Wikinger meiner Träume
willkommene Tarnung.
Der Stolz verbot ihr, in der Hütte zu bleiben. Entschlossen öffnete sie die Tür und trat in den Sonnenschein hinaus.
Dragon kauerte am Boden und schürte das Feuer. Bei ihrem Anblick stand er langsam auf. Wie gut sie aussieht, dachte er. Viel besser, als man das nach der ftächtlichen Störung vermuten sollte. Beklommen wich sie seinem Blick aus, und er spürte ihre Verlegenheit. Keine der zahlreichen Frauen, die er kannte, waren peinlich berührt gewesen, wenn sie einfach nur sein Bett geteilt hatten. Es sei denn, sie hätten sich ihrer Keuschheit geschämt... Aber die Wangen dieser jungen Frau glühten, und sie schaute überallhin, nur nicht in seine Richtung.
Belustigt verbarg er ein Lächeln und wandte sich wieder zum Feuer. »Wenn Ihr hungrig seid - hier ist Haferbrei.«
Nur zögernd kam sie näher. Aber sie wollte sein Angebot offenbar annehmen. Er füllte eine Holzschüssel mit Haferbrei, träufelte Honig darauf und fügte die Walderdbeeren hinzu, die er am Morgen gesammelt hatte.
Als er ihr die Schüssel und einen Löffel reichte, blinzelte sie erstaunt. »Noch ein Rezept von Eurem Freund?«
»Für Haferbrei braucht man kein Rezept.«
Wie ihre Miene verriet, dachte sie anders darüber. Aber sie schwieg und begann zu essen. Nach der ersten Kostprobe verschwand der Brei so schnell, dass sich Dragon unwillkürlich geschmeichelt fühlte.
»Da gibt's noch mehr«, bemerkte er. Doch sie schüttelte den Kopf, und die Verlegenheit kehrte zurück.
»Letzte Nacht...«
»Ihr hattet nur einen bösen Traum«, unterbrach er sie, um sie zu beruhigen. »Als ich Euch in die Arme genommen habe, seid Ihr wieder eingeschlafen - sonst ist nichts geschehen.«
»Danke - das war sehr freundlich von Euch.« Sie warf ihm einen kurzen Blick zu.
»Seid Ihr nicht an freundliche Menschen gewöhnt? Irgendwie habe ich diesen Eindruck gewonnen.«
Sie trug die Schüssel zu einem Wassereimer, der in der Nähe das Feuers stand, und spülte sie aus. Dann kehrte sie zu Dragon zurück. Vielleicht hatte sie sich seine Bemerkung, sie würde ihm hoffentlich bei den häuslichen Pflichten helfen, zu Herzen genommen.
Oder sie wollte Zeit gewinnen, bevor sie seine Frage beantwortete. Fürchtete sie etwas zu verraten, das ihre Identität enthüllen könnte?
»Ich bin so, wie ich bin«, erwiderte sie schließlich und wiederholte unbewusst seine Gedanken, die letzte Nacht seinem eigenen Charakter gegolten hatten.
Sind wir uns ähnlich, fragte er sich verwundert. Ja, allem Anschein nach - abgesehen von den offensichtlichen Unterschieden zwischen Mann und Frau. Er spürte ihren Stolz und ihre Kraft, ihre Tapferkeit, lauter Tugenden, die er auch sich selber zuschrieb.
Plötzlich lächelte er, und sie hob die Brauen. »Was findet Ihr denn so komisch?«
»Gerade dachte ich, Ihr würdet einer Kriegerin gleichen. Der Legende nach gibt es solche Geschöpfe.«
»Nicht nur der Legende nach. Boudicca hat tatsächlich gelebt.«
Boudicca? Nachdenklich runzelte er die Stirn, dann entsann er sich - Boudicca, die keltische Königin, die gegen die Römer gekämpft hatte. Früher hatte er sie für eine Sagengestalt gehalten, bis er nach Byzanz gesegelt und eines Besseren belehrt worden war. Wenn er ein Angelsachse wäre, würde er über jene Königin ebenso gut Bescheid wissen wie die junge Frau. »Und die Amazonen?«
»Wer sind sie?«
»Vielleicht werde ich Euch von diesen Kriegerinnen erzählen. Was wollt Ihr heute unternehmen?«
Mit seiner Frage überrumpelte er Rycca, und sie gab ihm die erstbeste Antwort, die ihr einfiel: »Meine Reise fortsetzen...«
Dragons Lächeln gefror zu einer Grimasse. »Wenigstens seid Ihr ehrlich.«
O ja, sie war ehrlich - gerade sie, die mit der Wahrheit so selbstverständlich umging wie andere Menschen mit ihrem Atem. Was das betraf, hatte sie keine Wahl. Aber dass auch er ihre angeborene Ehrlichkeit erkannte, überraschte sie. Plötzlich fühlte sie sich ihm noch enger verbunden als in der gemeinsamen Nacht.
Ohne Umschweife betonte sie: »Vor einigen Stunden hättet Ihr mit mir schlafen können, und ich wäre unfähig gewesen, Euch daran zu hindern. Das wissen wir beide. Trotzdem habt Ihr mich verschont, und deshalb frage ich - warum haltet Ihr mich hier fest?«
»Weil Ihr Euch durch meine Schuld verletzt habt. Das will ich wieder gutmachen. Erlaubt mir, Euch zu beschützen.«
»Ich werfe Euch nichts vor. Lasst mich gehen.«
Selbst wenn sie ihm den Unfall nicht anlastete - er fühlte sich
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