Wildnis: Thriller - Band 2 der Trilogie
ihr mich für euren Feind haltet. Und er hat euch am Entdeckungsprozess teilhaben lassen, damit ihr keine Zweifel hegt. Wahrscheinlich wollte er dich gegen mich einsetzen.“
„ Genau, davon hat er ganz am Ende gesprochen, er hatte aber noch keinen Plan. Irgendwie wollte er sich zunutze machen, dass ich dein Enkel bin.“
„ Wenn Logann nicht dazwischen gekommen wäre, hätte er sicher mit euch einen Plan entwickelt. Wie hat er es eingerichtet, dass ihr hinter die Verwandtschaftsbeziehungen gekommen seid?“
„ Er hat uns ausführlich aus seinem Leben erzählt, und als er zum verschwundenen Baby kam, hatte ich die Idee, dass Anna deine Enkelin sein könnte. Danach haben wir festgestellt, dass das nicht hinhaut, aber dass bei mir vieles passen würde.“
Albert nickte ihm zu und Jan zählte auf: „Meine Mutter ist im November 78 geboren, sie ist eher ein dunkler Typ, Opa arbeitete in Heidelberg für die Amerikaner, wo meine Mutter ihm anvertraut worden sein konnte, er und Oma waren beide recht alt und hatten noch keine Kinder, waren also potentiell an einer Adoption interessiert, und dann ... mir fällt nicht mehr alles ein, ach doch, eine Sache: Sie ist depressiv. Und ich bin wohl ein Ästhet und Oliver sagte, du seist auch einer.“
„ Das spricht in der Tat sehr stark dafür, dass du Lucias Enkel bist. Ohnehin hätte dich Oliver nicht geholt, wenn er sich nicht sicher wäre. Er muss meinen Detektiv erwischt haben.“ Albert sah Jans verständnislosen Blick. „Ich habe über die Jahrzehnte verschiedene Detektive eingesetzt, um das verschollene Mädchen zu finden. Anfang 2010 meldete einer, er habe sie vielleicht in Deutschland aufgespürt. Ab da habe ich nie wieder von ihm gehört.“
Jan atmete durch und bemühte sich, die neuen Perspektiven zu verarbeiten. Alles, was seit ihrer Entführung aus der Mine geschehen war, hatte eine andere Bedeutung, als er geglaubt hatte. Oliver hatte eine Welt der Täuschungen aufgebaut, um Jan zu einem Plan zu bewegen, der Albert den Kopf kosten sollte. Mit dieser Erkenntnis fügten sich viele Teile des Rätsels zusammen.
„ Wie hat er von Lucia gesprochen?“, nahm Albert die Befragung wieder auf.
„ Schwärmerisch, poetisch. Er war wie verwandelt.“
„ Glaubwürdig?“
„ Wie immer.“
Albert lächelte. „Hat er Logann erwähnt?“
„ Nein.“
„ Gar nicht? Bist du sicher?“
„ Nur am Rande, als wir vom Chix-Tal gesprochen haben.“
„ Was hat er über das Chix-Tal gesagt?“
„ Fast nichts. Wir haben es nur gestreift, als wir uns fragten, was deine Absicht sein könnte.“
„ Zu welchem Ergebnis seit ihr gekommen?“
„ Zu keinem. Du warst uns ein großes Rätsel.“
„ Hat er sonst irgendwelche Helfer erwähnt? Irgendwelche Orte?“
Jan überlegte. „Einen blonden Gangster, der für ihn arbeitet und uns in das Haus gefahren hat, aus dem uns Oliver befreit hat. Sonst niemanden.“
„ Und das FBI?“
„ Er hat uns überzeugt, dass der FBI-Einsatzleiter, der ihn jagen und auf uns aufpassen sollte, ein Verräter ist. Damit hat er wohl tatsächlich recht, im Nachhinein sind uns einige Hinweise aufgefallen. Und er hat vermutet, dass du noch weitere Leute beim FBI bestochen hast, weswegen wir nicht darauf bestanden haben, das FBI zu alarmieren.“
Albert nickte anerkennend. „Er war schon damals verdammt gut, und seitdem hat er ein halbes Leben lang hinzugelernt. Aber er hat auch Schwächen. Wie hat er sich Anna gegenüber verhalten?“
„ Noch unfreundlicher als bei mir, weil sie sich nicht alles hat gefallen lassen. Sie waren ständig am Rande eines Streits.“
„ Was hat sie sich nicht gefallen lassen?“, fragte Albert aufgeregt.
„ Vor allem, dass er entschied, wann wir worüber sprechen sollten.“
„ Ach so. Belästigt hat er sie nicht?“
„ Nein.“
Albert blickte enttäuscht.
„ Aber gestern Abend, da ist er versehentlich ins Bad, während sie geduscht hat. Sie hat geschrien und er ist wieder raus. Danach hat sie sich beklagt, weil er sie beglotzt hatte.“
„ Gut.“ Albert dachte angestrengt nach, die Augen zur Decke gerichtet. „Fällt dir noch etwas ein, wonach ich dich nicht gefragt habe und das wichtig sein könnte?“
„ Hm. Was mich überrascht hat, war, wie ausführlich uns Oliver seine Lebensgeschichte erzählt hat. Da dachte ich noch, das läge daran, dass er sich hat mitreißen lassen. Dazu passte ja auch sein plötzlicher Gefühlsüberschwang. Aber ich verstehe nicht, was er damit bezwecken
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