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Winterland

Winterland

Titel: Winterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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hielt, und wenigstens die lag in der Nähe der Häuser. Der Bus fuhr weiter und verschwand hinter den anderen Feldern. Winter konnte keine Geräusche hören, abgesehen vom Wind, der plötzlich zusammen mit dem Bus von Norden gekommen zu sein schien. Aber der Wind blieb, Winter konnte sehen, wie das gefrorene Gras auf dem Feld sich zu neigen begann, erst nach Süden, dann nach Westen. Er knöpfte seinen Mantel zu, um sich gegen den Januarwind zu schützen. Es war Ende des Monats, der Wind heulte, und es war kalt, aber es lag kein Schnee, und das war die schlimmste Kälte. Dies war die schlimmste Zeit des Jahres, weiter vom Sommer konnte man nicht entfernt sein, ganz gleich, wie man nun zurück- oder vorrechnete. Manchmal dachte er, es war wie ein Leben, in dem es weder Vergangenheit noch Zukunft gab. Es gab nur den verdammten Wind vom Eismeer und das Warten auf bessere Zeiten.
    Worauf hatte Charlotte Sander gewartet?
    Auf wen hatte sie gewartet?
    Winter stand vor dem Eingang des Hauses. Auf der Lampe über der Tür stand »2B«, genauer gesagt, hatte es dort einmal gestanden, doch die schwarze Farbe war zur Hälfte abgeblättert. Nein, eigentlich sogar ganz. Wer hierher finden wollte, der musste schon wissen, was dort für eine Hausnummer gestanden hatte.
    Wie oft war Charlotte durch diese Tür ein und aus gegangen?
    Wie viele Male hatte sie das allein getan?
    Sie war jetzt zwei Tage tot, und sie hatten daran gearbeitet, alle Leute zu finden, die sie in ihrem Leben gekannt hatte. Diese Arbeit war sehr niederdrückend, auf gewisse Weise aber auch zufrieden stellend gewesen. Niederdrückend, weil sie nur so wenige Menschen gekannt hatte, und Winter hatte an die Einsamkeit gedacht, als er das einzelne Blatt in der Hand hielt, auf dem alle ihre Bekannten standen. Zufrieden stellend natürlich, weil es nur so wenige gewesen waren, die man hatte befragen müssen.
    Aber es könnte ja noch mehr geben.
    Er öffnete die Außentür mit Charlottes Schlüssel. Wie immer fühlte es sich so an, als würde er einbrechen, nicht in eine Wohnung, sondern in das Leben eines anderen Menschen. Und wie immer geschah das, als der andere Mensch schon tot war. Er hatte keine Lust, fremde Türen mit den Schlüsseln anderer Leute aufzuschließen, aber er machte es doch ständig, jahrein, jahraus, er ging Treppen hinauf, die immer kalt waren, aber nach den Jahreszeiten rochen. Er schloss neue Türen auf und betrat Wohnungen, die immer noch nach Leben rochen, aber jetzt tot waren, verbraucht, von Schweigen erfüllt.
     
    Winter rief vom Handy aus an, während er Charlotte Sanders Telefon betrachtete. Es war rot, eine grelle Farbe.
    »Hier Ringmar.«
    »Hallo Bertil. Ich stehe in der Wohnung von Charlotte. Gibt es Neuigkeiten über die Telefongespräche?«
    »Die Telefonzelle liegt ungefähr zwei Kilometer von der Stelle entfernt, wo du stehst. Es gibt noch so eine halb fertige Satellitenstadt in der Nähe.« Neben Ringmar sprach jemand. »Ein paar von unseren Leuten sind auf dem Weg dorthin.«
    »Wieso zum Teufel hat es so lange gedauert, die zu finden?«
    »Irgendetwas stimmte mit den Bezeichnungen nicht«, sagte Ringmar. »Mit den neuen Kartentelefonen scheint allerlei durcheinander geraten zu sein.«
    Diese verdammten Karten, dachte Winter.
    »Und das neue Computersystem hat dann den Rest erledigt«, fügte Ringmar hinzu.
    Diese verdammten Computersysteme, dachte Winter. Er hob den Blick und sah das Feld und die halb fertige Satellitenstadt in der Nähe. Das schwarze Gras hing schlaff zu Boden. Er konnte die Silhouetten der Häuser auf der anderen Seite erkennen. Mitten zwischen ihnen stand diese Telefonzelle, die er nicht sehen konnte. Von dort hatte jemand – jemand, den sie noch nicht kannten – das rote Telefon angerufen, und das war ein paar Stunden vor Charlottes Tod gewesen.
    Das eine musste nicht unbedingt etwas mit dem anderen zu tun haben.
    Es gab nur diesen einen Anruf von der Telefonzelle zu dem roten Telefon.
    Er dauerte dreißig Sekunden.
    Ungefähr so lange, wie man braucht, um den Weg von dort nach hier zu erklären, dachte Winter, der den Blick immer noch auf das Feld vor dem Haus und auf die grauen Silhouetten auf der anderen Seite des Feldes gerichtet hatte.
    Es ist 2B. Die Farbe ist ab, aber es ist der zweite Eingang von links.
    Wie lang konnte es dauern, über das Feld zu gehen? Wenn die Häuser dort hinten nicht eine Fata Morgana waren, dann vielleicht zwanzig Minuten, eine halbe Stunde?
    Er sah sich im Zimmer um.
    Hatte

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