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Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Titel: Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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tun, als würden Sie mich nicht kennen?«
    »Sie haben sich nicht vorgestellt.«
    Eine schwarze Locke ihrer nach allen Regeln der Friseurkunst gestalteten Haarpracht verdeckte das rechte Auge. »Ich wette, in dem Ding da«, ihr Kinn zeigte auf den Computer, »sind eine Menge Sachen über mich gespeichert.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Hören Sie auf! Ich bin nicht so blöd, wie ich aussehe.« Sie pustete die Locke aus dem Gesicht. »Wir haben gesehen, wie Sie in die Ente gestiegen sind. Über das Kennzeichen war es nicht schwer, Ihren Namen herauszubekommen. Und als ich hörte, dass Sie Privatdetektiv sind, war mir alles klar. Mein lieber Exmann hat Sie mir auf den Hals gehetzt. Und jetzt möchte ich wissen, was er damit bezweckt.«
    »Frau Reichardt ...«
    »Nicht mehr lange, bald heiße ich wieder Müller.«
    »Von mir aus auch Frau Müller. Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen nicht sagen, wer mich wozu beauftragt hat. Das fällt unter die Schweigepflicht.«
    »Werner könnte Sie anzeigen. Sie sind in sein Haus eingedrungen und haben ihn verletzt.«
    »Das hätte er schon getan, wenn er es wollte. Und er wird es noch weniger wollen, wenn ich ihm eins von den Fotos zeige, die ich gemacht habe.«
    Sie stand auf. Sie war groß, schlank und durchtrainiert, was die Leggins und das dünne T-Shirt (natürlich ohne BH) mehr als genug betonten. Als sie sich vor mir aufbaute, hob und senkte sich ihre Brust, weil sie heftig atmete.
    »Versuchen Sie es nicht!«, sagte ich.
    »Was?«
    »Mich mit Ihrem Körper zu beeindrucken. Es funktioniert nicht.«
    Sie knallte mir ihre Hand ins Gesicht. Es kostete mich eine Menge Selbstüberwindung, die brennende Stelle nicht zu betasten.
    »Sie Arschloch!« Ihre Stimme schnappte über. »Ich will Sie nicht beeindrucken. Es geht um meine Kinder, nicht wahr? Reichardt, dieses miese Schwein, will mir meine Kinder wegnehmen. Er hat ja damit gedroht. Aber ich, ich war zu blöd, um bis nach der Scheidung zu warten.«
    Ihre Augen schimmerten feucht. Sie klimperte mit den langen Wimpern.
    Ich erinnerte mich, warum ich früher Ehegeschichten abgelehnt hatte. Irgendwann kommt automatisch der Moment, wo man sich dreckig, schweinisch und unmoralisch fühlt.
    Das Telefon klingelte. Zweimal. Dreimal.
    »Gehen Sie endlich ran!«, quengelte sie.
    Es war Frau Schulze Büschen, die Auftraggeberin meines letzten, noch ungelösten Falles.
    »Hallo, Frau Schulze Büschen«, flötete ich. »Just in diesem Augenblick wollte ich Sie anrufen. In der letzten Nacht habe ich Ihren Schimmy gesehen.«
    »Ach! Und wo?«
    »Zwischen Gimbte und Gelmer, wie ich bereits bei unserem letzten Gespräch erwähnte. Ich konnte ihn anhand des Fotos, das Sie mir gegeben haben, einwandfrei identifizieren. Sie werden es nicht glauben, aber ich habe mich ihm bis auf drei Meter genähert. Wenn nicht ein dummer Motorradfahrer dazwischengekommen wäre, hätte ich Schimmy sicher mitnehmen können. Trotzdem, er hat mich als Freund akzeptiert. Ich denke, dass es in dieser oder der nächsten Nacht klappen wird.«
    »Tatsächlich?« Die Begeisterung war schal, ja, man konnte, wenn man wollte, sogar einen leicht ironischen Unterton heraushören.
    »Sie dürfen den Glauben nicht verlieren, Frau Schulze Büschen.«
    »Den Glauben, ja, ja.«
    Im Hintergrund hörte ich ein Bellen. Ich war schockiert. »Sie haben doch nicht etwa einen neuen Hund, Frau Schulze Büschen?«
    »Nein, Herr Wilsberg, das ist Schimmy. Er ist gestern Nachmittag zurückgekommen, vor dieser sagenhaften Begegnung zwischen Gimbte und Gelmer. Und was Sie hier hören«, ich hörte ein Reißen, »sind Ihre Rechnungen, die ich gerade vernichte.«
    »Moment, Frau Schulze Büschen, so einfach ist das nicht. Kann sein, dass ich in der letzen Nacht einem anderen Bobtail begegnet bin, doch zweifellos habe ich durch meine Aktivitäten in den Nächten zuvor Ihren Schimmy dazu bewegt ...«
    Sie hatte aufgelegt. Wütend starrte ich auf den Telefonhörer. Es war nicht mein Tag heute. Rein menschlich gesehen. Vom Finanziellen ganz zu schweigen.
    »Pech gehabt?«, erkundigte sich Yvonne Reichardt-Müller bissig.
    Ich schmetterte den Hörer auf die Gabel und fasste unwillkürlich an die immer noch schmerzende Wange.
    »Habe ich Ihnen etwa wehgetan? Das wollte ich nicht.«
    »Hören wir auf mit den gegenseitigen Entschuldigungen. In meinem Job muss ich manchmal Dinge tun, die mir selbst nicht gefallen. Das ist eben so. Mit seiner Arbeit genug Geld verdienen und dabei edel und gut bleiben,

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