William von Saargnagel und der purpurne Traum (Episode 1 - Eine besondere Begegnung)
wartest. Die Pumas sind verdammt gefährlich und du bist noch zu jung, um sie dir erfolgreich vom Leib zu halten.«
Trotzig erwiderte Topsannah: »Ich bin nicht zu jung! Obwohl ich erst dreizehn bin, könnte ich es jederzeit mit einem ausgewachsenen Grizzly aufnehmen.« Naika musterte sie besorgt und Topsannah lenkte ein. »Na gut, versprochen. Ich warte am Hang des Bärentals auf dich.«
Nach einer Weile des Schweigens musste Naika auf einmal fürchterlich lachen. »Tut mir echt leid. Der Spruch hätte auch von meinem Vater sein können.«
»Aber wirklich.«
»Ich werde nicht mehr an deinem Mut und deiner Geschicklichkeit zweifeln, Topsannah.«
»Ist schon gut, hast ja nicht ganz unrecht.«
Sie schwiegen und der Wind wehte ihnen sanft um die Nasen. Verträumt schauten sie über den See und beobachteten, wie ein paar Fischer des Dorfes ihre Netze auswarfen. Die Fischer riefen Topsannah etwas zu. Sie stand kurz auf und wedelte wild mit ihren Armen und Händen.
Ein Weißkopfseeadler drehte über ihnen seine Runden. Sie saßen so still da, dass sich immer mehr Schmetterlinge auf ihnen niederließen.
Plötzlich flogen sie alle davon.
»Naika!«, ertönte hinter ihnen die Stimme ihres Vaters. »Haben wir dir nicht tausend Mal gesagt, du sollst dich von den Zweibeinern fernhalten?«
Erschrocken drehten sie sich um. Am Rand der Blumenwiese stand zähnefletschend ihr Vater Akai. Hinter ihm warteten ihre Mutter und die Patrouille, die zu Naikas Schutz abgestellt worden war. Wut flackerte in ihren Augen, schließlich machte sich Naika einen Spaß daraus, die beiden Wölfe auszutricksen.
» Nicht schon wieder. Woher wissen die in letzter Zeit immer, wo ich bin? « Eingeschüchtert und mit eingeklemmter Rute erwiderte sie: »Aber Papa! Sie ist meine Freun…«
Energisch unterbrach Akai sie. »Schluss damit, du kommst jetzt mit in die Höhlen!«
Mit gesenktem Kopf folgte Naika ihrem Rudel, schaute jedoch verstohlen ein paar Mal zurück. Topsannah war am See zurückgeblieben und beobachtete die Wölfe, die zurück in ihr Revier liefen.
»Es kann und darf niemals eine Freundschaft zwischen Wölfen und Zweibeinern geben. Früher oder später zeigen sie ihr wahres Gesicht!« Akai hielt seine übliche Standpredigt. Wie immer wenn er Naika erwischte, musste sie sich seine Geschichte anhören. Wie er einst in einem weit entfernten Tal sein linkes Augenlicht durch einen Zweibeiner verlor.
Sie hörte ihrem Vater überhaupt nicht zu. Diese Geschichte hatte sie schon so oft gehört. Sie ärgerte es sich darüber, dass er ihr nie erklärte, warum er einst so weit weg von Zuhause jagte.
Als sie endlich die Höhle erreichten, legte sich Naika wie gewöhnlich vor den Eingang.
»Musst du dich schon wieder vom Rudel abkapseln?«, fragte Akai zornig.
»Akai, es reicht! Lange genug habe ich mir das mit angeschaut. Wir müssen reden!«, mischte sich ihre Mutter in das Gespräch ein.
Akai schaute seine Gefährtin irritiert an. »Aber Tamia?«
Ihre Eltern gingen in die Höhle. Von draußen konnte Naika hören, wie sie heftig diskutierten. Tamia brüllte in der Höhle Akai an. »So geht das auf keinen Fall weiter. Deine Tochter ist wie du, sie ist stickhaarig, ehrgeizig und will mit dem Kopf durch die Wand. Erinnere dich mal daran, was du in ihrem Alter angestellt hast. Wer hatte denn nur Blödsinn im Kopf? Wer ve rsuchte, mir mit total verrückten Ideen den Hof zu machen?«
»Deswegen versuche ich, sie zu schützen. Damit sie nicht dieselben Fehler macht wie ich«, entgegnete Akai.
Zum ersten Mal erlebte Naika, dass ihre Mutter sich einmischte. Was sie erstaunte, da sie sich immer zurückhaltend verhielt.
»Du verschließt deine Augen vor der Wahrheit! Die Zweibeiner aus unserm Tal haben noch nie einen der unseren angegriffen. Vergleiche sie nicht mit denen von außerhalb. Außerdem kannst du sie nicht ewig beschützen. Schau dich doch mal genauer um. Unser und das andere Rudel bestehen überwiegend aus Altwölfen. Die meisten von ihnen können kaum noch selbst jagen. Eines Tages wird Naika alleine im Tal leben.«
So sehr sich Naika auch anstrengte, sie konnte aus der Höhle kein klares Wort mehr verstehen. Nach einer Weile übermannte sie die Müdigkeit und sie schlief tief und fest ein.
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