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Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Titel: Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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»Keine Ahnung. Es sieht stark nach Selbstmord aus. Andererseits ...«
    »... kann der Mörder oder die Mörderin es wie einen Selbstmord aussehen lassen«, brachte er meinen Satz zu Ende. »Wenn ich bis heute Abend keine Verhaftung vornehmen kann, schicke ich alle nach Hause. Einen dritten Todesfall darf es nicht geben.«
    Die Jungs von der Spurensicherung kamen, der Gerichtsmediziner hinterher. Die üblichen Verdächtigen, das heißt wir alle, wurden vernommen, aber wie üblich hatte niemand etwas gehört oder gesehen. Und doch war diesmal alles anders.
    Stürzenbecher strahlte wie ein Honigkuchenpferd, als er drei Zigarillos später zu mir auf die Terrasse trat. »Wir haben Fingerabdrücke«, verkündete er stolz, »dicke, fette Fingerabdrücke. Auf einem Glas in Poppelhoves Zimmer, auf einer Whiskyflasche, an mehreren anderen Stellen. Und – jetzt halt dich fest – die Abdrücke sind identisch mit einem verwischten halben Print, den wir auf dem Mikrofon gefunden haben.«
    »Das Mikrofon in Wildkats Mund?«
    »Jedenfalls nicht die, die mir dauernd vor die Nase gehalten werden. Auf dem Mikrofon gab es ungefähr zwei Dutzend verschiedene Abdrücke. Mehrere Tontechnikergenerationen haben das Ding in den Fingern gehabt. Aber der Clou liegt in der Übereinstimmung.«
    »Weißt du schon, wem der Finger gehört?«, fragte ich.
    »Nein. Deshalb möchte ich dich bitten, zu den anderen in den Frühstücksraum zu gehen. Ich habe ein allgemeines Fingerrollen im Tintenbad angesetzt.«
    Die Stimmung der Filmcrew war gedrückt bis nervös. Einige kicherten albern, während die Übrigen mit leeren Augen herumsaßen.
    Stürzenbecher bat um Ruhe. »Bevor wir beginnen, frage ich noch einmal, ob jemand von Ihnen gestern Abend oder Nacht in Poppelhoves Zimmer war. Wir können uns die Prozedur sparen, wenn der- oder diejenige sich zu erkennen gibt. Also?«
    Stürzenbecher ließ seinen Blick über das dezimierte Mega Art -Filmteam schweifen und nickte dann Kommissarin Tecklenburg zu, die die Materialien bewachte.
    Ächzend stand Charly Rommersberger auf. »Ich war’s«, sagte er leise, aber vernehmlich. »Ich war bei Poppelhove.«
    Ein Raunen ging durch die Menge.
    Rommersberger stützte sich mit seinen dicken Pranken auf der Tischplatte ab. »Ich habe ihm gesagt, dass ich aussteige. Ich wollte mit diesem Unglücksunternehmen nichts mehr zu tun haben.«
    »Warten Sie!«, versuchte ihn Stürzenbecher zu stoppen. »Sparen Sie sich Ihre Aussage für die Vernehmung auf!«
    »Nein«, fuhr Rommersberger fort. »Ich will, dass es alle erfahren. Ich habe nichts zu verbergen. Ich habe mich mit Poppelhove gestritten. Natürlich war er mit meiner Entscheidung nicht einverstanden. Er hat mich gebeten weiterzumachen, und als das nichts half, hat er mir mit einer Schadensersatzklage gedroht. Trotzdem konnte er mich nicht beeindrucken. Ich hatte die Schnauze voll, gestrichen voll, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich weiß nicht, ob ich der Nächste auf der Liste bin oder erst an zweiter oder dritter Stelle stehe. Auf jeden Fall wollte ich weg, so schnell wie möglich weg, bevor mich der Teufel, der hier mit Menschenleben würfelt, erwischt.« Rommersberger machte eine Pause und holte tief Luft. »Wie gesagt, ich habe mich mit Poppelhove gestritten. Er ist laut geworden, ich bin laut geworden. Und dann bin ich gegangen.« Er drehte sich um, sodass auch die hinter ihm Sitzenden seinen gefassten Gesichtsausdruck sehen konnten. »Damit es alle wissen: Poppelhove lebte, als ich sein Zimmer verließ. Ich habe ihn nicht angefasst, ihm nicht mal ein Härchen gekrümmt. Was danach passiert ist, entzieht sich meiner Kenntnis.«
    Rommersberger setzte sich schwerfällig. »Und jetzt tun Sie Ihre Arbeit, Herr Hauptkommissar!«
    »Danke«, sagte Stürzenbecher. »Ich danke Ihnen für Ihre Erklärung, Herr Rommersberger. Sie sind vorläufig festgenommen. Alle anderen möchte ich bitten, auf ihre Zimmer zu gehen und das Ergebnis der Ermittlungen abzuwarten.«
    Fragen schwirrten durch den Raum, einige protestierten, andere wollten sofort abreisen. Doch Stürzenbecher blieb hart. Bei der jetzigen Beweislage dürfe niemand das Gallitzin verlassen. Er versprach, die Zahl der Polizisten zu verdoppeln und auf jeder Etage eine Wache zu postieren. Mehr könne er im Moment nicht tun.
    Ich saß an der Uferpromenade und schaute einem jungen Pärchen zu, das sich, unbekümmert von der sengenden Hitze, in einem Ruderboot vergnügte. Er legte sich mächtig in die Riemen,

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