Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
Vom Netzwerk:
immer diese Hand mit dem Elektroschocker lenkte, es war nicht seine Freundin und sie würde keine Gnade kennen. Ein bläulich blitzender Faden verband die beiden Drähte, die Jan wieder an die Greifer eines Insekts erinnerten, und in rasender Abfolge dachte er, dass er fliehen musste, dass Anna schneller rennen konnte als er, dass es ohnehin zu spät zum Fliehen war und dass der elektrische Schlag schmerzen würde.
    Der Elektroschocker schoss auf ihn zu – und stoppte kurz vor seinem Gesicht, schwankte, schob sich einige Zentimeter näher, erlosch und sank zurück.
    Annas Lippen bewegten sich, sie atmete keuchend. Für einen Sekundenbruchteil hatte Jan das Gefühl, dass sie zu sich kam und alles verstand. Der Elektroschocker glitt ihr aus der Hand und verschwand im tiefen Gras. Sie zitterte und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Blindlings stürzte sie davon und schaute sich erst auf Höhe des Stegs um, woraufhin sie zu den abgestorbenen Eiben rannte und verschwand.
    Jan blickte ihr nach, gelähmt von dem Schreck. Sie hatte ihn verschont. Das traurige, furchtsame Mädchen hatte den Killer in ihr verdrängt. Und auch wenn dieses Mädchen nicht zu ihm gekommen war, um sich trösten zu lassen, so musste doch etwas in Anna ihn erkannt und den jähen Wechsel ausgelöst haben.
    Danke, wahre Anna, dachte er bei sich. Es war unwirklich, dass sie so plötzlich erschienen und schon nicht mehr da war, dass sie eben noch vor ihm gestanden hatte und nun davonrannte, auf der Straße oder durch den Wald, angstbesessen.
    Erst da fiel ihm Farid ein. Auf weichen Beinen lief er die letzten Meter zum Gartenhäuschen.
    Im hinteren Teil stapelten sich zusammengeklappte Gartenmöbel, unter dem Dach hing ein Kanu. Alles war gewöhnlicher eingerichtet, als Jan es sich bei ihrer nächtlichen Runde vorgestellt hatte, der weiße Plastiktisch in der Mitte des Raumes konnte aus einem Baumarkt stammen, die Stühle waren mit wasserabweisendem Nylon bezogen. Im Schatten des geschlossenen Türflügels lag Farid auf einer Sonnenliege, von Krämpfen geschüttelt. Seine weit aufgerissenen Augen klammerten sich an Jan, als der sich über ihn beugte und ihn sanft festhielt, doch zu sprechen vermochte er nicht.
    Jan fand in Farids Hosentasche ein Handy und wählte den Polizeinotruf. Er gab seinen Namen und Aufenthaltsort an, beschrieb den Zustand des Verletzten und nannte Anna als Täterin. Als er nach ihrer Kleidung gefragt wurde, zögerte er. Zunächst, weil er nur ihre Augen und den Elektroschocker sah. Dann, als er sich ins Gedächtnis gerufen hatte, wie sie aus dem Gartenhäuschen getreten war, mit einer Jeans und einem grauen Pulli bekleidet, sagte er aus einem instinktiven Wunsch heraus, sie zu schützen: Er wisse es nicht, alles sei so schnell gegangen.
    Farid stöhnte und quälte sich unverständliche Worte ab.
    Ja, er sei noch am Apparat, versicherte Jan dem Polizisten, und gerade sei ihm eingefallen, dass die Flüchtige eine Jeans und einen grauen Pulli getragen habe, weit geschnitten, eher eine Nummer zu groß, mit einer Kapuze.
    Der Polizist erklärte, die Einsatzwagen würden in wenigen Minuten eintreffen, bis dahin solle Jan im Gartenhäuschen warten und es nach Möglichkeit von innen verriegeln.
    Als Jan sich erhob, um den Türflügel zuzuziehen, fiel sein Blick auf eine Kommode am Fußende der Liege. Die Schubladen waren herausgezogen, ein Teil des Inhalts lag am Boden verstreut. Ein Stück entfernt stand ein kleiner Kanister mit Lampenöl, daneben lag eine offene Streichholzpackung. Sie war leer.
    Jan setzte sich wieder, schaute hinaus in den Morgen und sah vor seinem inneren Auge, wie Anna die Streichholzpackung öffnete und feststellte, dass sie leer war, die Schubladen durchwühlte und sich aufmachte, ein Streichholz oder Feuerzeug aus der Villa zu holen. So nahe konnten Leben und Tod beieinanderliegen ...
    Farids Zuckungen ließen nach, und als die erste Sirene zu hören war, richtete er sich mit Jans Hilfe auf und empfing die Polizisten wackelig im Sitzen. Sie wollten ihn versorgen, doch er lehnte ab und ließ sich wenige Minuten später vom Notarzt bestätigen, dass er lediglich Ruhe brauche.
    Kommissar Schiefer traf ein, gab einige Anweisungen für die Spurensicherung und nahm Jan mit sich. Wortlos gingen sie am See entlang hinaus auf den Steg. Erst als sie an dessen Ende standen, sagte der Kommissar: „Sie haben Herrn Benounes gerettet. Dass Sie ein feinsinniger junger Mann sind, wissen Sie bereits. Heute haben Sie bewiesen,

Weitere Kostenlose Bücher