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Wildhexe - Die Feuerprobe

Titel: Wildhexe - Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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bald sicher genug?«
    »Vielleicht schon in ein paar Tagen. Wenn … wenn alles klappt, wie es soll. Und … wenn ich einen Kater mit nach Hause bringen darf.«
    »Einen Kater?«
    »Äh, ja. Ist eine lange Geschichte. Darf ich?«
    Am anderen Ende der Leitung blieb es einen Moment still. Ich konnte hören, wie ein Teelöffel klirrend gegen einen Kaffeebecher schlug.
    »Ja …«, sagte Mama zögernd. »Ich denke, das geht in Ordnung. Wenn du dich selbst um ihn kümmerst!«
    »Das mache ich!«
    »Ist Tante Isa da?«
    »Sie unterhält sich gerade noch mit ein paar Gästen«, sagte ich schnell. »Bis bald. Kuss-kuss.«
    Ich legte auf, während Mama noch dabei war, sich zu verabschieden. Ich hätte gerne auch mit Oscar telefoniert, aber es war Zeit aufzubrechen.
     
    Es war ein bunter Haufen, der sich da am Gatter bei den weißen Steinen versammelt hatte. Ich saß auf Stjerne, damit ich mit meinem wehen Knie nicht mehr als nötig laufen musste. Die anderen gingen zu Fuß, mit Ausnahme von Frau Pomeranze, die auf einem großen, alten dunkelgrünen Damenfahrrad mit Oma-Lenker gekommen war. Ihr Fahrradkorb war mit Blumen geschmückt.
    »Ich bekomme Gicht in den Hüften, wenn ich zu lange laufen muss«, sagte sie entschuldigend, als sie meinen Blick bemerkte. »Mit dem Fahrrad geht es besser.«
    Kahlas Vater griff nach Stjernes Zügel.
    »Also, eigentlich kann ich reiten«, sagte ich, ein bisschen eingeschnappt.
    »Das ist schön«, sagte er. »Aber auf den Wilden Wegen zu reisen, ist mit einem kleinen Ausritt in den Wald nicht zu vergleichen.«
    »Es ist wichtig, dass wir zusammenbleiben«, mischte Herr Malkin sich ein. »Aber für den Fall, dass wir uns dennoch verlieren, weiß Meister Millaconda, wo wir hinmüssen. Du weißt das nicht.«
    Ich erinnerte mich daran, wie es gewesen war, so alleine auf den Wilden Wegen, ohne zu wissen, wo oben und wo unten, wo vorne und wo hinten war. Ich schauderte bei dem Gedanken und hatte plötzlich überhaupt nichts mehr dagegen, dass Kahlas Vater Stjerne führte. Und das, obwohl Kahla direkt daneben stand und sehen konnte, dass ich wie ein Ponykind geführt wurde. Sie schielte unter dem Rand ihrer Mütze zu mir hoch, aber eigentlich sah sie nicht sehr überlegen aus. Eher verwirrt und ängstlich. Ganz genau wie ich.
    »Seid ihr alle so weit?«, fragte Herr Malkin. »Gut. Dann gehen wir.«
    Zunächst trottete Stjerne einfach den Kiesweg hinunter, auf der einen Seite das Feld, auf der anderen der Wald. Aber dann fingen Herr Malkin und Frau Pomeranze an zu summen, und der Nebelschleier über dem Boden wurde nach und nach dichter und grauer. Bald schlossen sich die Nebel der Wilden Wege um uns, und ich konnte nichts mehr sehen außer Stjernes Hals und Ohren, Kahlas rot und gelb gestreifter Mütze, dem Kamelhaarmantelrücken ihres Vaters und Tante Isa, die genau vor uns lief. Tu-Tu saß auf ihrer Schulter und rieb seinen Schnabel an ihren Haaren. Das war sicher liebevoll gemeint, aber es sah aus, als hätte er etwas am Schnabel kleben, das er sich nur eben schnell abwischen wollte.
    Der schwarze Kater saß auf einem Lammfellkissen direkt hinter dem Sattel. Ich konnte seine Wärme an meinem Rücken spüren.
    In regelmäßigen Abständen stieß Herr Malkin, der ganz vorne ging, ein paar brummende Töne aus, die erst von Frau Pomeranze, dann von Isa und Kahlas Vater und schließlich von Shanaia, die hinter uns ging, wiederholt wurden. Ich wusste, worum es bei all dem Summen und Brummen ging – darum, den Weg zu finden, und darum, unsere kleine Truppe im Nebelland der Wilden Wege zusammenzuhalten. Wenn ich die Augen schloss, konnte ich die anderen gerade noch mit dem Wildsinn erspüren – Menschen wie Tiere. Aber ich traute mich nicht, es ernsthaft zu versuchen, außerdem wurde mir dabei schwindlig, und ich geriet auf Stjernes breitem Rücken ins Schwanken. Also ließ ich es lieber sein.
    Plötzlich landete etwas Kaltes, Nasses auf meiner Nase. Ich schielte unwillkürlich und sah, dass es eine Schneeflocke war. Um uns herum war der Nebel nicht mehr nur Nebel, es hatte angefangen zu flimmern und große, fransige weiße Flocken landeten auf unseren Haaren und Kleidern und auf Stjernes warmem Hals.
    »Sind wir bald da?«, fragte ich Meister Millaconda.
    Er nickte.
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte er.
    Da lichtete sich der Nebel. Wir befanden uns noch immer mitten im Wald, aber ich erkannte sofort, dass das hier nicht Tante Isas Wald war. Die Bäume waren uralt mit krummen schwarzen Stämmen, die

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