Plastikfreie Zone
Einleitung: »Plastic Planet«, nein danke!
Seit über zwei Jahren versuchen wir ohne Plastik zu leben. Keine Tupperdosen und keine Frischhaltefolie in der Küche, keine vakuumverpackten Lebensmittel im Kühlschrank, keine PET-Flaschen und keine Plastikboxen für die Schuljause, im Bad keine Cremes und Bodylotions in Kunststoffflaschen oder Tuben, keine Putzmittel in der Plastikflasche und im Kinderzimmer weder Puppen noch Legosteine.
Nirgendwo Plastik. Nicht das kleinste bisschen? Na ja, fast. Jedenfalls bemühen wir uns nach Kräften, Plastik, speziell solches, das innerhalb kürzester Zeit zu Müll mutiert, gänzlich aus unserem Alltag zu verbannen. Eine Herausforderung der besonderen Art, um es vorwegzunehmen.
Kann das überhaupt funktionieren, fragen erstaunte, aber wohlgesinnte und interessierte Freunde. Wollt ihr das etwa wirklich durchziehen, heißt es bei den Skeptikern, und manche bedenken uns bisweilen mit mildem Spott, weil sie das Ganze nicht nur zum Scheitern verurteilt sehen, sondern es außerdem für leicht verrückt halten.
Ist es das? Gehört nicht vielmehr zu jeder neuen Erfahrung, zu jedem neuen Anfang auch eine Portion Mut einschließlich der Bereitschaft, ein herablassendes Lächeln oder verständnisloses Kopfschütteln nicht persönlich zu nehmen? Doch so weit gingen meine Gedanken zunächst gar nicht. Es war eher das Motto »Wer nichts wagt, der nichts gewinnt«, das mich anfangs motivierte. Und dann haben wir uns nun mal an das Experiment gewagt, unser Leben möglichst ohne Plastik zu organisieren – eine spannende Geschichte im Übrigen, auch wenn wir gerade zu Beginn oft dachten, an die Grenzen des Machbaren zu stoßen.
Aber schließlich sind wir in unseren Bemühungen doch recht weit gekommen, obwohl es nicht immer einfach war. Es müssen ziemlich viele Dinge zusammenspielen. Erforderlich sind neben einem hohen Maß an logistischer Planung Erfindungsreichtum, Forschergeist und Improvisationstalent und – nicht zuletzt – die Zustimmung der ganzen Familie. Denn ohne einen solchen Konsens ist es unmöglich, mit Freude, Begeisterung und, ja, sportlichem Ehrgeiz an die Sache heranzugehen.
Es soll Spaß machen, lautete ohnehin die Grundvoraussetzung des Experiments, um unser Familienleben nicht in eine unkalkulierbare Krise zu stürzen. Andernfalls, so viel stand fest, hätten wir den Versuch auf der Stelle abgebrochen.
Wir, das sind zwei Erwachsene, drei Kinder, zusätzlich eine Katze und zwei Meerschweinchen, die unsere Kinder ausdrücklich als Familienmitglieder betrachtet wissen wollen. Peter, mein Mann, ist Sonderschullehrer und ist als Betreuer an einer großen Einrichtung tätig, und ich selbst arbeite als selbstständige Physiotherapeutin vor allem mit behinderten Menschen. Dann sind da Samuel, dreizehn, seine Schwester Marlene, zehn, und Leonard, mit sieben unser Jüngster, der als Einziger noch die Volksschule besucht.
Wir wohnen recht idyllisch, 14 Kilometer von der steierischen Landeshauptstadt Graz entfernt, in der 3000-Seelen-Gemeinde Eisbach, die immerhin neben der schönen Landschaft eine kulturhistorische Sehenswürdigkeit ersten Ranges aufzuweisen hat: Stift Rein, das älteste Zisterzienserkloster der Welt, in dem jetzt auch das Gymnasium unserer Kinder untergebracht ist. Unser Haus ist ein ehemaliges Bauernhaus mit einem großen alten Stallgebäude, das Peter teilweise als Werkstatt dient und sonst mehr oder weniger leer steht.
In unserem Ort gibt es keinen besonders belebten Platz, nur zwei, drei Gasthäuser in der Nähe des Stiftes, eine Trafik (Tabak- und Zeitungsladen) und ein kleines Kaufhaus mit eher spärlichem Sortiment. Nicht gerade ein Einkaufsparadies und schon gar nicht für »Alternative«. Als solche mögen wir nämlich wohl für manche hier gelten, doch ein Außenseiterleben führen wir deswegen zum Glück nicht. Seit wir erst vor knapp zehn Jahren hierherzogen, sind wir in einigen Vereinen, von der Blasmusik bis zum Fußballverein, aktiv. Wir gehen gerne aus, sind gesellig, fahren in den Urlaub, haben häufig Besuch und führen prinzipiell ein sehr abwechslungsreiches und unbeschwertes Leben.
Mit bestimmten Themen gehen wir vielleicht ein wenig bewusster um als der Durchschnitt, was allerdings bis jetzt noch nie dazu geführt hat, dass wir als Ökofreaks klassifiziert wurden. »Ein bisschen alternativ, aber trotzdem ganz normal«, hat unser Ältester das vor gar nicht allzu langer Zeit einmal beschrieben.
Im Großen und Ganzen unterscheidet sich
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