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Wiener Schweigen

Wiener Schweigen

Titel: Wiener Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Strohschein
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nicht das Maul haltn würd. Doch die Alte hat nur herumgschrien und is auf mi losgangen. Da hab i sie vor ihre Hühnerbrust gstoßen, die Zehetmair ist wie ein Blattl Papier weiter ins Haus reingsegelt und dort liegn bliebn. I war froh, dass jetzt endlich a Ruh war.«
    Sie hatte sich über die Alte, die noch geatmet hatte, gebeugt und einen folgenschweren Entschluss gefasst. »Ich hol mir jetzt auch noch das restliche Gold, den Teil von deinem Vater.«
    Liebhart nickte. »Und wie ist es weitergegangen?«
    Frau Tobler hatte das Haus durchsucht. Im ersten Stock war eine Kommode gestanden, mit dicken Vorhängeschlössern versperrt. Sie hatte die Schlösser aufgebrochen, und als sie die Laden aufzog, war ihr derselbe sanfte goldene Schein wie damals im Krautkeller entgegengeleuchtet. Sie hatte den Schatz in ihr Auto gebracht, zuletzt ein Brustkreuz.
    Als sie an der alten Zehetmair hatte vorbeigehen wollen, war diese aufgewacht, hatte sofort wieder laut zu schreien begonnen und beim Versuch, aufzustehen, der Tobler kurz den Rücken zugedreht. In dem Moment hatte die, ohne viel nachzudenken, mit dem Brustkreuz zugeschlagen.
    Rosa bemerkte, wie Liebhart sich anspannte, sie selbst hing an Frau Toblers Lippen. Wir haben Andrzej also zu Unrecht verdächtigt, einen Menschen umgebracht zu haben, dachte sie.
    »Haben Sie Reue empfunden?«, fragte Liebhart.
    Rosa kannte die Antwort.
    »Na!« Die Tobler schüttelte heftig den Kopf.
    »Was haben Sie gemacht, nachdem Sie Frau Zehetmair erschlagen hatten?« Liebhart lehnte sich zurück und sah Frau Tobler mit schief geneigtem Kopf an.
    »Ich hab mir gedacht, jetzt erwischen s’ dich, wennst nicht alles verbrennst!«
    Sie hatte alte Zeitungen und Holz aufgeschichtet und den Stapel und die Einrichtung mit Benzin übergossen. Von draußen hatte sie dann durch ein geöffnetes Fenster ein Zündholz reingeworfen.
    »Dann hab ich gschaut, dass ich wegkomm!«
    Rosa fuhr nach Hause, als die Sonne gerade unterging. Das rötliche Licht war ein Zeichen des Hochsommers. Sie wollte noch in den Sellnersee springen. Sie sehnte sich nach dem kalten Wasser, das sie weit weg vom erbärmlichen Leben der Mörderin und zurück in ihr eigenes spülen sollte.
    Es war schon dunkel, als sie sich vom Steg in den See gleiten ließ. Schwimmen bei Dunkelheit war ihr nicht geheuer. Sie besiegte die Unsicherheit, indem sie mit kräftigen Zügen losschwamm. In der Mitte des Sees ließ sie sich am Rücken liegend treiben und sah hinauf zu den ersten Sternen, die blinkend am klaren Himmel standen. Ihr Herz pochte bis zum Hals, sie hatte Durst und war froh, weit weg vom Verhörraum in Wien zu sein. Schlagartig fiel ihr Mühlböck ein, und sie beschloss, sich morgen Abend bei ihm zu melden. Langsam schwamm sie wieder zurück.

22
    Am nächsten Tag saß Rosa um Punkt acht Uhr im Zimmer neben dem Vernehmungsraum. Sie hatte eine kleine Thermoskanne Kaffee dabei und zwei große Flaschen Mineralwasser.
    Liebhart trat ein und begrüßte sie. »Siegfried Böll hat gestern Abend gestanden, Kobald erschlagen zu haben.«
    Sie sah ihn lange an. »Nicht zu fassen, und das alles nur wegen einer Monstranz, die nicht einmal besonders wertvoll ist.«
    Als Liebhart gegangen war und kurze Zeit später den Vernehmungsraum betrat, in dem Frau Tobler schon wartete, atmete Rosa tief ein; wenigstens der eine Mord war aufgeklärt. Liebhart nickte Frau Tobler zur Begrüßung kurz zu und begann: »Was haben Sie mit dem Schatz von Frau Zehetmair gemacht?«
    »I hab alles in meinen Keller bracht und dort mit an Mittel sauber gmacht. I hab immer Stoffhandschuhe anghabt, damit i kane Fingertapser drauflass und das Gold schön glänzen konnt.«
    Deswegen waren keine Spuren von ihr auf dem Brustkreuz, dachte Rosa.
    »Dabei haben Sie die Aufzeichnungen der Mutter Zehetmair aus den Gegenständen geholt. Was haben Sie gedacht, als Sie die ganze Geschichte nun gekannt haben?«, wollte Liebhart wissen.
    »Recht gschieht’s denen, hab ich mir dacht.« Nach ein paar Sekunden fuhr sie fort: »Die habn sich dacht, dass ihna vergebn wird, wenns nachern der Kirche was spenden.« Sie lachte kurz hönisch auf.
    »Wieso haben Sie Andrzej Zieliński umgebracht?«
    Frau Tobler zuckte kurz zusammen. »Als die Zehetmair tot war, is der Pol rund um die Uhr vor meinem Haus gstanden. I hab Angst kriegt und mei Mutter in a Tuch eingschlagen und unter die Treppe im Keller hinter ein Regal gschoben. Als ob i gwusst hätt, dass der Pol bei mir einsteigen wird. Und

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