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Wiener Requiem

Wiener Requiem

Titel: Wiener Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Jones
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Bühnenwissen vermittelt. Im Prozess ging es um eine Anklage wegen Vandalismus. Beschuldigter war ein Bühnenarbeiter, dem seine Arbeit beim Grazer Stadttheater gekündigt worden war. In Graz, wie in Wien, war die Tradition noch immer eine sehr starke Kraft; die hergekommene, alte Weise wurde oft auch für die beste gehalten. So wurden die Bühnenbilder an der Hofoper noch immer durch reine Muskelkraft hochgezogen; mehrere Männer bewegten die Bühnenbilder, indem sie an Hanfseilen zogen. In der Tat, ein
» Hanf-Haus «
.
    »Es werden also Seile mit fliegenden Gegengewichten benutzt, nicht wahr?«, antwortete Werthen. »Herr Mahler ist wohl kein Anhänger dieser Tradition, wie ich hörte.«
    Nun zeigte Alma Schindler ein anderes Lächeln; kleinlaut erkannte sie das Wissen des Rechtsanwaltes an, weil siewohl begriff, dass er mit Lexikonwissen nicht zu beeindrucken war.
    »›Tradition ist Faulheit.‹ Das habe ich Mahler wohl hundert Mal sagen hören.« Sie lächelte wieder kokett. Werthen registrierte, dass sie nur Mahlers Nachnamen benutzt hatte, ohne ein »Herr« davorzusetzen, ein Zeichen angemaßter Nähe. »Se hen Sie, ich bin häufig bei den Proben anwesend. Mahler weiß davon natürlich nichts. Ein Freund von Carl … meinem Stiefvater, sorgt dafür, dass ich durch den Seiteneingang hineinschlüpfen kann. Dann sitze ich ganz still im vierten Rang.«
    Sie ließ einen Moment verstreichen, um diese Mitteilung wirken zu lassen.
    »Auch seine morgendliche Tasse Kamillentee wurde einmal mit Farbe vermischt, scheinbar unabsichtlich. Glücklicherweise hat Mahler nicht davon getrunken.«
    »Die Operndirektion sah keine Veranlassung zu einer Untersuchung?«
    »Das ist doch nur ein Haufen alter Memmen!«
    »Und was ist mit Mahler selbst? Hat er sich wegen dieser Vorkommnisse nicht beschwert?«
    »Er ist viel zu sehr mit seiner Musik beschäftigt, als dass er darin mehr als Zufälle sieht.«
    »Aber, Fräulein Schindler, warum sollte jemand Mahler schaden wollen? Er ist immerhin im Begriff, die musikalische Welt Wiens umzuwälzen, wenn man der Presse Glauben schenken mag.«
    »Bei einer solchen Umwälzung gibt es aber Gewinner und Verlierer.«
    Sie hatte natürlich recht, aber es klang Werthen ein bisschen zu melodramatisch. Einen Mann töten, nur weil er mitder Claque, den bezahlten Klatschern, aufräumen will? Weil er das Licht komplett löschen lässt, bevor eine Aufführung beginnt, und Zuschauer, die sich verspäten, erst in der Pause einlässt?
    »Und was soll ich Ihrem Wunsch nach unternehmen?«
    »Führen Sie eine Untersuchung durch. Finden Sie heraus, wer für diese Schandtaten verantwortlich ist. Stoppen Sie ihn … oder sie, bevor Mahler ernsthaft verletzt wird.«
    »Ich verstehe.« Werthen antwortete vollkommen ausdruckslos.
    »Ich bin bereit, dafür zu zahlen. Mein Vater hat mir ein geheimes Bankkonto eingerichtet. Mein richtiger Vater, meine ich.«
    Den Vorschlag tat Werthen mit einem Winken ab. »Lassen Sie uns zuerst einmal sehen, wie die Dinge wirklich liegen.«
    »Dann werden Sie meinem Anliegen also nachkommen?« Zum ersten Mal zeigte ihr Gesicht eine ehrliche Gemütsbewegung, und zwar kindliches Entzücken.
    »Ich möchte zunächst mit Herrn Mahler sprechen.«
    »Sie dürfen ihm aber nicht verraten, dass Sie in meinem Auftrag handeln.«
    »Meine Nachforschungen vollziehen sich in absoluter Diskretion, das versichere ich Ihnen.«
    Fräulein Schindler stand plötzlich auf und streckte ihre Hand aus.
    »Klimt hat ganz recht. Er findet Sie ganz wunderbar. Und das finde ich auch.«
    Er gab ihr die Hand und war überrascht von ihrem kräftigen Händedruck.
    Alma Schindler nickte Berthe kurz zu, ohne auf ihre Anwesenheit weiter einzugehen, und verließ dann die Kanzlei.
    Werthen und Berthe warteten einen Moment, bis auch die Haustür ins Schloss gefallen war.
    »Nun?«, sagte er.
    »Sie ist schwerhörig.«
    »Wie bitte?«
    »Jetzt sag mir nicht, dass du auch schlecht hörst.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Diese kleine Pose, als sie sich zu dir hinüberlehnte, als wollte sie sich bei dir einschmeicheln … Das war keineswegs der Grund. Fräulein Schindler hat einfach nur ein kleines Hörproblem. Ich hatte eine Freundin in der Schule, die es ganz ähnlich gemacht hat, und übrigens denselben Effekt bei den Jungen erzielte.«
    »Ich versichere dir …«, begann er.
    »Ach Karl, mach dir keine Gedanken. Sie ist ein attraktives Ding, das will ich gern zugestehen. Und sie ist außerdem ziemlich schlau. Das ist

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