Willkommen im Land der Liebe
niemanden.“
„Sie werden kein Willkommen-daheim-Schild für dich aufhängen, laeela.“
Laeela. Liebling, Liebes. Ein arabisches Kosewort, das sich wie der seidige Sand der Sahara anfühlte. Noch nie zuvor hatte jemand sie laeela genannt.
„Ich werde daran denken.“ Sie stieg aus. „Vielen Dank fürs Mitnehmen, Scheich Nuri.“
„Du wirst meine Hilfe brauchen“, sagte Kalen.
„Nein. Was ich brauche, ist mein Wagen. Wenn du mir wirklich helfen willst, kümmere dich bitte darum, mein Auto vom Parkplatz beim Stadion hierher zu schaffen, damit ichmorgen früh damit zur Arbeit fahren kann.“ Rückwärts ging Keira auf ihr Haus zu.
Er lachte leise. „Du glaubst immer noch, dass du morgen zur Arbeit gehen wirst?“
In seiner Stimme schwang etwas Gefährliches mit, eine Warnung, die sie nicht ignorieren konnte. Sie blieb stehen, um ihm in die Augen zu schauen. Dort entdeckte sie keine Drohung, aber etwas anderes.
Wissen. Zynismus und Misstrauen.
Trotz seines eleganten dunklen Jacketts und der teuren Lederschuhe an den Füßen war Kalen Nuri ein Mann, dem die Sonne und der Wind der Wüste ins Gesicht geschrieben standen. Eher ein Berber als ein Europäer.
Er verkörperte alles, was sie nicht kannte, alles, was sie nie verstanden hatte. Keira drehte sich um und eilte zu ihrem Haus. Dessen Tür schwang so plötzlich auf, dass sie kaum die Zeit fand, den Mann im Türrahmen ihres Hauses zu erkennen, bevor er sie in seine kräftigen Arme riss und festhielt.
Das alles passierte so schnell, dass sie nicht einmal dazu kam zu schreien.
Ohnmächtig wandte sie den Kopf, sah den Weg hinunter und entdeckte Scheich Nuri. Er beobachtete alles.
Wenn ihr nur irgendjemand zu Hilfe käme. Wenn nur irgendjemand etwas tun würde. Wenn nur jemand …
Schließlich fand sie ihre Stimme wieder und schrie. Ihre Panik verwandelte sich in Wut und machte eine Furie aus ihr. Sie würde nicht zulassen, dass man sie verletzte. Nach dem ersten Schock erwachte ihr Körper wieder zum Leben, mit den Ellbogen stieß sie nach den Rippen des Angreifers, mit den Füßen nach seinen Knien.
„Lassen Sie mich los“, rief sie. „Lassen Sie mich sofort los. Ich komme nicht mit Ihnen.“
Und immer noch stieß und trat sie um sich. Als sie einen leisen Fluch zwischen zusammengebissenen Zähnen hörte,wusste Keira, dass sie ihr Ziel zumindest einmal erreicht hatte. „Ich komme nicht mit“, wiederholte sie und versuchte, ihn in die Leisten zu treten.
Die Verzweiflung beflügelte ihr Denkvermögen. Natürlich: Scheich Nuri konnte dem ein Ende bereiten. Er konnte ihr helfen, das hatte er angeboten.
Doch er sagte nichts, sondern stand einfach nur da. Alles, was Keira wusste, war, dass sie nicht nach Baraka gehen würde, dass sie sich nicht gegen ihren Willen verschleppen ließe.
Ihr verzweifelter Blick traf den von Scheich Nuri, und sie hasste ihn. Gleichzeitig aber brauchte sie ihn, und so rief sie schließlich seinen Namen. „Kalen. Kalen, hilf mir.“
Das reichte. Es war alles, was er brauchte.
„Lass sie los.“ Wie ein Schwert durchschnitt seine eiskalte wütende Stimme die Luft.
Der Mann, der Keira festhielt, erstarrte. „Eure Exzellenz.“
„Lass sie los“, wiederholte Kalen auf barakanisch – das war ein direkter Befehl von einem Mitglied der königlichen Familie. Ein Befehl von unmissverständlicher Autorität.
„Aber, Eure Exzellenz, wir sind geschickt worden, um sie nach Hause zu holen.“
Jetzt stieg Kalen Nuri mit einer Eleganz die Stufen zur Haustür hinauf, die seine Kraft verschleierte. „Du wagst es, mir meine Frau wegzunehmen?“
Ein ohrenbetäubendes Schweigen senkte sich auf die Szene. Jede Bewegung kam zum Erliegen, alles Reden verstummte, und sogar Keiras Widerstand erlahmte.
„Ihre Frau?“, wiederholte der Mann.
„Meine Frau.“ Kalens Stimme klang tief und drohend wie ein Donnerschlag, der über den Himmel grollte.
Augenblicklich lockerte sich der Griff der Arme, die Keira festhielten. In dem Moment, als die Arme sie freigaben, trat Keira an Scheich Nuris Seite.
Kalen streckte einen Arm nach ihr aus, berührte sie abernicht. „Lalla al-Issidri steht unter meinem Schutz.“
„Aber man hat uns geschickt, um sie zu holen.“ Diese verblüfften Worte stammten von einem anderen Mann, der aus dem Haus kam. Irgendwo musste sich noch ein dritter verstecken. „Sidi al-Issidri hat uns ganz klare Anweisungen gegeben.“
„Dann will ich mich genauso klar ausdrücken“, erwiderte der Scheich mit
Weitere Kostenlose Bücher