Will Trent 03 - Letzte Worte
das Wort ab. » Mein Sohn ist Anwalt. Falls Sie noch weitere Fragen an mich haben, sollten Sie sich an ihn wenden. Kommen Sie, Darla. Meine Sendung fängt gleich an. «
Damit drehte sie das Laufgestell um und ging langsam ihre Einfahrt wieder hoch. Darla zuckte entschuldigend die Achseln, bevor sie ihr folgte.
» Ich glaube nicht, dass mir je eine ältere Dame im Laufgestell mit einem Anwalt gedroht hat «, murmelte Will.
Ein Sirren lag in der Luft, als hätte ein Schwarm Zikaden beschlossen, gemeinsam zu singen. Der Regen fiel weniger in dicken Tropfen, sondern als feiner Dunst. Will blinzelte, weil er Tropfen auf den Wimpern spürte.
» Und jetzt? «, fragte Lena.
» Ich schätze, das liegt an Ihnen. « Will schaute wieder auf die Zeitanzeige seines Handys. Charlie würde bald hier sein. » Sie können mit mir zum College zurückfahren, oder Sie können sich einen Anwalt suchen. «
Über die Antwort brauchte Lena nicht lange nachzudenken: » Mein Auto oder Ihres? «
13 . Kapitel
S ie hatten den Taylor Drive kaum verlassen, als der Himmel seine Schleusen öffnete. Die Sicht war extrem eingeschränkt. Lena fuhr mit weniger als dreißig Meilen über die überfluteten Straßen. Die Kälte bereitete ihr Schmerzen in der verletzten Hand. Sie bewegte die Finger, um den Blutfluss anzuregen. Sie hatte eindeutig eine Infektion. Ihr war zugleich heiß und kalt. Im Hinterkopf braute sich der Schmerz zusammen.
Trotzdem fühlte sie sich besser als seit Langem. Nicht nur weil sie die Verantwortung für Tommy übernommen hatte, sondern weil sie es geschafft hatte, sich noch ein letztes Mal herauszuwinden. Und es würde das letzte Mal sein. Von jetzt an hatte Lena vor, die Dinge auf die richtige Art zu tun. Sie würde keine Abkürzungen mehr nehmen. Sie würde keine Risiken mehr eingehen.
Frank konnte ihr nicht vorwerfen, dass er in sein eigenes Schwert gestürzt war, und falls er es doch tat, dann konnte er sie mal. Will Trent hatte sich alles zusammengereimt, was in der Garage passiert war, aber ohne Lena konnte er es nicht beweisen, und Lena würde nicht reden. Das war ihre Handhabe gegen Frank. Das war ihre Fahrkarte in die Freiheit. Wenn Frank sich zu Tode trinken und sein Leben auf der Straße riskieren wollte, dann war das allein seine Sache. Sie hatte damit nichts zu tun.
Tommy Brahams Tod war das Einzige, was noch immer schwer auf ihr lastete. Sie musste mit einem Anwalt darüber reden, wie sie sich dem County gegenüber verhalten sollte, aber sie würde die Verantwortung nicht abstreiten. Sie hatte eine Strafe verdient. Tommy war ihr Gefangener gewesen. Lena hatte ihm das Werkzeug, mit dem er sich das Leben nahm, so gut wie in die Hand gegeben. Sich des Systems zu bedienen und ein Schlupfloch zu finden kam überhaupt nicht infrage. Vielleicht verklagte Gordon Braham sie, vielleicht auch nicht. Sicher wusste Lena nur eines: dass sie fertig war mit dieser Stadt. So gern sie Polizistin war, sosehr sie diese Adrenalinstöße und dieses Gefühl brauchte, eine Arbeit zu machen, die kaum jemand sonst auf der Welt tun wollte – oder tun konnte –, jetzt musste sie ihr Leben ändern.
Will bewegte sich neben ihr auf dem Beifahrersitz. Er hatte bereits den halben Tag im Regen gestanden. Sein Pullover war nass, seine Jeans nie wirklich getrocknet. Man konnte vieles über den Mann sagen, aber mangelnde Entschlossenheit konnte man ihm nicht vorwerfen.
» Wann machen wir das jetzt?«, fragte sie. »Mein Geständnis, meine ich? «
» Warum die Eile? «
Sie zuckte die Achseln. Er würde es nicht verstehen. Lena war fünfunddreißig Jahre alt, und sie würde ihr Leben völlig umkrempeln und auf dem schwierigsten Arbeitsmarkt seit der Großen Depression neu anfangen müssen. Sie wollte es einfach hinter sich bringen. Das Nichtwissen war das Schlimmste. Sie würde aussteigen, aber was würde sie das kosten?
» Sie können ja immer noch einen Deal aushandeln «, sagte er.
» Man braucht einen Gegenwert, um einen Deal auszuhandeln. «
» Ich glaube, den haben Sie. «
Darauf ging sie nicht ein. Sie wussten beide, dass ihre Landung viel weicher werden würde, wenn sie Frank zu Fall brächte. Aber Frank hatte etwas gegen sie in der Hand, von denen Will nichts ahnte. Damit dies alles funktionierte, musste sie den Mund halten. Es war zu spät, um jetzt noch einen Rückzieher zu machen.
» Erzählen Sie mir von der Drogenlage in der Stadt «, sagte er.
Die Bitte überraschte sie. » Da gibt’s nicht viel zu sagen. Der
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