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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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Karriere machte? War vielleicht einer von diesen Überfliegern. Sicher hatte er nichts anderes im Kopf als seine Forschung. Archäologe sollte er sein. Soweit Hubert wusste, hatte das was mit altem Zeug zu tun. Tempeln und Ruinen oder so. War aber auch egal. Er hatte einen Auftrag, und den würde er heute ausführen. Er musste ihn ausführen. Weil er nur dann die zweite Hälfte der Kohle bekommen würde. Er nahm die Pistole in die Hand, die er gestern von einem Kumpel bekommen hatte. Ganz schön schwer, das Ding. Ob er überhaupt damit umgehen konnte? Aber sein Freund hatte ihm versichert, dass sogar ein Blinder mit dieser Waffe treffen würde. Und treffen musste er. Das war klar. Er sah auf seine billige Plastikuhr: Kurz vor sechs. Er musste los. In ein paar Minuten würde alles vorbei sein. Und morgen würde er sich schon mit dem restlichen Geld auf den Weg nach Indien machen. Dort würde er ein neues Leben beginnen. Weit weg von hier. Da, wo niemand etwas wusste von ihm. Alles würde anders werden. Besser. Natürlich besser. Denn schlechter als jetzt konnte es ihm gar nicht gehen. Nur ein kurzes Zögern noch, dann ließ er den Motor des alten Autos an. Und fädelte sich in den dichten Feierabendverkehr ein.
    Marie sah nervös auf die Uhr, als sie mit Jean aus dem Polizeirevier kam. Kurz vor sechs. Um acht ging der Flieger nach London. Nicht viel Zeit, um im Feierabendverkehr zum Flughafen Charles de Gaulle zu kommen. Sie hatten für den Bericht über den Diebstahl in der Rue Lombard doch länger gebraucht, als Marie gedacht hatte. Und jetzt musste sie zusehen, dass sie wegkam. Sie sah sich nach einem Taxi um. Aber sie hätte sich genauso gut eine Sänfte wünschen können. In Paris um diese Zeit ein Taxi zu bekommen, war komplett unmöglich. Eine Riesenstadt wie Paris, eine Weltmetropole, und es gab einfach zu wenig Taxis. Sie fluchte leise vor sich hin. Wieso hatte sie sich nicht längst das kleine Auto gekauft, von dem sie in solchen Momenten immer träumte? Sicher, es war ein Wahnsinn, in Paris ein Auto zu haben. Immer Stau, nie ein Parkplatz. Es würde sowieso die ganze Zeit unbenutzt herumstehen. Bis auf diese Zeiten, an denen sie zum Flughafen musste, um ihren Liebsten zu treffen.
    Â»Steig schon ein, ich fahr dich hin.« Jean hielt die Beifahrertür des Streifenwagens auf. Marie wollte dankend abwehren. Sie wollte Jean nicht den Feierabend verderben. Von der Stadtmitte zum Flughafen und wieder zurück würde es ihn mindestens zwei Stunden kosten. Das wollte sie ihm nicht antun.
    Â»Danke, das ist lieb. Aber ich nehm den Bus.«
    Doch Jean ließ nicht locker. Er war Marie dankbar dafür, dass sie ihn mit dem Bericht nicht allein gelassen hatte. Ohne sie würde er immer noch an der alten elektrischen Schreibmaschine sitzen, um mit seinem Zwei-Finger-Suchsystem die Aussagen der Tabakladenbesitzerin Madame Deneuve aufzuschreiben. Er hasste diese Schreibtischarbeit. So wie er es überhaupt hasste, in ein Büro eingesperrt zu sein. Sein Ding war der Dienst auf den Straßen. Dass er gezwungen war, täglich einen Bericht darüber aufzuschreiben, hatte er schon immer als eine persönliche Schikane empfunden. Nicht zuletzt deswegen hatte er es von Anfang an genossen, Marie als Kollegin an seine Seite gestellt bekommen zu haben. Marie, die sich ausdrücken konnte, der die Worte nur so aus den Fingern in die Maschine zu fließen schienen. Die ihn nie allein ließ mit dieser ungeliebten Aufgabe. Schon dafür würde er sie zum Flughafen fahren. Er hätte sie auch persönlich nach London getragen, wenn sie es von ihm verlangt hätte.
    Â»Los jetzt, sonst verpasst du den Flieger wirklich noch. Und ich kann dann am Montag wieder deine schlechte Laune ausbaden, weil du am Wochenende keinen Sex bekommen hast.«
    Â»Ich fahre nach London, weil ich mir ein paar Musicals ansehen will. Und in die Tate Gallery will ich auch.«
    Â»Klar. Und ansonsten wirst du gepflegt Tee trinken und diese abscheulichen Gurkensandwichs essen. Schon kapiert.«
    Das vertraute Geplänkel zwischen ihnen setzte sich fort, als Jean losfuhr. Marie lehnte sich entspannt in ihrem Sitz zurück. Ein bisschen mehr als drei Stunden noch, und sie würde mit Thomas im Bett liegen. Kein Musical, keine Ausstellung, das ganze Wochenende würden sie die Wohnung nicht verlassen. Sie würden den besten Sex des Königreichs haben. Dazwischen

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