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Wildhexe - Die Feuerprobe

Titel: Wildhexe - Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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fragte ich. »Das mit dem Lebensstrang ?«
    »Alle lebenden Wesen tragen etwas in sich, das wir den Lebensstrang nennen«, erklärte Frau Pomeranze. »Aus ihm kommt unsere Lebenskraft, und er ist es auch, der uns mit dem Rest der lebendigen Welt verbindet. Wenn er zerreißt, sterben wir.«
    Dann wäre Tumpe also fast gestorben. Chimära hätte ihn um ein Haar umgebracht. Das machte mich so wütend, dass die Teetasse in meiner Hand bebte.
    »Sie ist abscheulich«, sagte ich. »Sie ist abscheulich und böse und … gleichgültig .«
    Das Punkermädchen nickte. »Sie ist eiskalt. Solange sie nur kriegt, was sie will, ist ihr der Rest der Welt egal.«
    »Shanaia spricht aus Erfahrung«, sagte Frau Pomeranze. »Sie hat ihr Zuhause wegen Chimära verloren.«
    Shanaia. Das war der Name. Sie saß rittlings auf einem der Esstischstühle, die Arme auf der Rückenlehne verschränkt. Ihre Augen schimmerten weiß zwischen all der schwarzen Schminke, und sie trug schwarze, fingerlose Handschuhe mit Nieten über den Knöcheln. Ich fand, dass man leicht ein bisschen Angst vor Shanaia und ihrem Frettchen bekommen könnte, und deshalb war es sicher sehr gut, dass sie auf unserer Seite war und nicht auf Chimäras. Ich wollte sie gerade fragen, was passiert war, als sie ihr Zuhause verloren hatte, aber Herr Malkin kam mir zuvor.
    »Fräulein Clara, fahren Sie bitte fort. Wir haben heute Abend noch viel zu klären.«
    Und so musste ich den Rest erzählen. Wie Chimära mich auf die Wilden Wege geschleppt hatte und wie ich sie schließlich dazu gebracht hatte zu verschwinden.
    »Interessant«, murmelte Herr Malkin und strich sich mit einer Hand über den Bart. »Liebe Isa, darf ich dieses Halseisen einmal sehen? Denn du hast es doch gewiss mitgenommen, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Tante Isa und reichte ihm die Leinentasche, in die sie das Halseisen und den Stahldraht gepackt hatte, nachdem sie mich davon befreit hatte.
    Er öffnete die Tasche und schaute hinein. Dann schüttelte er den Inhalt vorsichtig auf den Sofatisch. Er nahm einen Kugelschreiber aus der Brusttasche seiner Tweedjacke und stocherte damit in der dünnen Metallkette herum, ohne sie mit den Fingern zu berühren.
    »Kaltes Eisen«, sagte er. »Kein Zweifel. Und dennoch hat es nicht gewirkt. Sonderbar.«
    Was meinte er damit, dass es »nicht gewirkt« hatte? Hals und Nacken taten mir immer noch weh, und hätte Tante Isa mich nicht gefunden, hätte ich es noch immer um den Hals – ich hätte es niemals selbst abnehmen können.
    Tante Isa bemerkte meine Verwirrung.
    »Kaltes Eisen ist das Gegenteil von Magie«, sagte sie. »Die meisten Wildhexen hätten große Schwierigkeiten gehabt, ihre Kräfte einzusetzen, solange sie damit verbunden sind. Aber dir ist es gelungen.«
    Das war schon seltsam, wo ich doch sonst so eine lausige Wildhexe war.
    »Das Einzige, was ich kann, ist HAUAB zu rufen«, sagte ich.
    »Ja. Vorläufig jedenfalls. Aber das beherrschst du dafür richtig gut.«
    Herr Malkin schob das Eisen zurück in die Tasche, wieder ohne es direkt zu berühren.
    »Hier haben wir unseren Beweis«, sagte er. »Das hier können die Rabenmütter nicht ignorieren.«
    »Die Rabenmütter?«, sagte ich. »Wer ist das?«
    »Der höchste Rat und das oberste Gericht der Wilden Welt«, sagte Herr Malkin. »Bis jetzt haben sie gezögert, aber nun werden sie gezwungen sein, etwas gegen Chimära zu unternehmen!«
    »Aber das würde bedeuten, dass Clara aussagen muss«, sagte Frau Pomeranze. »Isa, denkst du, sie ist schon so weit?«
    Meine Tante musterte mich mit diesem Taschenlampenblick, vor dem man sich nicht verstecken kann.
    »Sie ist ja kein kleines Mäuschen mehr«, sagte sie dann. »Nicht wahr, Clara?«
    Der Kater auf meinem Schoß gähnte und streckte mir eine Pfote ins Gesicht – nicht etwa, um mich zu kratzen, sondern um mir mitzuteilen, dass ich ihm den Bauch kraulen sollte. Ich tat ihm den Gefallen.
    »Natürlich nicht«, sagte ich. Aber ganz überzeugt war ich davon nicht.

14  DER RABENKESSEL
     
     
    Mama?«
    »Hallo, Mäuschen! Wie geht es dir?«
    »Gut.«
    Wieso sagte ich das bloß? Sie war so froh, mich zu hören, und sie war so weit weg. Hätte ich ihr die Wahrheit erzählt, hätte sie sich nur Sorgen gemacht. Vermutlich war das der Grund.
    »Gefällt es dir bei Tante Isa?«
    »Ja. Ja, hier ist es schön. Ich mag die Tiere. Aber ich … ich freue mich auch schon wieder so auf zu Hause.«
    »Das kann ich gut verstehen, mein Schatz. Was sagt Tante Isa denn? Ist es

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