Wikinger der Liebe
Bisher habe ich von keinem einzigen gehört.«
»Dann müsst Ihr in Zukunft etwas aufmerksamer lauschen. Langsam interessiert Ihr mich, Lady. Irgendwas habt Ihr an Euch.«
Krysta glaubte, er würde sie nur deshalb so interessant finden, weil sie Hawk gehörte - einem Mann, der hoch über ihm stand und seinen Neid weckte. Aber was immer der Grund sein mochte, sie spürte auch seine Erregung. Von heftigem Ekel erfasst, versuchte sie, beiseite zu treten.
Da ergriff er ihr Kinn und zwang sie, ihn anzuschauen. »Seid bloß nicht kokett, das passt nicht zu Euch! Der Friede mit den Norwegern ist auch dem König von Mercia wichtig.«
»Dort gibt es keinen König«, entgegnete sie tonlos.
In seinen Augen erschien ein eigenartiges Glitzern. »Vorerst nicht. Aber in absehbarer Zeit.« Plötzlich presste er sie noch fester an die Wand, zerrte ihren Rock hoch und entblößte ihre Beine. »Möchtet Ihr nicht lieber Königin werden, statt einen einfachen Lord zu heiraten?«, murmelte er und rieb seine Hüften an ihren.
Jetzt rebellierte ihr Magen fast schmerzhaft. Wie würde es dem abscheulichen Lord Udell gefallen, wenn sie ihm ins Gesicht spie? Doch sie widerstand der Versuchung, denn sie erinnerte sich an eine Lektion ihres alten Freundes Thorgold.
»Es gibt Männer mit schwarzen Herzen, Mädchen«, hatte er in seiner bärbeißigen, aber liebevollen Art erklärt. »Skrupellos verfolgen sie ihre Ziele und gehen über Leichen. Wenn Ihr so einem begegnet, müsst Ihr Ruhe bewahren, und wenn er’s am wenigsten erwartet...«
Die Augen geschlossen, holte sie tief Atem und befolgte Thorgolds Rat. Blitzschnell hob sie ihr Knie und rammte es zwischen Udells Schenkel.
Sein Schrei schreckte die Stare auf, die in der Dachrinne nisteten. Mit schrillem Gezwitscher flatterten sie zum Himmel empor. Ächzend ließ er Krysta los und krümmte sich. »Elendes Biest! Wie könnt Ihr es wagen? Oh, ich werde...«
Verspätet erkannte sie, dass er trotz seiner geckenhaften Erscheinung ein Krieger war, an Schmerz gewöhnt. Als er sich auf sie stürzte, entrann sie seinem Griff nur um Haaresbreite. Zu ihrem Entsetzen klemmte die Tür, die in den Korridor führte. Für einen schrecklichen Augenblick fürchtete Krysta, nun wäre es um sie geschehen.
Bis glänzende schwarze Schwingen und ein heiseres Krächzen neue Hoffnung in ihr weckten. Ein Rabe flog in den Hof herab, gefolgt von noch einem und noch einem. Innerhalb weniger Sekunden verdunkelten sie die Luft, mit gnadenlosen Schnäbeln hackten sie auf Udell ein. Kreischend hob er die Hände und versuchte, seinen Kopf zu schützen - vergeblich. Blut strömte über sein Gesicht. Und die Vögel attackierten ihn immer noch.
Wie gelähmt vor kaltem Grauen, stand Krysta eine Zeit lang da und beobachtete die Szene. Dann wurde ihr die Gefahr bewusst, in der sie immer noch schwebte, und sie kehrte dem verzweifelten Lord den Rücken. Diesmal ließ sich die Tür öffnen. Während sie in den Korridor taumelte, sank Udell zu Boden. Mit letzter Kraft wehrte er die spitzen Schnäbel ab, die seine Augen bedrohten. Sein Gebrüll zerriss die beschauliche Stille der königlichen Schule. Entlang des ganzen Flurs flogen Türen auf, Lehrer und Studenten eilten heraus, um festzustellen, was geschehen war.
Krysta wartete nicht ab, bis sie entdeckt wurde. Die Röcke gerafft, rannte sie in die entgegengesetzte Richtung und bog um eine Ecke. Endlich erreichte sie die Haupthalle und blieb abrupt stehen. Obwohl es noch zu früh für das Abendessen war, hatten sich mehrere Leute in dem großen Raum versammelt. Als sie die neugierigen Blicke spürte, versuchte sie ruhig und gefasst zu erscheinen.
Zu ihrer maßlosen Erleichterung entdeckte sie Hawk und schluchzte beinahe vor Freude. Ohne lange zu überlegen, eilte sie zu ihm und zuckte erschrocken zusammen. Mit eisigen Augen starrte er sie an und trat einen Schritt zurück. »Ich habe dich gesucht, Krysta. Komm mit mir.«
Verwirrt begleitete sie ihn ins Treppenhaus, das zu den Gästezimmern führte. Einerseits war sie froh, den sensationslüsternen Höflingen zu entgehen, andererseits fürchtete sie Hawks frostige Miene. Sobald sie allein waren, stieß er wütend hervor: »Du bist zur Königin gegangen.« Offenbar war das eine Anklage.
Immer noch von Udells Angriff entnervt, verteidigte sie sich: »Nein, ich ging nicht zu ihr. Mir wurde übel, und Eahlswith war so freundlich, mich zu betreuen. Aus einem Impuls heraus erzählte ich ihr, was mich quält.«
»Soll ich etwa
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