Anleihen, Devisen oder Rohstoffen. Und: Je leistungsfähiger in dieser Zeit Computer wurden, desto mehr und schneller ließ sich zudem handeln. Was auch den Trend zu immer komplizierteren Finanzprodukten förderte. Da ließ sich irgendwann selbst mit Ausfallrisiken für Kredite mächtig spekulieren. Fertig

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