Wir Ertrunkenen
Wasser gelassen. An Bord befand sich der Leutnant der Christian VIII., der zum dritten Mal zu Verhandlungen an Land gewesen war. Jedes Mal war die Schlacht unterbrochen worden. Zweieinhalb Stunden hatte die Waffenruhe jetzt gedauert, es war halb fünf. Etwas Entscheidendes musste passiert sein. Die Matrosen legten sich in die Ruder. Dann brachen die Kanonen am Strand los, ohne jede
Vorwarnung. Noch immer wehte die Parlamentärsflagge am Großtopp, dennoch hatte der Krieg wieder begonnen.
Die Kanonen der Christian VIII. beantworteten das Feuer sofort, während die Gefion, still wie ein Geisterschiff, versuchte, außer Reichweite der Schüsse zu gelangen. Wir hatten aufgegeben und benötigten unsere letzten Kräfte, um uns am Wurfanker voranzuziehen.
Der Feind änderte seine Taktik. Auf beiden Seiten der Bucht waren nicht mehr wir das Ziel der Batterien, sondern die Christian VIII. Sie wollten das große Schiff in Brand stecken. Viele Geschosse, die auf dem Schiff einschlugen, waren rotglühend, nachdem sie den halben Nachmittag in den Feuern auf den Feldern gelegen hatten. Die Bürger von Eckernförde hatten die Zeit gut genutzt.
Plötzlich war das Deck voller Gefallener und Verwundeter. Der Angriff kam vollkommen unerwartet. An mehreren Stellen flammte Feuer auf, und sofort wurden die Pumpen und Feuerspritzen eingesetzt. Der Tod sollte von Deck gespült werden, doch das knisternde Feuer hatte sich bereits festgefressen.
Kommandant Paludan erkannte, dass die Schlacht verloren war. Die Christian VIII. schwojte rund, um aus der Schusslinie zu kommen, doch der Wind blies noch immer direkt von vorn, und dem Linienschiff gelang es lediglich, querab zur Strömung zu gelangen; dabei verlor es den Vorteil, den Batterien mit der Breitseite gegenüberzuliegen. Die Deutschen am Strand errieten die Absicht des Kapitäns sofort und zielten auf Segel und Takelage. Sie wollten den Feind am Abzug hindern.
Das Hieven des schweren Ankers erfolgte unter großen Verlusten. Auf dem Vorschiff landeten Brandgeschosse, und zwischen den Beinen der armen Teufel, die am Gangspill arbeiteten, explodierten Granaten. Immer wieder mussten sie nach Ersatzmännern brüllen. Der Entsatz schob die Toten und Verwundeten mit den Stiefeln beiseite. Dann explodierte eine weitere Granate, und von einem der Spillspaken waren nur noch zerfetzte Stumpen geblieben, von den Händen, die ihn gedreht hatten, nur zermalmte Knochen und halbe Finger. Schließlich tauchte der Anker auf und hing mit den triefenden Resten des Meeresgrunds, mit Schlamm und Tang am Bug. Der Preis war das Glück von zehn Familien, Söhne und Väter, die nie wieder nach Hause kamen.
Dann wurden der Klüver vorgeschotet und die Marsschoten durchgeholt.
Man setzte die Segel. Laurids war Toppsgast und enterte mit den anderen auf. Er wechselte auf die Rahe. Hier hatte er einen Überblick über den Kampf.
Am Horizont ging die Sonne unter und warf ihr weiches Licht über die Fördelandschaft. Wolkenfetzen breiteten sich fächerförmig über den sich rot färbenden Himmel aus. Nur wenige hundert Meter von der Bucht entfernt war alles friedlich und knospendes Frühjahr, das Ufer jedoch war schwarz von bewaffneten Menschen. Die Artillerie begann im Schutz der Steineinfriedungen zu schießen. In einer unablässigen Kanonade flogen aus der Strandbatterie die Feuerkugeln, und in der Volksmenge legten Tausende gleichzeitig die Büchsen an und zielten.
Laurids hatte südlich von Kap Hoorn während eines wütenden Sturms am äußersten Ende der Rah gehangen, mit Händen, die zu Eisklumpen gefroren waren. Er hatte zurück zum Mast klettern müssen, während er sich mit Armen und Beinen an die Rah klammerte, aber er hatte niemals Angst gehabt. Nun zitterten seine Hände, dass er nicht einmal den einfachsten Knoten lösen konnte.
Segel, Masten und Takelage wurden von den Schüssen zerfetzt. Um ihn herum fiel ein Matrose nach dem anderen von den Masten, den Rahen und aus dem Rigg, getroffen vom speergroßen Splitter eines angeschossenen Mastes, von einer Granate oder einer Feuerkugel; sie schlingerten zwischen nur zur Hälfte gehissten Segeln, Tauwerk und Fallen herab, bis sie tief unten auf Deck aufschlugen oder mit einem Klatschen im Wasser verschwanden. Da gab er auf und sah zu, dass er zurück zum Rigg kam.
Auf Deck herrschte ein immer größer werdendes Chaos. Kein Segel ließ sich noch setzen, die Fallen und Brassen waren zerschossen. Eine Gruppe zerrte am Kreuzsegel und hatte es beinahe schon
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