Wintermond
Mischling schlich ihr um die Beine und sah sie erwartungsvoll an. Meta bückte sich und tätschelte ihm den Kopf.
»Ihr habt den Ruf gehört: Sascha und sein Rudel werden jeden Moment hier eintreffen.« Maggies Stimme war klar und deutlich. Nichts deutete darauf hin, dass diese Frau auch nur die Spur von Unsicherheit verspürte. »Wir werden ihn draußen empfangen und so lange hinhalten, bis David zurückgekehrt ist. Es wird nicht leicht sein, Sascha von seiner sicher geglaubten Beute fortzuscheuchen, ohne dass er zuschnappt. Deshalb werden unsere beiden Rudel geschlossen auftreten, nur dieses eine Mal, ansonsten können wir uns gleich alle hinknien und Sascha freien Zugriff auf unser Genick anbieten. Ein Angebot, das er auf keinen Fall ablehnen würde. Also Bewegung!«
Es erklang breites Zustimmen, aber Maggie kümmerte sich bereits nicht mehr darum und winkte einen bulligen Mann aus ihrem Rudel zu sich. »Anton, sieh zu, dass du noch ein paar von diesen Ölkanistern ranschleppst und die Feuerschalen draußen anzündest.Wir wollen Sascha doch einen ordentlichen Auftritt bieten.« Dann wandte sie sich Meta zu, die sie aufmerksam ansah. »Wir werden leider noch ein weiteres Mal auf deine Hilfe zurückgreifen müssen: Wenn Hagen endlich tot ist, wird das Rudel es spüren. Dann wirst du nach David rufen müssen, denn er wird den Wandel dort draußen nicht allein überstehen.«
Meta nickte stumm. Zwar wusste sie nicht, wie sie Maggies Bitte nachkommen sollte, aber sie würde es versuchen. »Wie kannst du dir so sicher sein, dass David gewinnt?« Die Frage war heraus, bevor Meta sich dessen überhaupt bewusst war.Als er auf dem Grund des Pools gestanden hatte, hatte er so unendlich erschöpft ausgesehen …
»Alles, was Hagen will, ist Blut und Macht. David will endlich sein Leben in die eigene Hand nehmen, und heute Nacht bietet sich ihm endlich diese Chance. Er wird sie ergreifen, glaub mir.«
Erneut ging eine solche Woge des Selbstvertrauens von Maggie aus, dass Meta gar nicht anders konnte, als ihr zuzustimmen. Außerdem sehnte sie sich nach dem Augenblick, wenn das Rudel den Tod seines einstigen Anführers signalisierte und sie ihren Ruf aussenden konnte … den David hoffentlich auch vernehmen würde. David wird ihn hören, ganz bestimmt, versuchte Meta, sich zu beruhigen. Sein Wolf wird mich auch dieses Mal hören und ihn mitbringen - so wie er mich zu David gebracht hat. Mit einem Schwindelgefühl erinnerte sie sich an den Moment, als der Wolf sie mitgerissen hatte, während er zu seinem Hüter zurückkehrte. Diese Erinnerungen an die Welt des Dämons waren nicht mehr als Fetzen eines flüchtigen Traums.Aber sie hatten sie die gerade erst erweckte Macht des Dämons am eigenen Leib spüren lassen. Dabei konnte sie nicht sagen, dass es sich falsch angefühlt hätte. Nur verwirrend.
Gemeinsam schritten die beiden Rudel nach draußen und sammelten sich schweigend auf der einen Seite der Außenarena, während in den Schalen Feuer entzündet wurde. Obwohl es im Freien kaum kälter war als unter der zerstörten Kuppel und das Rudel so dicht gedrängt hinter ihr stand, dass sie die Wärme ihrer Körper spüren konnte, zitterte Meta. Mit klammen Fingern stellte sie den Kragen ihres Mantels auf und steckte anschließend ihre Hände in die Ärmel. Dann schloss sie die Augen und konzentrierte sich auf das Rudel. Schneeflocken landeten auf ihren Haaren und Wimpern.
Die Berührungen, während die Wölfe sie als Portal benutzt hatten, hatten einen Weg hinterlassen. Ähnlich dem von David, dem sie mit dem Schattenwolf gefolgt war, um die Arena zu finden. Wie der, den sie nutzen würde, um ihn zu rufen, sobald er seinen Kampf beendet hatte.Wenn es nur endlich so weit wäre. Die Gedanken schossen ihr kreuz und quer durch den Kopf, und sie war sich nicht sicher, wie lange sie die Anspannung noch aushalten konnte. Zu viel war in zu kurzer Zeit geschehen, hatte nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Seele und Weltsicht durcheinandergewirbelt. Zu diesem Zeitpunkt konnte sie, da war sich Meta sicher, nur noch vorangehen. Wenn sie zu lange stehen blieb, würde sie zerbrechen. Doch nun nahm sie eine aufsteigende Furcht um sich herum wahr, die verriet, dass sich Saschas Rudel näherte.
Frustriert schlug Meta die Augen wieder auf und sah, wie die ersten dunklen Gestalten auf die Mauer der Arena kletterten und sich langsam von ihr herunterließen. Saschas Rudel sammelte sich in vollkommenem Schweigen. Sie sind viel mehr als wir,
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