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Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen auf Skios: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frayn
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Abstand vom Kai mit Sprüngen zu überbrücken. Eine Frau mit tiefausgeschnittenem Abendkleid und hochaufgetürmter Frisur, offenbar eine wichtige Persönlichkeit, sieht man am Kai stehen und mit den Armen den Booten hinterherfuchteln, da sie in der Hektik wohl beiseite gestoßen und vergessen worden ist. Ein zur Why Worry aus Dubrovnik gehörendes Schnellboot wird von der Happy Days aus Izmir über den Haufen gefahren. Ein Hubschrauber, der vom Helipad abgehoben hat, schwebt über der Szene, möglicherweise mit menschenfreundlichen Absichten, und richtet seinen Scheinwerfer auf die kollidierenden Boote und die Personen im Wasser, die darum kämpfen, eine Rettungsleine oder einen Rettungsring zu fassen zu kriegen. Ein Boot gerät in den Abwind der Rotorblätter des Hubschraubers und kentert. Überraschenderweise holt die Polizei später nur dreizehn Leichen aus dem Wasser.
    Die Ereignisse auf der Baustelle des neues Swimmingpools in der Nähe von Epiktet waren schwieriger zu rekonstruieren, da Reg Bolt offenbar alle Überwachungskameras ausgeschaltet hatte. Der Kranführer, der gerade die riesige Kiste auf die Ladefläche des Lkw hinabsenkte, hatte vermutlich die Flucht ergriffen, als die ersten Schüsse fielen. Gleiches gilt für den Lkw-Fahrer, da die Kiste offensichtlich unkontrolliert herunterkrachte, Hals über Kopf den Hügel hinunterrumpelte und aufbrach, um ihren Inhalt zu enthüllen.
    Wie sich jetzt erwies, hatte Nikki unrecht, wenn sie glaubte, dass sie hinter dem Bauzaun Tote vergruben. Sie gruben sie vielmehr aus. Wunderschöne Tote, die jetzt, da sie gefunden worden waren, gar nicht Mr. Papadopoulou oder der Fred-Toppler-Stiftung gehörten, sondern der Republik Hellas und der Menschheit im allgemeinen.
    Oder hätten gehören sollen.
    Es war die größte und schönste aller exhumierten Toten, die aus dem Gefängnis ihrer Verpackung gebrochen war. Der erste, der sie sah, war Chris Binns, der am Fenster von Epiktet stand, mit der zweiten Strophe seines Gedichts kämpfte und keinen blassen Schimmer hatte, was der ganze Lärm und das Herumgerenne bedeuteten. Plötzlich war sie da, aufgetaucht aus dem Nirgendwo, eine hochaufragende weiße Gestalt in der Dunkelheit. Sie trug einen Helm und einen Schild, und zu ihren Füßen wanden sich Schlangen. Im Mondlicht waren ihr Gesicht und der lange Chiton von einer unirdischen Blässe. Sie stand da und blickte über die Lichter auf der Agora, die antiken Ruinen, die Häuser und Fischerhütten und das plätschernde Wasser im Hafen. Sie hatte den rechten Arm erhoben, als wäre sie überrascht von dem, was sie sah, und würde es entweder segnen oder verfluchen. Ihrem Gesicht war jedoch nicht abzulesen, was ihre Absichten waren oder was sie über die Welt zu ihren Füßen dachte. Ihre Miene war teilnahmslos, unerschütterlich heiter, leer.
    Chris erkannte sie augenblicklich an ihrem Schwert und ihrem Helm. Es war Athene, die Göttin der Weisheit und der Zivilisation, des Handwerks, des Kampfs und der Gerechtigkeit, die Schutzgottheit der Insel.
    Ein paar Augenblicke war er so überrascht, dass er das Atmen vergaß. Er hatte sie aus der Unterwelt, wo die alten Götter leben, heraufbeschworen, und zwar indem er sie sich vorstellte, durch die schiere Kraft der Worte des Gedichts, das er über sie schrieb.
    Sie war kein reales physisches Objekt, das war ihm vollkommen klar. Sie war eine Halluzination, eine Projektion seiner Gedanken auf die Außenwelt. Natürlich. Aber sein Aufenthalt auf Skios war gerechtfertigt. Wie seine Berufswahl. Sein ganzes Leben.
    Er tastete im Dunkeln nach Stift und Papier. Die lang erwartete zweite Strophe schrieb sich bereits von selbst.
    Der Aufruhr am Eingang war unterdessen schlimmer geworden, weil sich die Wagen, die darum kämpften wegzukommen und sich gerade von den Überresten der zerfledderten Bougainvillea befreit hatten und durch die Schranke brechen wollten, dem flackernden Blaulicht und den heulenden Sirenen der eben eintreffenden Notfalldienste der Insel gegenübersahen.
    Bald wurden Waffen und Schlagstöcke geschwungen, anfänglich demonstrativ und dann im Ernst, und kurz darauf wurde die Konfrontation zwischen der Polizei, die zum Ort des Massakers vordringen wollte, und den Gästen, die ihm entfliehen wollten, kompliziert durch die gewaltsame Intervention einer Frau, die die Polizisten lauthals aufforderte, jemanden wegen eines vollkommen anderen Delikts zu verhaften. Unter den gegebenen Umständen hatten die Polizeibeamten, die nur

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