Willküra (German Edition)
Einzelnen zu entscheiden, die Mechanismen einer Unterdrücker-Herrschaft, die auf der Befehlsausführung des Einzelnen beruhte, die jedoch nur im Verbund, wenn alle gleichzeitig alle Waffengewalt konsequent verweigern würden, den Machthaber bald machtlos machten, und sie redeten auch mit sonst allen ihnen zur Verfügung stehenden Argumenten auf die Wachmänner ein.
Doch die blieben hart.
Bis Fürchtedich IX. seinen Flachmann mit Bohnenschnaps rausholte, mit ihnen anstieß, und jedem von ihnen auch noch weitere Flaschen Bohnenschnaps in Aussicht stellte, wenn sie sich sogar dazu entschließen könnten, sich dem Marsch auf Willküra anzuschließen.
Die Wachmänner ließen sich da nicht mehr lange bitten, verteilten die neuen Schlosspläne und wechselten sich mit dem Tragen Amanus’ ab, jedoch bereits unter dem Einfluss des Bohnenschnapses stehend nicht ohne ihr erstaunliches Gewicht zu kommentieren, welches ihr Äußeres gar nicht vermuten ließ.
»Das ist der Mantel!«, verteidigte sich Amanus und schmollte, dass auch der Willkürherrscher mitgelacht hatte über die Witze der Wachmänner.
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»Jetzt sind sie schon zu siebt!«, ärgerte sich Willküra, hatte aber gleichzeitig erneut Respekt vor Fürchtedich IX., der offensichtlich durchschaut hatte, dass sie nur extrem einfältige und ungebildete Wachmänner einsetzte, die keinerlei Argumenten gegenüber offen waren, die etwas anderes sagten, als Willküra zu verteidigen, die sich aber bei Bohnenschnaps sofort einknickten.
»Trotzdem kein Problem«, sagte Willküra, »lass sie ruhig kommen!«
»Ich wüsste auch nicht, was ich jetzt anderes tun sollte«, sagte Gerolat, der sich dieses Mal freiwillig auf den Stuhl in der Ecke des Privaten Arbeitszimmers zurückgezogen hatte.
Willküra hatte ihm einen goldglänzenden Anzug in die Hand gedrückt, den er hatte anziehen sollen, weil er damit zu ihrem Kleid passen würde, wie sie meinte.
Und damit hatte sie auch Recht, denn sie trug ein so opulentes, goldglänzendes Kleid, dass Gerolat am liebsten eine Sonnenbrille getragen hätte, um sich von dem Schillern und Leuchten zu schützen.
Willküra hatte unbedingt jetzt schon das Kleid anziehen wollen, das sie später auch bei ihrer Willküra-Zeremonie tragen wollte.
»Darin wird mir nichts passieren!«, hatte sie sich Mut zugeredet und auch wenn Gerolat fand, dass sie wirkten wie ein lächerlich alterndes Paar aus dem fahrenden Volk, hatte er sie nun wirklich nicht mit einer Diskussion über Kleidung aufhalten wollen.
Er schaute auf den Willkürherrschaftlichen Arbeitstisch.
Die sieben kamen erstaunlich schnell direkt auf sie zu. Soeben durchkreuzten sie den Innenhof des neuen waben-förmigen Teils des Schlosses.
»Gleich werden sie hier sein!«, sagte Willküra und schaute Gerolat aufgeregt an.
Ihr Herz klopfte vor Adrenalin und Vorfreude.
»In wenigen Momenten schon wirst du ihn mit ansehen, den Sieg der Willküra über das Mittelmaß!«, sagte Willküra und lachte laut.
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»Willküra, wo bist du?«, rief der Willkürherrscher vom Innenhof aus.
Er schaute hoch. Laut Schlossplan hatte sie hier, in diesem waben-förmigen Teil des Schlosses, alle notwendigen Herrscherutensilien, und sie wäre nicht seine Schwester, wenn sie sich nicht jetzt auch genau hier aufhalten würde.
»Schwester! Sei nicht feige und komm raus aus deinem Versteck!«
Es passierte nichts.
»Du benimmst dich wie ein Mann, du regierst wie ein Mann, dann kämpf auch wie ein Mann!«, rief der Willkürherrscher so laut im Innenhof, dass es von den Wänden wider hallte.
»Ich regiere weder wie ein Mann, noch wie eine Frau!«, hörten sie Willküra durch die Lautsprecher im Innenhof. »Ich regiere wie Willküra!«
»Das heißt also, nicht sehr fair!«, rief Raja.
»Flittchen!«, rief Amanus »Komm runter, der Willkürherrscher macht dich fertig!«
»Was machen wir denn jetzt?«, fragte Gerolat, der nicht so genau wusste, wo die Situation hinführen sollte. »Lass sie doch einfach gefangen nehmen!«
»Nein!«, widersprach Willküra. »Ich will jetzt meinen Spaß!«
Von unten schallte wieder die Stimme des Willkürherrschers.
»Komm, wir machen einen Geschwisterkampf: Schwester gegen Bruder! Auf Leben und Tod!«
»Ich bin im Privaten Arbeitszimmer«, sprach sie in das Mikrophon und ihre Stimme hallte aus dem Innenhof zu ihnen zurück. »Komm, wenn du dich traust!«
»Bist du wahnsinnig, sie hier hoch zu locken?«, fragte Gerolat, der nun doch Angst bekam.
»Glaub mir,
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