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Wiedersehen in Harry's Bar

Wiedersehen in Harry's Bar

Titel: Wiedersehen in Harry's Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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irgendjemanden für die paar Kröten mit nach Europa nimmt.«
    »Perry geht auf Tournee«, sagte Mom, »mit seiner Band. Ist das nicht aufregend?«
    Annie verdrehte die Augen. »Ich bin schon total aus dem Häuschen.« Ironie war ihr neuer Ketchup, den sie über alles und jeden goss.
    »Ich sehe mir diesen Vertrag lieber mal an«, sagte Dad und zog seine Brille aus der Brusttasche seines Hemds.
    »Nicht nötig«, brummte Linus, dessen Hände von seinem Kopf zu seinem Bauch wanderten. Sein ursprünglicher Zorn war verraucht und einer, wie es aussah, chronischen Verdauungsstörung gewichen. »Ich trete Ihnen einfach in die Eier, dann haben Sie den richtigen Eindruck davon.«
    »Linus«, sagte Paula, »ich weiß, dass du am liebsten auf diese Weise verhandelst, aber –«
    » Verhandeln? «, heulte Linus auf und starrte sie ungläubig an. »Das nennst du verhandeln? Wie soll ich denn bitte schön über nichts verhandeln?«
    »Falls du es noch nicht gemerkt hast«, sagte Paula und legte den Arm um mich. »Ich stehe auf Perrys Seite. Ich bin ziemlich verrückt nach dem Burschen.«
    »Das ist ja die Höhe. Du bist echt gut.« Linus fuchtelte mit den Händen. »Sie ist echt gut. Das ist ja schlimmer als die Victory Tour der Jacksons, damals 84, als wir Tito in Vancouver zurücklassen mussten.«
    »Das reicht jetzt, Linus«, sagte ich. »Lass sie doch erst mal ausreden.«
    »So fängt’s immer an«, stöhnte Linus. »So fängt’s immer an …«
    Draußen in der Garage hatten Gitarre und Schlagzeug aufgehört, und ich hörte Caleb und Norrie ins Haus stolpern. Beide hielten eine Cola in der Hand und wollten wissen, wo ich so lange blieb. Als sie Linus, Paula und meine Eltern erblickten, blieben sie wie gelähmt stehen.
    »He, Alter«, sagte Norrie. »Was geht?«
    »Wenn du genau hinsiehst, kommst du bestimmt auch drauf, dass dieser Vertrag für eine unbekannte Band ohne internationalen Plattenvertrag absolut Standard ist«, sagte Paula. »Armitage arbeitet die Merchandising-Verträge fürT-Shirts und andere Gimmicks mit den Veranstaltern aus, und die Präsentation für Inchworm –«
    Caleb sah mich fragend an. »Was redet sie da, Perry?«
    Draußen schepperte es laut, und ein Blick aus dem Fenster zeigte mir, dass Sasha angekommen war. Er trug eine Lederhose und eine Federboa und strampelte auf der alten Zwölfgang-Schwinn, was bedeutete, dass sein Motorrad wieder kaputt war und irgendwo ganz hinten in der Garage seiner Mom Öl sabberte – aber diesmal schienen ihn diese Schicksalsschläge nicht im Geringsten zu stören. Stattdessen sprang er während der Fahrt vom Rad ab, ließ es gegen unsere Mülltonnen knallen und rannte bis vor unsere Tür, platzte ins Haus rein und glotzte mich, Caleb und Norrie mit einem breiten Grinsen an.
    »Habt ihr schon gehört, Jungs?« Er ließ beide Fäuste gleichzeitig vor und zurück fliegen. »Hat Linus es schon erzählt? Wir fahren nach Europa, ihr Knalltüten!«
    »Was?«, fragte Caleb. »Waaaas?«
    Norries Mund klappte auf. »Im Ernst?«
    »Aber hallo! Inchworms erste Welt-Tournee! Linus meint, sobald er den Vertrag verhandelt hat, kommen wir ganz groß raus, und –« Er drehte sich um. »Oh, hey, Linus.«
    Linus barg das Gesicht in den Händen. Durch die Finger hörte ich, dass er irgendetwas murmelte, dass er um Kraft betete, im Angesicht unüberwindlicher Hindernisse bestehen zu können – vor allem in Gestalt der Band, die er sich zu vertreten verpflichtet hatte.
    »Also«, sagte Paula, »kann ich jetzt Armitage anrufen und ihm sagen, dass wir uns einig sind?«

5
    »You Are a Tourist«
    – Death Cab for Cutie
    »Mann«, sagte Norrie, »habt ihr auch das Ge-Gefühl, als würden wir das schon ze-zehn Jahre machen?«
    Es war halb neun, italienische Zeit. Die Tournee-Band war gerade im Bahnhof Santa Lucia von Venedig eingerollt – was bedeutete, dass wir unsere Sachen selbst auf den Bahnsteig hievten, nachdem wir in den letzten Tagen im Zug die meiste Zeit Nintendo DS gespielt und versucht hatten, uns nicht gegenseitig auf die Nerven zu gehen.
    Die Zeit verwischte immer mehr. Mit Linus vorneweg hatten wir gestern um die Mittagszeit London verlassen, waren durch den Chunnel nach Paris gerast und heute nach dem Mittagessen nach Venedig weitergefahren.
    Alles hatte ein bisschen unsicher angefangen. Bei unserem ersten Gig in London konnte Caleb seine Stratocaster nicht finden, Norrie war vom Flugzeugessen immer noch schlecht, und die Hälfte unserer Verstärker war nicht für

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