Wiedersehen in Barsaloi
verheiratet. Ihn in dieser Angelegenheit in Nairobi vorzuladen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, zumal er sicherlich auch nicht einsehen kann, wofür dies gut sein soll. Sein Leben ist so weit in Ordnung und Scheidungen sind bei den Samburu unbekannt, weil die Männer ja mehrere Frauen heiraten können.
Da ich als Ehefrau beim Verlassen Kenias von Lketinga erneut eine Ausreisebewilligung hätte bekommen müssen, ließ ich alles, wie es war, mit dem Bewusstsein, dieses Land vorläufig nicht mehr betreten zu können, obwohl ich viel an meine Familie dachte, vor allem an meine Schwiegermama, die Großmutter meiner Tochter. Wir würden weitersehen, wenn Napirai nach ihrer Volljährigkeit in ein paar Jahren ihren Vater besuchen möchte, und würden dann schon eine Lösung finden, beruhigte ich mich selber und verstaute die europäischen Scheidungspapiere erneut in einer Schublade.
Im Jahr 2003 bin ich den ganzen Herbst mit meinem Buch »Zurück aus Afrika« auf Lesereise, was mir großen Spaß bereitet. Auch laufen nun die Arbeiten für die Verfilmung meines ersten Buches auf Hochtouren und es bleibt nicht aus, dass ich zu den Besprechungen des Drehbuches öfter nach München fahre. Es ist schön, dass ich meine Einwände, Wünsche oder Bedenken einbringen kann, und so entsteht eine enge Zusammenarbeit, die meine oft gemischten Gefühle, die sich zwischendurch einschleichen, etwas beruhigen.
Dennoch ist es nicht einfach, mein gelebtes Leben nun mit anderen Namen und teilweise in gekürzter oder etwas abgeänderter Version lesen und durchleben zu müssen. Bei manchen Drehbuchszenen treibt es mir Tränen in die Augen und ich spüre, wie mich vieles wieder einholt. Gleichzeitig bin ich auch neugierig und stolz darauf, dass ein wichtiger Teil meines Lebens bald in den Kinos gezeigt werden soll. Napirai ist natürlich noch sehr skeptisch, was ich gut verstehen kann, da sie sich nicht mehr an diese Zeit erinnert und dadurch Gefahr läuft, den Film mit der Wirklichkeit zu verwechseln. Ich bete immer wieder, dass alles gut gehen wird und wir uns nie zu schämen brauchen.
Durch die Zusammenarbeit mit den Filmleuten entstehen einige Kontakte in Kenia. So fasse ich im Dezember spontan den Entschluss, die Scheidungspapiere wieder aus der Schublade zu holen und an einen neuen Bekannten in Nairobi zu faxen, mit der Bitte, meinen Fall durch einen Anwalt vor Ort abklären zu lassen. Wenn es je eine unkomplizierte Möglichkeit für die Anerkennung meiner Scheidung in Kenia geben sollte, dann jetzt, wo wir sachkundige Leute vor Ort kennen. Verlieren kann ich nichts und so warte ich die Antwort einfach ab.
Die Lesetour nimmt mich auch zu Beginn des neuen Jahres noch sehr in Anspruch. Es ist eine schöne Aufgabe, vor Hunderten von erwartungsvollen Menschen über meine Erlebnisse zu erzählen, um dann in fröhliche und erstaunte Gesichter zu sehen. Es macht mich glücklich zu hören, wie vielen Menschen ich nicht nur Lesevergnügen bereite, sondern auch Kraft und Mut für ihr eigenes Leben vermitteln kann. Mittlerweile kommt es mir fast wie eine Berufung vor.
Weil ich davon so erfüllt bin, realisiere ich zu spät, dass sich zu Hause eine private Katastrophe ereignet hat. Mein Lebensgefährte hat sich ganz leise aus unserer Beziehung geschlichen. Als ich es endlich bemerke, ist es schon zu spät. Ich bin tief traurig und gleichzeitig wütend. Mehr kann, will und darf ich dazu nicht äußern. Wieder ist etwas zerbrochen, was ich so nicht erwartet hätte. Nun weiß ich aber auch, dass bei aller Liebe meine inzwischen weltweit bekannte Vergangenheit für einen Mann an meiner Seite nicht einfach zu ertragen ist. Nach dem Spielfilm wird dies wahrscheinlich noch problematischer.
Dennoch möchte ich meinen Weg nicht mehr verlassen. Ich liebe meinen Beruf, der mir die Möglichkeit bietet, sowohl hier als auch in Afrika zu helfen. Meine Bücher tragen bei vielen Menschen zu einem besseren Verständnis zwischen Weißen und Schwarzen bei, wie ich zahllosen Leserzuschriften entnehmen kann. Gibt es eine schönere Aufgabe, gerade weil ich selbst einem Mischlingskind das Leben schenken durfte? Für mich steht fest: Ich werde weiterhin alles in meiner Macht Stehende tun, um mit Energie, Kraft und meinem Bekanntheitsgrad zu helfen. Dieses Wissen hilft mir bei der Aufarbeitung meiner Trauer um die zerbrochene Beziehung zu meinem Lebenspartner.
Ich stürze mich noch mehr in die Arbeit, die Freizeit verbringe ich mit meiner Tochter oder bei langen
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