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Wiener Requiem

Wiener Requiem

Titel: Wiener Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Jones
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scheint jemand zu sein, mit der man rechnen muss. Aber was hat das Ganze nun mit mir zu tun?«
    »Ja, das ist ja das Drama. Sie möchte, wie sie es ausdrückt, dass ein privater Ermittler ›gewisse Nachforschungen‹ durchführt. Mehr will sie mir dazu nicht sagen, aber da ich in meinen Erzählungen immer Ihren Scharfsinn gerühmt habe, möchte Alma Sie unbedingt treffen.«
    Werthen überlegte einen Moment. Es hörte sich nicht sehr vielversprechend an, sondern eher peinlich; als wollte die junge Frau ihn mit Mahlers Beschattung beauftragen, um herauszufinden, ob der Musiker eine Affäre hatte. Eine Ermittlung privater Natur also und dazu eine von der uninteressantesten Sorte.
    »Ich würde es als einen persönlichen Gefallen ansehen«, sagte Klimt.
    Der Maler sah ihn so erwartungsvoll an, dass Werthen schließlich nachgab.
    »Also gut, richten Sie ihr aus, sie soll einen Termin mit meiner Kanzlei vereinbaren. Ich werde sehen, ob ich in irgendeiner Weise behilflich sein kann.«
    »Bravo, Werthen. Sie geben also die alten Testamente und die Treuhänderei auf?«
    »Es ist eher so, dass ich diese Dinge ein wenig ruhen lasse.«
    »Und wie geht es Ihrer verehrten Gattin? Ich bedaure sehr, dass ich nicht zu Ihrer Vermählung habe kommen können. Ich war damals in Italien unabkömmlich.«
    »Es war eine ruhige Feier«, erwiderte Werthen. Sehr ruhig in der Tat, denn selbst seine eigenen Eltern waren nicht erschienen. Ihr Missfallen galt der Tatsache, dass es nur eine standesamtliche Heirat und keine kirchliche Trauung gewesen war.
    »Richten Sie ihr meine besten Grüße aus. Sie ist wahrlich ein ziemlich temperamentvolles Füllen!«
    Werthen war sich nicht ganz sicher, ob Berthe der Vergleich mit einem Pferd gefallen hätte, doch er verstand, was Klimt meinte.
    »Ja, das ist sie. Und ich bin ein glücklicher Mann.«
    Werthen wollte seinen Kaffee bezahlen, aber das ließ Klimt nicht zu. »Also bitte, Werthen. Beleidigen Sie mich nicht.«
    Klimt widmete sich den Resten seines Kuchens, als Werthen nach Hut und Mantel griff.
    Schon im Gehen sagte er: »Übrigens, Klimt …«
    »Ich weiß, mein alter Freund. Das Geld ist in der Post. Oder besser gesagt, es wird morgen in der Post sein.«

2. KAPITEL
    Klimt hatte recht, dachte Werthen. Sie ist wirklich eine Schönheit.
    Alma Schindler saß ihm in seinem Büro am Schreibtisch gegenüber. Seine Frau Berthe, die zurzeit einige Stunden in seiner Firma als Sekretärin arbeitete, saß mit gespitztem Bleistift hinter der jungen Dame in der Ecke.
    Fräulein Schindler trug einen Hut mit Federn, der bei einer Neunzehnjährigen viel zu altmodisch wirkte, dafür aber von Habig stammte, dem vornehmen Geschäft auf der Wiedner Straße. Als sie den Hut absetzte, sah man ihr Haar, das ganz nach der neuesten Mode frisiert war. Es war zu einer üppigen Hochfrisur aufgetürmt, mit vielen Wellen und Locken. Sie trug ein weißes Kleid mit Applikationen aus Spitze und Stickereien, einem hohen Kragen und Puffärmeln und darüber eine eng anliegende cremefarbene Weste mit dunklen Seidenstreifen. Werthen bewegte sich, was Mode anging, zwar auf unbekanntem Terrain, aber er meinte, ein ähnliches Gewand bei Fournier am Graben gesehen zu haben, einem exklusiven Modegeschäft.
    Äußerlich wirkte Fräulein Schindler wie eine schick gekleidete, vornehme Städterin. Sprach man jedoch mit ihr, erinnerte sie eher an eine frühreife Jugendliche. Sie war durchaus gebildet, aber etwas zu bemüht, dieses Wissen auch zu zeigen. Schließlich lebten sie in einer Zeit, die bei den Damen der Gesellschaftein zurückhaltendes Wesen und eher eine langweilige Gesetztheit bevorzugte.
    Werthen sah von Fräulein Schindler hinüber zu seiner Frau. Er wunderte sich, wie verschieden die zwei Frauen doch waren. Berthe war nur um wenige Jahre älter als die junge Alma Schindler, und doch strahlte sie eine Verlässlichkeit und Eigenständigkeit aus, die ihn immer wieder begeisterte. Alma Schindler dagegen wollte glänzen und sonnte sich dabei nur in unverdientem Ruhm. Berthe jedoch ruhte ganz in sich: souverän, selbstsicher und gelassen. Nur um ihren Mund lag häufig der Hauch eines spöttischen Lächelns, so als würde sie die Welt immer ein wenig amüsieren. Es waren nicht einzelne Züge ihres Äußeren, durch die sich Werthen zu Berthe hingezogen fühlte, auch nicht die rein körperliche Anziehungskraft; vielmehr ging ihr Reiz von ihrer ganzen Persönlichkeit aus. Sie war eben eine ruhige, gezähmte Schönheit, wie ein warmer

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