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Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Titel: Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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während sie mit der hohlen Hand Wasser schöpfte und unentwegt redete.
    Hinter mir hörte ich Schritte auf dem Beton. Ich drehte halb den Kopf und sah Gabi. Wortlos setzte sie sich neben mich, ihr Kopf plumpste gegen meine Schulter. Vom Ruderboot aus mussten wir ein romantisches Bild abgeben. Nichts zu spüren von Mord, Totschlag und Intrigen. Der ewige Unterschied zwischen Sein und Schein.
    Gabi sagte nichts, ich sagte nichts, der See gluckerte.
    Schließlich brach Gabi das Schweigen: »Es ist wie ein Albtraum, ein Albtraum, bei dem es kein Aufwachen gibt.«
    »Ich glaube, dass es zu Ende ist«, sagte ich. Vielleicht, um mir selber Mut zu machen.
    »Sie haben Rommersberger mitgenommen«, erzählte sie mit tonloser Stimme. »Er hatte eine Affäre mit Conny, der Aufnahmeleiterin. Keiner hat das mitgekriegt. Die beiden waren sehr diskret, eine seltene Eigenschaft im Filmgeschäft. Na ja, die Kleine ist verheiratet. Sie soll die Nummer mit Wildkat abgezogen haben.«
    »Und warum?«, fragte ich.
    Ein Ruckeln durchlief ihren Körper, die Sparversion eines Schulterzuckens. »Wer weiß das? Die Geschichte ist so wahnsinnig, dass ich aufgehört habe, darin eine Logik zu suchen.«
    Ich dachte darüber nach. »Und wenn die Logik nicht im Ganzen, sondern im Detail steckt? Wenn der Mörder das, was er beabsichtigt, unter diesem Wahnsinn versteckt?«
    »Was meinst du?«
    »Nichts Konkretes. Nur eine Idee. Charly Rommersberger hasste Becher, aber welche Motive sollte er gehabt haben, Wildkat und Poppelhove umzubringen, nachdem der Anschlag auf Becher missglückt war? Ein bisschen viel Mimikry, um von einer simplen Körperverletzung abzulenken, findest du nicht?
    Vom Tod Wildkats dagegen hätte Poppelhove profitieren können. Seine Chancen, mit Kanal Ultra neue Deals zu machen, waren eindeutig gestiegen. Doch wem nutzt Poppelhoves Abgang?«
    Gabi richtete sich auf. »Das ist mir zu kompliziert. Ich will gar nicht darüber nachdenken. Allen, die hier sind, nutzt sein Tod überhaupt nichts. Im Gegenteil. Wir stehen jetzt endgültig auf der Straße. Ich habe keine Ahnung, wie ich das Hotel bezahlen soll.«
    »Hat Mega Art keinerlei Rücklagen?«
    Sie pustete. » Murphys Gesetz hat gegriffen, alles ging schief, was schiefgehen konnte. Wir haben von den Vorschüssen für die Produktion gelebt. Die müssten wir theoretisch zurückzahlen, wenn das Projekt nicht realisiert wird.«
    »Also gibt es auch keine Gagen«, stellte ich bitter fest.
    »Weder mein Gehalt noch deine Gage. That’s life, Georg.«
    Und da hatte ich geglaubt, dass ein neues, von Geldsegen gekennzeichnetes Zeitalter über mich hereinbrechen würde.
    Das Pärchen im Ruderboot lachte.
    Das ist überhaupt nicht witzig, dachte ich.
    Später am Tag schaute Stürzenbecher noch mal vorbei. Er empfahl allen die Heimreise. Der Fall sei zwar noch nicht restlos aufgeklärt, aber es gebe keinen Grund, die Unbeteiligten weiter im Gallitzin festzuhalten.
    Ich sah ihm an, dass er unzufrieden war.
    »Hat Rommersberger gestanden?«
    »Nein.«
    »Wird er gestehen?«
    »Nerv mich nicht, Wilsberg! Woher soll ich wissen, ob er gesteht? Für mich ist wichtig, dass ich einen Verdächtigen habe. Das verschafft mir ein bisschen Luft bei meinen Vorgesetzten und der Presse. Alles andere wird sich zeigen.«
    Ich grinste. »Du bist also nicht überzeugt, dass er es war?«
    Stürzenbecher kraulte seine wabbeligen Wangen. »Könnte sein, dass er es nicht war. Könnte sein, dass er Becher auf dem Gewissen hat und die anderen drei nicht. Vieles ist möglich, aber nur weniges lässt sich beweisen. Und jetzt entschuldige mich bitte! Ich muss zurück ins Präsidium. Falls du eine gloriose Idee hast, kannst du sie mir ja mitteilen.«
    Wir nickten uns zum Abschied zu. Ich war froh, dass ich nicht in seiner Haut steckte.
    Fast alle Mega Art-Leute packten sofort ihre Koffer. Ich blieb noch eine Nacht. Mein Dachgeschosszimmer und die Gesellschaft von Sigis Schriftstellerfreund Fred reizten mich nicht besonders.

XVI
    Die böse Überraschung folgte am nächsten Morgen, als ich den Zimmerschlüssel lässig auf die Theke legte und mich, in Gedanken schon bei meinen nächsten Taten, dem Ausgang zuwandte.
    »Ihre Rechnung, mein Herr«, sagte eine freundliche Frauenstimme hinter mir.
    Ich zuckte zusammen. Meinte sie vielleicht einen anderen Gast? Nein, ich stand ganz allein in der Halle.
    »Aber wieso denn? Ich dachte ...«
    Der jungen Frau in der blauen Hoteluniform war die Sache sichtlich peinlich. » Mega Art hat

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