Winterherzen 01 - Sarahs Geschichte
hatte nie heiraten, sondern als berühmte Modedesignerin um die ganze Welt reisen wollen. Sarah dagegen hatte immer von einer richtigen, liebevollen Familie geträumt.
Irgendwie, irgendwann hatten sich ihre Pläne umgekehrt. Diane hatte sich in einen großen, dunkeläugigen, aufstrebenden leitenden Angestellten verliebt, und seit dem Moment wusste Sarah, dass sich ihr Traum niemals erfüllen würde. Diane hatte herzlich gern auf eine brillante Karriere als Modeschöpferin verzichtet, Rome Matthews geheiratet und ihm zwei bezaubernde Söhne geschenkt. Sarah hatte sich stillschweigend ihrem Beruf gewidmet, der ihren einzigen Trost darstellte.
Sie hatte versucht, Rome nicht zu lieben, hatte aber feststellen müssen, dass Gefühle sich nicht so leicht steuern ließen. Hätte sie ihn nicht schon vor seiner Bekanntschaft mit Diane geliebt, hätte sie ihre Gefühle vielleicht bezwingen können. Doch tief in ihrem Innern hatte sie auf den ersten Blick gewusst, dass er mehr als nur ein Arbeitskollege für sie war.
Es liegt an seinen Augen, dachte sie. Sie waren so tief und dunkel und voll brennender Intensität. Roman Caldwell Matthews war kein Leichtgewicht. Er besaß Triebkraft und Energie, verbunden mit einer blitzartigen Intelligenz, die ihn im Nu an die Spitze der Geschäftsleitung befördert hatte.
Dabei war er nicht schön. Sein Gesicht wirkte grob gemeißelt. Seine Wangenknochen waren zu scharf und hoch, seine Nase war ein wenig schief, und sein Kinn wirkte fest wie Granit. Er warein Mann, der nach dem Leben griff und es nach seinem Belieben formte. Er war stets freundlich zu ihr, aber sie wusste, dass sie zu still und unscheinbar war, um diesen Mann mit seiner eindrucksvollen Persönlichkeit fesseln zu können.
Dennoch hatte sie nicht erwartet, dass er sich auf den ersten Blick in die schöne Diane verlieben würde – damals in jenem Sommer anlässlich der Betriebsfeier, die Sarah zusammen mit Diane besucht hatte. Aber es war geschehen. Fünf Monate später hatten Diane und Rome geheiratet. Drei Monate nach ihrem ersten Hochzeitstag war Justin zur Welt gekommen, und zwei Jahre später Shane. Zwei wundervolle Jungen, mit dem Aussehen ihrer Mutter und der Entschlusskraft ihres Vaters, und Sarah liebte sie, weil es Romes Kinder waren.
Sie hatte Diane auch weiterhin nahegestanden, ihre Besuche jedoch auf die Zeiten beschränkt, wenn Rome geschäftlich verreist war, was allerdings sehr häufig vorkam. Sie wusste nicht genau, warum, aber sie spürte, dass er ihre enge Freundschaft mit Diane missbilligte, obgleich er ihres Wissens nie etwas Derartiges geäußert hatte. Vielleicht mochte er sie einfach nicht, obwohl sie ihm nie etwas getan hatte. Sie bemühte sich, ihm aus dem Weg zu gehen, und sie hatte Diane niemals etwas von ihren Gefühlen verraten. Es hätte Diane nur irritiert und ihrer Freundschaft geschadet.
Sarah hatte sich mit anderen Männern verabredet, aber nur gelegentlich. Es erschien ihr unfair, eine engere Beziehung einzugehen, sie konnte doch keine Liebe erwidern. Jeder, der sie fragte, wann sie zu heiraten gedachte, erhielt dieselbe Antwort: Sie liebte ihren Beruf zu sehr, um für irgendeinen Mann die Socken zu waschen. Es war eine unbekümmerte Standardantwort, die sie schützte, und es war eine Lüge. Ihr hatte nie an einer Karriere gelegen, aber ihr war nichts anderes geblieben, und daher gab sie ihr Bestes.
Rome hatte sehr an Diane und den Kindern gehangen. Der Autounfall vor inzwischen beinahe zwei Jahren hatte ihn fast vernichtet. In jedem Fall hatte er Romes Lachen vernichtet sowie das feurige Funkeln in seinen Augen.
Diane hatte die Jungen zur Schule gefahren, als ein Betrunkeneraus seiner Spur gekommen war und sie frontal gerammt hatte. Wäre der Unglücksfahrer nicht auf der Stelle tot gewesen, hätte Rome ihn vermutlich eigenhändig erwürgt. Justin war sofort gestorben, Shane zwei Tage später und Diane nach zwei Wochen, ohne das Bewusstsein je wiedererlangt zu haben.
Bedächtig musterte Sarah die Fotos, sah sich selbst und Diane in verschiedenen Phasen der Kindheit und Jugend sowie die Jungen als Babys, Kleinkinder und lärmende Strolche. Auf einigen Fotos war Rome zu sehen, wie er mit den Kindern spielte, den Wagen wusch, den Rasen mähte, all die normalen Dinge tat, die Väter und Ehemänner taten.
Sarah verweilte bei einem Bild, auf dem er auf dem Rücken im Gras lag, nur mit kurzen Jeans-Shorts bekleidet, und Justin mit starken, gebräunten Armen hoch über den Kopf
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